Dienstag, 28. März 2023
Hochwasserpartnerschaft Ahr betrachtet Bauleitplanung im Hinblick auf Starkregengefährdung
Auch das Hochwasserinformationspaket steht im Fokus
In der 14. Sitzung der Hochwasserpartnerschaft Ahr standen fachliche Aspekte der Bauleitplanung unter Berücksichtigung von Starkregengefahren und Hochwasservorsorge im Fokus. Zwei Vorträge sensibilisierten etwa 40 kommunale Teilnehmende aus dem Ahreinzugsgebiet im Bürgerhaus Heppingen für dieses Thema. „Dieser Workshop ist als fachliche Hilfestellung für die kommunale Bauleitplanung zu betrachten“, erläuterte Anja Toenneßen, Fachbereichsleiterin Aufbau und Nachhaltigkeit bei der Kreisverwaltung Ahrweiler. „Denn Bauleitplanung ist als Instrument baulicher Entwicklung vor Ort ein weiterer Baustein der Hochwasservorsorge, der in den Händen der Städte und Gemeinden liegt.“
Eva-Maria Finsterbusch und Dr. Clemens Jacobs vom Landesamt für Umwelt (LfU) informierten über methodisches Hochwassermanagement unter Berücksichtigung von Starkregengefährdungskarten und des Hochwasserinformationspaketes. Seit 2007 basiert dieses Paket auf landesweiten Flächenauswertungen und Analysen und dient zur Identifikation sensibler Flächen mit schneller Wasserabführung und Wasserrückhaltemöglichkeiten. Entsprechende Starkregengefährdungskarten sind in den Jahren 2017 bis 2020 durch verschiedene Büros für alle Verbandsgemeinden, verbandsfreien Gemeinden und Städte erstellt worden. „Das Informationspaket zum Wasserrückhalt ist relevant für Genehmigungsverfahren, die Bauleitplanung, den Straßen- und Wegebau, die örtlichen Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzepte sowie die Gewässerentwicklungs- und Pflegepläne“, erläuterte LfU-Expertin Finsterbusch.
Ein Hochwasserinformationspaket besteht aus fünf Karten, die individuell auf jede Gemeinde zugeschnitten sind, und einem Bericht über daraus resultierende Maßnahmen für die jeweilige Kommune. Berücksichtigt und farblich gewichtet sind in den Visualisierungen mögliche Ausprägungen der Gewässerstruktur (Karte 1), der Maßnahmenplanung am Gewässer (Karte 2), der potenziellen Abflussbildung (Karte 3) und der Maßnahmenvorschläge in der Fläche (Karte 4). Alle gezeigten Maßnahmen dienen dazu, Niederschlagswasser und damit Hochwasser im Einzugsgebiet zurückzuhalten und gleichermaßen den Boden-Wasserhaushalt zu stabilisieren, was in Zeiten der Dürre immer wichtiger wird. Die Starkregengefährdungskarte (Karte 5) liefert wichtige Hinweise auf mögliche Entstehungsgebiete und Wirkungsbereiche bei einem Starkregenereignis und lässt Rückschlüsse auf eine mögliche Abflusskonzentration oder überflutungsgefährdete Bereiche entlang sogenannter Tiefenlinien zu.
Die Karten werden seit Anfang März 2021 unter anderem im öffentlichen Auskunftssystem im Wasserportal RLP sowie für die Kommunen auch auf der Internetseite der „Aktion Blau Plus“, eines Aktionsprogrammes des Landes Rheinland-Pfalz, bereitgestellt. An einer Fortschreibung der Starkregengefährdungskarten wird derzeit gearbeitet, wie LfU-Experte Jacobs erläuterte, der zudem dem rheinland-pfälzischen Kompetenzzentrum Hochwasservorsorge und Hochwasserrisikomanagement (KHH) angehört.
Im Rahmen neuer 2D-hydrodynamischer Modellierungsverfahren werden dabei auch bestimmte Szenarien zur Höhe und Dauer des Niederschlags angesetzt oder vorhandene Gebäude und Durchlässe miteinbezogen. Dadurch werden Aussagen zu Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten möglich. Eine geplante Veröffentlichung ist noch ist noch im Jahr 2023 vorgesehen.
Michael Schäfer, Abteilungsleiter Strukturentwicklung der Kreisverwaltung Ahrweiler, unterstrich die Rolle der Bauleitplanung für das kommunale Hochwasserrisikomanagement. Mit Blick auf gesetzlich geregelte Spielräume und verbindliche Vorschriften im Baugesetzbuch stellte Schäfer eingehend die rechtlichen Rahmenbedingungen vor und erörterte mit den Teilnehmenden Anforderungen an Bebauungspläne und die Gestaltungsmöglichkeiten. Vor allem die vorausschauende Flächennutzungsplanung sei Schäfer zufolge „ein strategisches Werkzeug von grundlegender Bedeutung“, das die Gemeinden als Planungsträger und Schlüsselakteure möglichst effektiv nutzen sollten. „Die Orts- und Verbandsgemeinden, verbandsfreien Gemeinden sowie die Städte tragen die Verantwortung dafür, welchen Belangen im Rahmen der Abwägung der Vorrang gewährt wird – also wie wichtig der Schutz vor Starkregen und Hochwasser im jeweiligen Bauleitplan bewertet wird. Kommunen haben damit ein zentrales Instrument zur Begrenzung möglicher Schäden zur Hand“, bilanzierte Schäfer, der den interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern gemeinsam mit den weiteren Referierenden im Anschluss an die Vorträge bei einer angeregten Diskussionen noch Rede und Antwort stand.
Interessantes zur Hochwasserpartnerschaft Ahr
Zum Hintergrund:
Die Hochwasserpartnerschaft Ahr ist ein freiwilliger Zusammenschluss des Kreises Ahrweiler, der Städte Bad Neuenahr-Ahrweiler, Remagen und Sinzig, der Verbandsgemeinden Adenau, Altenahr, Bad Breisig und Brohltal, der Gemeinde Grafschaft sowie der Ortsgemeinden, die gemeinsam die Hochwasservorsorge voranbringen möchten. Dabei betrachtet sie den gesamten Landkreis, neben der Ahr auch deren Zu- und Nebenflüsse sowie weitere Gewässer. Darüber hinaus findet ein Austausch mit den Nachbarkommunen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen statt.
Ansprechpartner für Fragen zur Hochwasserpartnerschaft Ahr, die seit 2014 aktiv ist, ist die Kreisverwaltung Ahrweiler. Weitere Informationen sind auf der Internetseite der Kreisverwaltung abrufbar unter https://kreis-ahrweiler.de/landkreis/fluthilfen-wiederaufbau/hochwasserpartnerschaft-ahr/.