Umgesetzte Maßnahmen
Seit 2012 befindet sich das NGP Obere Ahr-Hocheifel in der Umsetzungsphase und hat bereits einige der Vorhaben aus der Planungsphase verwirklichen können. So konnten bereits über 750 Grundstücke für die Maßnahmenumsetzungen erworben werden.
An dieser Stelle möchten wir Ihnen an Hand ausgewählter Beispiele einen Eindruck über die bereits erfolgten Projektmaßnahmen vermitteln.
Dazu zählen z. B. Renaturierungen von alten Fischteichanlagen, Anlage von Amphibienlebensräumen, extensive Beweidungsprojekte auf ehemaligen Brachflächen, die Beseitigung von Wanderhindernissen für Bachlebewesen u.v.m.
Beseitigung von Wehranlagen und Bachverrohrungen
Auf über 50 Kilometern wurde bisher im Zuge des Projekts in den Zuflüssen der Ahr die aquatische Durchgängigkeit für wandernde Bachlebewesen wieder hergestellt.
Zum Beispiel wurden im Armuthsbach und im Unterlauf des Dreisbachs Stauwehre abgerissen und durch eine sogenannte Raue Rampe mit natürlichem Gefälle ersetzt.
Auch am Wirftbach wurden im Sommer 2014 zwei Stauwehre im Bereich von Fischzucht- und Angelsportanlagen in ähnlicher Weise wie im Armuthsbach und im Dreisbach naturnah umgestaltet. Außerdem wurde dort, im Bereich der Kottenborner Mühle, eine etwa 60 m lange Bachverrohrung auf einem privaten Gartengelände wieder geöffnet. Es wurde ein naturnahes Bachbett angelegt sowie eine verrohrte Wiesenzufahrt beseitigt. Eine Überquerung des Wirftbachs ist über Trittsteine möglich.
Eine Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit wurde auch am Dreisbach und am Eichenbach erreicht. Dazu wurden jeweils 4 Bachverrohrungen unter Querungen von Wirtschaftswegen durch einfache Brückenbauwerke bzw. Furten ersetzt.
Renaturierung von Teichanlagen
In vielen Teilen des Projektgebietes finden sich alte oder brachliegende Fischteichanlagen. Mit Hilfe der finanziellen Mittel durch chance.natur wurde es möglich diese Anlagen grundlegend zu verändern und die natürlichen Funktionen des Gebietes wieder herzustellen.
So wurde am Armuthsbach in der Gemarkung Wershofen im Sommer 2013 eine große ehemalige Fischzucht- und Angelteichanlage naturnah umgestaltet und als Lebensraum für Amphibien und Wasserinsekten sowie als Nahrungshabitat für den in der Nähe brütenden Schwarzstorch entwickelt.
Auch am Eichenbach und am Dreisbach wurden im Jahr 2020 jeweils eine ehemalige Teichanlage naturnah umgestaltet.
Ehemalige Fichzuchtteiche am Dreisbach vor Umbau Teiche am Dreisbach kurz nach Ende der Bauphase (März 2021) Teiche im Dreisbachtal (Mai 2021) Dorfteich in Eichenbach vor der Umgestaltung Dorfteich in Eichenbach während der Bauphase Dorfteich Eichenbach kurz nach Fertigstellung (März 2021) Dorfteich Eichenbach (Mai 2021)
Entnahme von Fichtenriegeln in der Bachaue
Die Umwandlung von Fichtenriegeln in standorttypische Laubwaldgesellschaften oder in Extensivgrünland führt naturschutzfachlich zu einer erheblichen Aufwertung der Auenlandschaft.
Am Trierbach in der Gemarkung Pomster konnte im Bereich der ehemaligen Mandelsmühle, von deren Existenz heute nur noch einige Geländestrukturen zeugen, auf einer etwa 2 Hektar großen Fläche die Fichtenmonokultur gerodet und somit das Tal wieder geöffnet werden. Hier schlossen sich ersteinrichtende Maßnahmen für eine künftige Weidenutzung an.
Renaturierung der Trierbachmündung in Müsch
2018 wurde der Trierbach von seinen künstlichen Sohl- und Uferbefestigungen befreit und natürlicher Entwicklungsraum zurückzugeben. Die Ortsgemeinde Müsch stellte für die naturnahe Umgestaltung des Mündungsbereichs gemeindeeigene Grundstücke zur Verfügung.
Vor der Maßnahme war der Bach in seinem Lauf künstlich eingeengt, begradigt und befestigt. Dies führte zu einer Verarmung der Struktur- und Artenvielfalt. Durch dieses künstliche Korsett floss das Wasser weitgehend ungehindert abwärts und staute sich bei Hochwasser an Engpässen.
Auch deshalb kam es bei dem extremen Starkregenereignis in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2016 zu massiven Überschwemmungen in Müsch, bei dem große Teile des Dorfes unter Wasser standen. Dieses Ereignis wurde zum Anlass genommen um Maßnahmen zu ergreifen, die dem Bach wieder mehr Raum für eine Entwicklung natürlicher Strukturen einräumen –
gut für die Natur und gut für den Hochwasserschutz!
Anstelle eines streng vorgegebenen Gewässerbetts hat der Trierbach durch die Aufweitung auf seinen letzten rund 200 m wieder genügend Raum erhalten, um eigendynamisch Laufverlagerungen, Kiesbänke und andere natürliche Gewässerstrukturen auszubilden. Die Aufweitung des Gerinnes ermöglicht ebenfalls dem Gewässer sich bei Hochwasser in die Breite auszudehnen. Somit wird die Gefahr eines schadenbringenden Wasserrückstaus reduziert.
Auch die ökologische Durchgängigkeit wurde verbessert. Das einzige bedeutende Wanderhindernis des Trierbachs war eine Betonfurt oberhalb der Ortslage Müsch. Unterhalb der Furt hatte sich ein etwa 80 bis 100 cm hoher Absatz, eine Art Wasserfall gebildet, der für bachaufwärts wandernde Fische und viele andere Arten von Bachlebewesen unüberwindbar war. Damit der Trierbach wieder ungehindert fließen kann und für Bachlebewesen wieder passierbar ist, wurde der vorhandene Betonbau durch eine neue Furt in naturnaher Bauweise ersetzt. Die Bachquerung bleibt weiterhin auch für LKW (Holzabfuhr) und landwirtschaftliche Fahrzeuge befahrbar.
Naturnahe Gestaltung der Ahr in Antweiler
Von September 2020 bis November 2020 wurde ein ca. 500 m langer Abschnitt der Ahr in Antweiler naturnah umgestaltet. Der künstlich eingeengten Ahr wurde durch die großflächige Abflachung der Ufer und der Anlage eines zusätzlichen Gewässerarms mehr Entwicklungsraum zurückgegeben. Dies fördert eine gewässertypische Arten- und Strukturvielfalt und leistet einen wichtigen Beitrag zum örtlichen Hochwasserschutz.
Dadurch hat sich gezeigt, dass eine naturnahe Gestaltung von Fließgewässern auch innerhalb von Siedlungsbereichen möglich ist, wenn die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer dies zulassen.
Zusätzlich wurde eine Verbesserung der Gewässerstrukturen der Ahr oberhalb von Fuchshofen durch das Einsetzen von Störsteinen erreicht. Störsteine und andere Strömungslenker dienen als Anstoß für eigendynamische Entwicklungsprozesse im Flusslauf.
Wiederherstellung und Extensivierung von Grünlandflächen
Durch verschiedene ersteinrichtende Maßnahmen, wie z.B. Entbuschung, konnten brachliegende Offenlandbiotope wiederhergestellt werden und in eine extensive Nutzung überführt werden.
Über 50 Hektar Grünland wurden bisher an Landwirte verpachtet, die sich zur extensiven Nutzung verpflichtet haben. Das heißt, sie düngen die Flächen nicht, mähen nur ein- bis zweimal im Jahr oder beweiden mit einer geringen Viehdichte ohne Zufütterung. Durch das Einhalten von 5 bis 10 Meter breiten Gewässerrandstreifen werden zusätzlich die sensiblen Uferzonen geschützt.
Anlage einer Streuobstwiese am Adorferhof
Mit Projektmitteln wurde eine Fläche am Frauenbach kurz vor der Einmündung des Gilgenbachs erworben. Sie liegt am Weiler Adorferhof, gleich hinter der Ortschaft Leimbach.
Die dort vorhandenen Fichtenmonokultur wurde gerodet, sodass eine freie Wiesenfläche im Tal entstand. Das Teilziel der Maßnahmenplanungen, auf ausgewählten Standorten, möglichst auf Flächen ehemaliger Streuobstwiesen, Obstbäume anzupflanzen konnte hier verwirklicht werden. Durch die Kombination von Bäumen und Grünland stellen Streuobstwiesen für viele Tierarten einen wertvollen Lebensraum dar, insbesondere für Höhlenbrüter und Fledermäuse.
Streuobstverein Eifel/Ahr e.V. während der Anpflanzung im Herbst 2019 Die Obstbäume wurden stabilisiert und vor Verbiss geschützt
Die Wiese wurde dem Streuobstverein Eifel/Ahr e.V. in einem langfristigen kostenfreien Pachtvertrag zur Nutzung übergeben. Die Auswahl der Obstsorten erfolgte nach der Sortenliste von Rheinland-Pfalz und es wurden nur regionaltypische Sorten verwendet. Dabei wird etwa ein Obstbaum auf 100 m² gepflanzt. Während einer 2-jährigen Entwicklungspflege werden die Gehölze fachgerecht geschnitten, hohes Gras im Unterwuchs gemäht und die Baumpfähle sowie der Verbissschutz regelmäßig kontrolliert. Jeder Baum hat einen Baumpaten, auch außerhalb der Mitgliedschaft im Streuobstverein, so dass die Betreuung dieser Streuobstwiese auf eine breite regionale Basis verteilt ist.
Schulprojekt „Honerather Bach“ – Bachpatenschaft
Ein Baustein zur Akzeptanzförderung und regionalen Verankerung des NGP OAH ist das 2016 gestartete Schulprojekt „Honerather Bach“. Die Schülerinnen und Schüler vom Erich-Klausener-Gymnasium und von der Hocheifel Realschule Plus & Fachoberschule lernen dabei den Lebensraum Bach kennen und setzen selbst Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Baches um. Beide Schulen sind offiziell eine gemeinsame Bachpatenschaft für den Honerather Bach eingegangen und setzen diese mit großem Eifer um.
Auf der Schulfläche fanden seitens des Projekts biotoplenkende Maßnahmen sowohl am Gewässer als auch im Wald und im Grünland statt. Anhand dieser drei Hauptlebensräume lassen sich hier ideal die Zielsetzungen des Naturschutzgroßprojekts exemplarisch erfahren.
Ende 2012 wurde eine 3.980 m² große Fichtenaufforstung mit Projektmitteln erworben und gerodet. Die Fläche wird ungefähr mittig vom Honerather Bach durchquert, der auf dieser Strecke begradigt und mit Wasserbausteinen befestigt war – nicht gerade natürliche Verhältnisse für ein Gewässer!
Zwei Rohrdurchlässe wurden beseitigt. Die Baumstubben auf der Fläche wurden maschinell entfernt. Entlang des Bachs wurde beidseitig ein Randstreifen inkl. Stubben von etwa 5 bis 10 Metern belassen, um eine naturnahe Entwicklung zu ermöglichen.
Die Umwandlung eines nicht standortgerechten Fichtenforstes in artenreiches Grünland ist eines der zahlreichen Projektziele.
Das Schulprojekt ist vor allem durch das große Engagement der beiden Koordinatoren Herrn Sander und Herrn van Ooyen vom BUND sowie des Lehrpersonals der beteiligten Schulklassen möglich geworden. Regelmäßig finden Aktionstage im „blauen Klassenzimmer“ statt.