Zur früheren Wasserversorgung auf der Burg Landskron
Dr. Paul Krahforst
Bei der heutigen Lebensqualität ist es selbstverständlich, dass Wasser aus einem Wasserhahn fließt. Obwohl ein solcher Komfort in den mittelalterlichen Höhenburgen nicht vorhanden war, ist es doch erstaunlich, wie die Probleme der Versorgung mit dem lebensnotwendigen Wasser damals bereits gemeistert wurden.
Auf der Reichsburg Landskron war die Beschaffung von Wasser naturgemäß mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil die Burg auf einem 272 Meter hohen, steil aufragenden Basaltkegel ab 1206 erbaut worden war. Bei einer solchen Bergeshöhe konnte man im Burgbereich nicht auf direktem Wege an reines Quellwasser gelangen. Es gibt zwar viele Beispiele dafür, dass auch auf Höhenburgen ein Brunnenschacht durch Felsgestein bis in die Talsohle zu einer Quelle ausgehauen wurde.1) So ist in der berühmten Festung Königstein im Elbsandsteingebirge der sächsischen Schweiz in den Jahren 1557-1597 ein zu einer Quelle führender Schacht bis zu einer Tiefe von 150 Metern errichtet worden. Es ist jedoch kein Fall bekannt, dass ein Brunnenschacht von einer Bergeshöhe eine Tiefe von 200 Meter erreicht hat. Auch ist hierbei zu bedenken, dass Schachtarbeiten im Felsgestein im früheren Baubeginn der Burg Landskron ab 1206 noch schwieriger waren.
Nicht fernliegend erscheint der Gedanke, dass die Trinkwasserversorgung aus der direkt am Fuße der Landskrone gelegenen Heppinger Mineralwasserquelle erfolgte. Dieses Wasser von hoher Qualität2) hätte in Fässern mit von Pferden oder Ochsen gezogenen Karren oder mit Hilfe von Tragtieren, etwa Eseln, über den ausgebauten Burgweg nach oben transportiert werden können. In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass in dem heute prächtig renovierten Heppinger Brunnenhaus ein aufwärts ansteigender unterirdischer Gang seinen Anfang nimmt, der jedoch inzwischen nach einiger Wegstrecke zugeschüttet worden ist.
Es liegen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass etwa in der oberen Bergeshöhe hydrologische, mit einer Wünschelrute feststellbare Wasseradern vorhanden sind, die über einen kurzen Brunnenschacht hätten angezapft werden können.
Es fragt sich darum, wie die lebensnotwendige Wasserversorgung auf der Burg sichergestellt werden konnte. Aufschluss hierüber geben zwei Zisternen, in den einschlägigen Urkunden „Pisternen" genannt, von denen sich die eine auf der sogenannten Niederburg3) und die andere neben der westlich unterhalb der Burg schon früh errichteten Fünfjungfrauenkapelle („Kluse'”) befand. Die weißgetünchte Kapelle auf der oberen Bergeshöhe ist heute ein Blickfang, wenn man sich der Landskron aus Richtung Ahrweiler nähert.
Die jetzt nicht mehr sichtbaren Zisternen waren große, im Erdreich gemauerte, abgedichtete Behälter zur Sammlung und Aufbewahrung von Regenwasser. Nach dem 1682 erfolgten Abbruch der Burg wurde ein Besichtigungsprotokoll angefertigt. In diesem Protokoll heißt es u.a. „Daß von dem Rand allein ein altes Mauerwerk über dem Brunnen befunden, so in seiner runden 80 Fuß und sonst in seinem Begriff hat 80 Ruthen"4).
Das von den Dächern abgeleitete Wasser war noch nicht durch Umweltverschmutzung belastet. Beide Zisternen der Landskron wurden von dem auf die Dächer der umstehenden Gebäude niedergehenden Regen gespeist. Dazu müssen wir uns vergegenwärtigen, dass im Bereich der durch hohes Mauerwerk umschlossenen Burganlage eine Vielzahl von mit Dächern versehenen Gebäuden vorhanden war. Nähere Kenntnis über diese Gebäude vermitteln die beiden Testamente Gerhard IV vom 8.3.1366 und vom 22.7.13665). Bei der in den Testamenten subtil vorgenommenen Teilungsanordnung bezüglich der Erbstämme Tomberg, Einenberg und Schönburg werden innerhalb der Burgmauer u.a. folgende Gebäude genannt: Der große Palas mit Rittersaal und Schlafgemach des Burggrafen und den Kemenaten für die Mägde, mehrere Hofstätten, die Häuser der Herren Haust von Ulmen und des Gerhard von Einenberg, das Mühlhaus, zwei Backhäuser, das Waffenhaus, das Kelterhaus, das Essighaus und die Stallungen bis an den Maulbeerbaum.
Wie etwa auf der Dillenburg6) liegt auch bei den Gebäuden der Landskron die Annahme nahe, dass von den zahlreichen Dächern das Regenwasser von bleiernen Dachrinnen aufgefangen und über unterirdische Rohre den Zisternen zugeführt wurde. Die neben der unteren Kapelle („Kluse") befindliche Zisterne erhielt das Regenwasser von den Dächern derjenigen Gebäude, die oberhalb dieser Kapelle im Hang angebaut worden waren.
Mag auch das Trinkwasser von der Heppinger Quelle nach oben gebracht worden sein, so war das Zisternenwasser bei dem großen Bestand an Personen und an Vieh von entscheidender Bedeutung. Es konnte unter anderem nach vorherigem Abkochen Verwendung zum Kochen von Speisen, zur Bereitung von Getränken (etwa Tee), zum Waschen und Baden, der Bereitung der Wäsche, zum Gießen der Pflanzen bei längerer Trockenheit, insbesondere im Kräuter- und Gemüsegarten, finden. Bei Verwendung dieses Wassers zum Tränken der Tiere sei erwähnt, dass auf der Burg zahlreiche Pferde, Kühe, Schweine und Geflügel gehalten wurden. Dabei hatte die Aufbewahrung des Wassers in den Zis-ternen den großen Vorteil, dass laufend Nachschub durch immer wieder neue Regenfälle erfolgte. Die laufende Bevorratung war im Falle der Belagerung der Burg von entscheidender Bedeutung.
Ansicht der Landkrone in den 1920er Jahren
Rätsel gibt auf, dass neben den beiden Zisternen ein in der Niederburg gelegener Brunnen („Pütz"7)) genannt wird. Einerseits könnte es sich hierbei um eine Falschbezeichnung für die Zisterne handeln. Sollte es sich hierbei jedoch um eine zusätzliche Wasserstelle gehandelt haben, wäre denkbar, dass diese ebenfalls mit Regenwasser von den Dächern versorgt worden wäre. Aus diesem Brunnen, der eventuell flach angelegt war, worauf die Formulierung „Pütz" (vgl. Pfütze) hindeuten könnte, hätte im Alltag die Entnahme des Wassers leichter erfolgen können. Das gilt insbesondere beim Tränken der Tiere.
Abschließend darf vermerkt werden, dass der lange Bestand der Burg Landskron über die Zeit von nahezu 470 Jahren den Schluss zulässt, dass während dieses Zeitraumes die Wasserversorgung der Burganlage gewährleistet war. Wie aus dem Vorhandensein eines Kelterhauses zu ersehen ist, war Wasser nicht die einzige Flüssigkeit auf der Burg. Mit Hilfe der Erzeugnisse aus dem Kelterhaus konnten im Festsaal des Palas fröhliche Feste mit gutem Ahrwein gefeiert werden.
Anmerkungen: