Zur Geschichte der Wasserversorgung von Burgbrohl

Kurt Degen

Eine ausreichende Wasserversorgung ist heute in allen Dörfern und Städten im Kreis Ahr­weiler selbstverständlich. Wie die Geschichte der schwierigen Versorgung von Burgbrohl mit Trinkwasser aber zeigt, war das nicht immer so.

Durch besondere geologische Verhältnisse war Süßwasser in Burgbrohl seit alters her knapp. Zahlreiche kohlensäure- und eisenhydroxidhaltige Quellen lieferten zwar erfrischen­des „Sprudelwasser", jedoch eignete sich dieses nicht zu Koch- und Waschzwecken. Bei der geringen Einwohnerzahl des Ortes, die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts bei etwa 250 lag, war dies aber noch kein besonderes Problem, zumal man sich durch das Auf­fangen von Regenwasser behalf. Dramatisch wurde die Wasserversorgung erst, als die Be­völkerung von Burgbrohl in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch Industriegründungen und den Sitz der Amtsverwaltung sprunghaft anwuchs. Bis 1900 hatte sie sich vervierfacht. Gleichzeitig hatten die zeitweise an acht Stellen durchgeführten Bohrungen und die nachfolgende Entnahme von Kohlensäure eine Absenkung des Grundwasserspiegels sowie einen starken Rückgang der wenigen Süßwasserquellen zur Folge. Bis zum 19. Jahrhundert standen in Burgbrohl folgende Süßwasserquellen zur Verfügung:

  1. Die starke Quelle im Quäkebuhr zwischen Haus Nr. 13 und Nr. 23 der Kirchstraße, östlich des Süßwasserkalkfelsens;

  2. die Quelle in der Gemarkung „Am Sührchen" im Gleestal am nördlichen Abhang des Kunkskopfes gelegen;

  3. eine Quelle am Kahlenberg in der Gemarkung „Im Mühlenweg", oberhalb der Häuser Michels/Chudomel;

  4. ein Vorkommen unterhalb des Hauses Lichter in der Gemarkung „Im Rott";

  5. eine relativ kleine Quelle in der Schierbergsmühle;

  6. einige heute nicht mehr zu lokalisierende Hausbrunnen.

1. Der Quäkebuhr

Die Bezeichnung Quäkebuhr wird in dem Verzeichnis der rheinischen Flurnamen von Dittmayer auf das Wort Queckbuhr zurückgeführt. Damit wird wohl eine besonders lebendige und sprudelnde Quelle charakterisiert. Diese starke Quelle hatte ihren Ursprung in der etwa 1000 m südlich gelegenen Senke des Kunksbodens. Dessen natürlicher Auslauf war nach der Bildung des Kunkskopfes nur nach Norden möglich. Nach Unterquerung des Basaltvorkommens im Wenzelbusch gelangte der Wasserstrom östlich des Süßwasserkalkfelsens zum Brohlbach. Das dort austretende Wasser des Quäkebuhrs war für die damaligen Bewohner trotz der relativ ungünstigen Lage die wichtigste Trinkwasserquelle im Ort. Im Jahre 1830 wurde bei dieser Wasserquelle eine tägliche Wassermenge von 900 Ohm festgestellt (etwa 135 Kubikmeter).

Zur gleichen Zeit war auf dem nördlichen Brohl­bachufer die erste Bleiweißfabrik erbaut worden. Bei der Bleiweißherstellung wird viel Süßwasser benötigt. In Verträgen zwischen der Gemeinde Burgbrohl und der Gesellschaft Prof. Gustav Bischof und Rhodius wurde in den Jahren 1832 bis 1864 geregelt, dass die Gemeinde den Unternehmern die Hälfte der anfallenden Wassermenge gegen eine jährliche Gebühr von 4 Talern zur Verfügung stellte. Sogar nach dem Neubau der Fa. Gebr. Rhodius an der Fellbuhrquelle wurde 1862 durch eine etwa 750 m lange Leitung vom Quäkebuhr dem Werk das Wasser zugeführt. Hierfür erhielt die Gemeinde 15 Taler pro Jahr.

Als der Wasserbedarf durch die Zunahme der Bevölkerung und erhöhte Industrieproduktion weiter anstieg, die Schüttung der Quelle aber abnahm, schlug die Fa. Gebr. Rhodius vor, ein Bassin zu errichten, um das in der Nacht ungenutzt abfließende Wasser aufzufangen. Nebenbei erhoffte man durch das Anlegen eines mit Platten belegten Vorplatzes eine bequemere Wasserentnahme zu erreichen.

Diese Maßnahme brachte zeitweise eine Erleichterung, konnte aber langfristig die Situation nicht entscheidend verbessern, da das schon erwähnte langsame Versiegen der Quelle eintrat. Es wurde wahrscheinlich durch die Fundamentarbeiten zur neuen Pfarrkirche verursacht. Der unterirdische Wasserfluss des Quäkebuhrs suchte sich teilweise einen neuen Weg: Er unterschritt den Vitumshofweg in Höhe der Häuser Nr. 19 und 41 und trat unterhalb des Hauses Lichter/Jagenburg in der Gemarkung „Im Rott" etwa 20 m vom Brohlbach entfernt mit einer Schüttung von etwa 50 Kubikmeter pro Tag an die Oberfläche.

2. Die Quelle „Am Sührchen" zur Versorgung der Burg

Neben den Brunnen im Quäkebuhr spielte schon früh die Wasserquelle in der Gemarkung „Am Sührchen" im Gleesbachtal eine wichtige Rolle. Die Quelle und die Gemarkung erhieltenden Namen nicht etwa weil das dort auftretende Wasser eine Art Sauerbrunnen war, son­dern weil es sich um ein Gebiet mit sauren Wiesen handelte.

Seit alter Zeit befand sich im Burgbereich ein Brunnen, aber immer waren die Bewohner ge­zwungen, Wasser vom Gleesbach in Fässern auf Ochsenwagen auf dem Weg mit dem be­zeichnenden Namen „Wasserschöpp" zur Burg zu transportieren. Vor allem diente dieses Wasser zur Viehversorgung.

Unbeschädigtes Tonrohr der alten Wasserleitung, gefunden bei Ausschachtungen in der Vulkanstraße

Man fasste daher den Plan, die am nördlichen Abhang des Kunkskopfes liegende Quelle durch eine etwa 850 m lange Zuleitung zu nutzen. Tonrohre, die im 20. Jahrhundert beim Ausbau der Vulkanstraße gefunden wurden, zeigen, dass eine Wasserleitung in direkter Li­nie von der Quelle in der Flur 5 in gerader Richtung zu der seit 1908 bestehenden Straßen­brücke der Landstraße 114 führte. Sie endete in einem eigens errichteten Gebäude am rechten Gleesbachufer in der später so genannten „Kehrigs Scheuer", heute Erlenstraße 10. Dort wurde das Wasser der Quelle, deren tägliche Schüttung bei 7000 Liter lag, in Fässer umgefüllt und mit Fuhrwerken zur Burg gebracht.

Die Wasserleitung aus handgeformten, 0,65 m langen Tonrohren, die gegeneinander mit Werg abgedichtet waren, lag je nach Gelände in einer Tiefe von 0,60 bis 1,20 m. Der freie Querschnitt der Rohre betrug 45 mm. Eine Unterquerung des Baches und die Fortführung der Leitung bis hinauf zur Burg scheint in damaliger Zeit in unserer Gegend zu kompliziert gewesen sein.

Die Versorgung der Burg mit Wasser aus der Quelle „Am Sührchen" endete wahrscheinlich beim Bau der zentralen Wasserleitung des Ortes im Jahre 1889.

Der Erbauer der Ortswasserleitung, Wilhelm Bell, der inzwischen der Besitzer der Quelle „Am Sührchen" war, versuchte das Wasser dieser Quelle für das notwendige Gesamtauf­kommen zu nutzen indem er zusätzliche Bohrungen und Schächte in deren Nähe nieder­brachte. Für das verfügbare Wasservolumen brachten diese Maßnahmen keine Verbesse­rung. In einem der Schächte wurden aber in 10-12 m Tiefe Blattabdrücke und Wirbeltier­reste gefunden. Grabungen an gleicher Stelle in den Jahren 1926 und 1999/2000 bestätigten und sicherten weitere Funde.

3. Quelle am Kahlenberg

Wilhelm Bell ließ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zentrum der von ihm betriebenen Basalt- und Bruchsteingruben oberhalb des Hauses Chudomel, Lindenstraße 2, ein Sammelbecken errichten, weil sich dort ein Wassersammelgebiet entwickelt hatte. Zeitweise wurden eine Reihe von Häusern in dessen Nähe mit Wasser aus dieser Quelle versorgt. Noch 1929 wird berichtet, dass Ferdinand Klein diese Quelle nutzte. Die täglich zur Verfügung stehende Wassermenge wird nach vorsichtigen Schätzungen etwa 5 Kubikmeter pro Tag betragen haben. Lange Zeit wurde überschüssiges Wasser an der Oberfläche des unterhalb liegenden
Weges (jetzige Lindenstraße) abgeführt.

4. Das Vorkommen in der Gemarkung „Im Rott"

Wie bereits in den Ausführungen zur Quelle Quäkebuhr geschildert, hatte sich der Wasserfluss durch eine Absenkung des Grundwasssers in die Gemarkung „Im Rott" verlagert. Dort befand sich ursprünglich ein Weiher, der von dem neuen Zulauf gespeist wurde. Nachdem er ausgetrocknet war, bestanden Zweifel, ob es sich bei der Mulde nicht doch um eine ehemalige Trass­grube gehandelt haben könnte. Kürzliche Grabungen haben aber ergeben, dass keine vulkanischen Materialien vorhanden sind, was die Annahme eines Weihers bestätigt. Da das Volumen dieser Quelle erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunahm und eine große Entfernung zum damaligen Wohngebiet bestand, hat diese Quelle wenig zur Versorgung des Ortes beigetragen können. Untersuchungen aus dem Jahre 1954 durch das Laboratorium Fresenius bestätigten bei einem HCO3 Gehalt von 293 mg/l die Eignung als Trinkwasser und die Zulassung zur Herstellung von alkoholfreien Erfrischungsgetränken.

5. Quelle in der Schierbergsmühle

Innerhalb der Gebäude der Schierbergsmühle (vormals Spitzleysmühle) im Gleestal liefert eine kleine Quelle geringe Mengen Trinkwasser.

Zum Bau der Wasserleitung 1889

Die abnehmende Schüttung der wenigen vorhandenen Quellen, ansteigende Einwohner­zahlen mit zunehmenden Ansprüchen an die Körperpflege verstärkten die Forderungen nach einer zentralen Wasserleitung.

Wie bei dem wenige Jahre späteren Bau des ersten Elektrizitätswerkes und einer Kanalisati­on im Brohltal fielen die Entscheidungen rasch. Für den Bau der Wasserleitung wählte man eine unkonventionelle Vorgehensweise. Die Gemeinde erlaubte dem Bauunternehmer Wilhelm Bell am 2.10.1889 auf eigene Kosten eine Wasserleitung zu bauen und sie nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu betreiben. Er durfte dabei Straßen und Wege der Gemeinde zur Verlegung der Leitungen benutzen. Vorbereitet wurde dadurch auch die Pflasterung der Hauptstraße.

Den Gesamtverbrauch an Wasser schätzte man dabei auf rund 66 Kubikmeter pro Tag. Für 1000 Einwohner veranschlagte man den Tagesverbrauch pro Person auf 50 Liter, 136 Stück Großvieh auf jeweils 50 Liter pro Tag, 68 Stück Kleinvieh auf jeweils 15 Liter. Für die Indu­s­triebetriebe errechnete man insgesamt 8 Kubikmeter pro Tag.

Vergleicht man damit den heutigen Verbrauch in Deutschland, so liegt dieser inzwischen bei 140 bis 150 Liter pro Tag und Person.

Von Anfang an war in Burgbrohl klar, dass die geforderte Leistung von den vorhandenen Brunnen nur knapp erreicht werden konnte, was sich dann auch später als zutreffend er­wies.

Für den Betrieb der Wasserleitung wurden zwei Hochbehälter gebaut. Der Hauptbehälter lag am Nordhang des Kunkskopfes und hatte ein Fassungsvermögen von 126 Kubikmeter, wäh­rend der zweite Behälter mit 97,5 Kubikmeter in der Gemarkung „In der Dreispitz" lag.

Wilhelm Bell musste das Projekt über einen Kredit finanzieren. Hierfür bürgte die Gemeinde, wofür Wilhelm Bell 49 Parzellen Grundeigentum als Pfand zur Verfügung stellen musste. Bei weiter steigendem Wasserbedarf geriet die Versorgung mehr und mehr in Schwierigkei­ten. In einem Schreiben an die Gemeinde Burgbrohl beschwerte sich Wilhelm Bell darüber, dass unkontrolliert luxuriöse Badeeinrichtungen in großer Zahl installiert würden. Dr. An­dreae führte ebenfalls in einem Schreiben an, dass plötzlich ein „ungeheures Reinlichkeits­bedürfnis" im Ort eingetreten sei.

Die Lage der Wasserversorgung konnte erst entscheidend verbessert werden, als es gelang, eine auf Wassenacher Gebiet in der Mauerlay liegende Quelle zu erwerben. Die Entschädi­gung an die Gemeinde Wassenach hierfür betrug 10000 Reichsmark. Diese Quelle lieferte eine konstante Menge von etwa 75 - 80 Kubikmeter pro Tag, wie 1901 und 1902 bei amtli­chen Messungen festgestellt wurde. Ein Zwischenbehälter mit etwa 20 Kubikmeter Fassungsvermögen wurde 1905 erstellt.

Während durch diese Maßnahme die Wasserversorgung des Ortes Burgbrohl insgesamt geregelt werden konnte, blieb die Versorgung der Burg aufgrund des geringen Höhenunterschieds zwischen Burgplateau und Hochbehälter weiterhin unbefriedigend.

Auch in jüngerer Zeit ist die Wasserversorgung von Burgbrohl nie problemlos gewesen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es, durch den Anschluss an die Gleeser Quellen und den Bau eines Hochbehälters auf dem Schafstall eine gute Versorgung des gesamten Ortes zu sichern.

Anmerkung:

Bei der Darstellung handelt es sich um die Kurzfassung einer ausführlicheren Untersuchung des Autors zur Wasserversorgung von Burgbrohl.