Professor Stefan Leuer (1913-1979) 

Ein Architekt und Kirchenbauer aus dem Ahrtal

Helmut Poppelreuter

Zum Lebenslauf von Stefan Leuer

Stefan Leuer wurde am 13. Mai 1913 in Bad Neuenahr geboren. Er besuchte dort die Volksschule und anschließend das Realgymnasium in Ahrweiler, wo er 1933 das Abitur bestand. Eine praktische Tätigkeit in einer Bauunternehmung und Schreinerei ging dem Hochschulstudium voraus. Von 1933 bis 1937 studierte Leuer an der Technischen Hochschule Aachen Architektur und legte dort im Dezember 1937 die Diplom-Hauptprüfung mit dem Prädikat „Sehr gut” ab

Professor Stefan Leuer (1913-1979)

Nach dem Studium arbeitete er von 1938 bis 1945 bei den Reichsautobahnen. Von 1946 bis 1954 war Dipl. Ing. Leuer als wissenschaftlicher Assistent an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen beim Lehrstuhl für Werklehre und Wohnbau (Prof. Dr.-Ing. Hans Schwippert) tätig. 1954 erfolgte die Berufung an die Kölner Werkschulen zum Leiter der Werkgruppe Architektur bis zum Jahre 1971. Am 1.8.1971 wurde Leuer an der Fachhochschule Köln zum Professor ernannt. Bis zur Versetzung in den Ruhestand im Jahre 1978 war er Fachhochschullehrer im Fachbereich Architektur, Entwerfen, insbesondere Sakralbau. Neben seiner Lehrtätigkeit an den Hochschulen schuf Prof. Leuer im rheinischen Raum viele bedeutende Sakral- und Profanbauten. Er starb am 21. Februar 1979 in Köln.

Zum baukünstlerischen Werk

Nachfolgend sollen aus dem umfangreichen Lebenswerk von Stefan Leuer nur einige Werke aufgeführt werden. So errichtete er in den Jahren 1954-1969 im Erzbistum Köln acht, im Bistum Aachen fünf und im Bistum Trier eine Kirche. Bei diesen entwarf er auch die Nachfolgebauten: Kindergärten, Dienstwohnungen, Jugend- und Pfarrheime sowie Altentagesstätten. Ausserdem wurden in den Jahren 1949-1977 u.a. noch folgende Bauten ausgeführt: Bundeshaus-Neubauten und Wiederherstellung des Palais Schaumburg als Chefmitarbeiter von Prof. H. Schwippert, Verwaltungsgebäude der Provinzialversicherung in Düsseldorf in Arbeitsgemeinschaft mit H. Schwippert, W. Riphahn u. E. Blanck; Präsidium des Deutschen Roten Kreuzes in Bonn zusammen mit H. Schwippert; mehrere Wohn- und Geschäftshäuser; Renovierung der Abteikirche Maria Laach und des Seehotels, der Klosterkirche Knechtsteden und einiger Pfarrkirchen; Wiederaufbau und Erweiterung der Kölner Werkschulen; Werkstätten für Behinderte in Köln-Pesch und Bergisch-Gladbach. Im Kreis Ahrweiler, dem sich Leuer zeitlebens besonders verbunden fühlte, schuf er u.a. das Pfarrzentrum St. Pius in Bad Neuenahr-Ahrweiler und die Aussichtstürme auf dem Krausberg bei Dernau und auf dem Berg Neuenahr.

Diese Bauwerke werden nachfolgend näher beschrieben.

Der Aussichtsturm auf dem Krausberg/Dernau, 1998.

Der „Lange Köbes“ in Bad Neuenahr, 1998.

Der Aussichtsturm auf dem Krausberg bei Dernau

Der heutige Turm auf dem Krausberg bei Dernau hatte schon einen Vorgänger, den die Ortsgruppe Dernau des Eifelvereins im Jahre 1927 erbaute. Er wurde aber leider gegen Ende des Zweiten Weltkrieges als strategisch wichtiger Punkt gesprengt.

Der neue Turm wurde an gleicher Stelle auf dem 362 m ü.N.N. hohen Krausberg errichtet. Mit dem Wiederaufbau hatte man schon im Jahre 1951 nach den Plänen des Architekten Stefan Leuer begonnen. In Eigenarbeit der Eifelvereinsmitglieder der Ortsgruppe Dernau schaffte man aber lediglich eine Höhe bis 6 Meter. Kraft und Geld reichten für den Weiterbau nicht aus und so blieb der Turm lange unvollendet. Nach vielen Überlegungen zur Fortführung und der Erschließung von Geldquellen stand im Januar 1966 fest, dass der Turm fertiggestellt werden konnte. Mit der Ausführung wurde die Bauunternehmung Konrad Poppelreuter aus Ahrweiler beauftragt. Am 30. April 1967 konnte die Einweihung des insgesamt ca. 14,5 m hohen Turmes erfolgen. Der achteckige Turm ist auf Felsen gegründet und aus verfugtem Bruchsteinmauerwerk errichtet. Zur betonierten Aussichtsplattform führt eine 71stufige Wendeltreppe aus Betonstufen mit Podesten um einen gemauerten Kern. Der Treppenaufgang wird durch offene Bogenfenster belichtet. Die Plattformbrüstung hat eine Basaltplattenabdeckung. Von hier oben wird man mit einem herrlichen Blick in das Ahrtal, die Eifel, auf die Grafschaft und das Siebengebirge für den Aufstieg belohnt.

Der Aussichtsturm auf dem Neuenahrer Berg

Der Turm auf dem Berg Neuenahr hatte ebenso wie der Krausbergturm einen Vorgängerbau. Die „Cur- und Fremdenliste des Bades Neuenahr” berichtet unter dem 22. Juni 1872, dass mit Hilfe des 1868 gegründeten „Verschönerungsverein für Bad Neuenahr und Umgebung” es möglich wurde, die Grundmauern der 1383 zerstörten Burg Neuenahr größtenteils wieder ans Tageslicht zu fördern. Mit dem Baumaterial wurde auf der Bergspitze schon damals ein Aussichts-turm errichtet, von dem aus man eine gute Fernsicht hatte, u.a. konnte man sogar die Umrisse des Kölner Doms sehen. Viele Jahre war der Turm ein beliebtes Ausflugsziel für Kurgäste und Wanderer. Wegen Baufälligkeit mußte er aber 1958 gesprengt werden. Der neue Turm wurde auf dem gleichen Plateau in einer Höhe von 341 m ü.N.N. errichtet. Bauherr war die Ortsgruppe Bad Neuenahr des Eifelvereins unter ihrem Vorsitzenden Jakob Steinborn.

Mit dem Projekt befasste sich ein 1971 gewählter „Turmbauausschuß”, so dass alles zügig voran ging. Nachdem die Finanzierung gesichert war, wurden Prof. Stefan Leuer mit der Planung und Klaus Peschuel-Loeschke mit der Statik des Turmes beauftragt. Beide verzichteten auf ein Honorar. Den Auftrag zur Ausführung des Baus erhielt im Juli 1972 die Firma Karl Steinborn in Bad Neuenahr.

Bereits am 17. November 1972 fand das Richtfest statt. Die Einweihung und Übergabe des Turmes an die Öffentlichkeit konnte mit einem großen Bergfest vom 28. April bis 1. Mai 1973 gefeiert werden.

Im Volksmund bürgerte sich für den Turm sehr schnell auch der Name „Lange Köbes” ein.

Der insgesamt ca. 15 m hohe Turm mit einem Durchmesser von ca. 5 m erhielt seine Außenstruktur durch eine rauhe Sichtbetonschalung. Er ist in einer Tiefe von ca. 3,10 m unter dem Erdreich auf einer Felsschicht gegründet. Die Konstruktion ist aus Stahlbeton. Jeweils 19 Stufen einer Spindeltreppe aus Stahlbetonfertigteilen und einem Eisengeländer führen auf drei Rundpodestplatten. Die dritte Rundpotestplatte hat ringsum nur eine Sichtbetonbrüstung. Hier ist der Turm als offene Aussichtskanzel ausgeführt. Von hierab tragen sechs Stahlbetonsäulen die oberste Aussichtsplattform mit Sichtbetonbrüstung. Zu ihr führen die letzten 13 Stufen der insgesamt 70stufigen Turmtreppe. Zur Belichtung des Treppenaufganges sind in jedem Podestbereich drei offene Fenster angeordnet. Der Turmeingang wurde mit einem Gewände aus dunklem Blaubasalt eingefaßt. Auf der Stirnfläche ist das Emblem des Eifelvereins ausgehauen mit der Jahreszahl 1972 und in vertiefter Schrift steht: „Der Eifelverein Bad Neuenahr den Bürgern - Gästen u. Wanderern.”
Inzwischen ist der Baumbestand um den Turm herum fast so hoch wie der Turm selbst. Auch von diesem Turm bietet sich dem Besucher ein weiter Blick über die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, in das Ahrtal, auf die Grafschaft, die Eifel und auf das Siebengebirge. 1999 wurde der „lange Köbes” von der Ortsgruppe Bad Neuenahr des Eifelvereins restauriert.

Das Pfarrzentrum St. Pius in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Für die im Juli 1963 errichtete Kirchengemeinde St. Pius, zu der vor allem der Stadtteil Bachem gehört, erfolgte im April 1966 die Ausschreibung zum Bau eines Pfarrzentrums. Architekt Stefan Leuer erhielt den Auftrag zur weiteren Planung. Im Mai 1968 konnte der erste Spatenstich erfolgen. Die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten, welche die Firma Karl Steinborn aus Bad Neuenahr übernommen hatte, gingen zügig voran, so dass bereits im Juli 1968 der Grundstein in das aufgehende Mauerwerk eingefügt werden konnte. Nach einer Bauzeit von knapp einem Jahr erfolgte im März 1969 die feierliche Einweihung der Kirche.

Das Pfarrzentrum St. Pius liegt auf einem zusammenhängenden Grundstück an der Schützenstraße und ist über einen geräumigen Kirchplatz zugänglich. Dieser ist mit Beton-Kieselsteinplatten belegt und seitlich als Grünfläche gestaltet. An die zentral angeordnete Kirche sind links das Pfarrhaus und rechts das Pfarrheim durch einen offenen, überdachten Gang angebunden. Der sechseckige Glockenturm ist links auf dem Vorplatz der Kirche vorgelagert.

Ein Kindergarten mit Spielplatz befindet sich auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks. Alle Gebäude sind aus rotem, verfugtem Ziegelsteinmauerwerk errichtet. Die Eindeckung der Dächer besteht aus dunkelgrau gefärbtem Kunstschiefer. Die Innenwände des großen, zeltartigen Kirchenraumes („Zelt Gottes unter den Menschen”) mit angefügten niederen Seitenschiffen sind auch in rotem Sichtmauerwerk gestaltet. Die Deckenkonstruktion hat eine Holzverkleidung. Der Fußboden besteht aus Marmorplatten mit darunter befindlicher Fußbodenheizung. Der von allen Bankreihen gut sichtbare Altarraum liegt vier Stufen höher als der übrige Kirchenraum. Über dem Windfang des Haupteingangs ist die Orgel- und Sängerempore angeordnet.

Tageslicht erhält der Kirchenraum durch ein zwischen Mauerwerk und Decke umlaufendes Lichtbandfenster aus gestaltetem Buntglas. An den beiden Giebelseiten ist dieses verbreitert. Die liturgische Ausstattung der Kirche besitzt an ihren Schwerpunkten künstlerische Arbeiten. Der gesamte Kirchenraum ist schlicht, klar und überzeugend gestaltet.

Das Pfarrzentrum St. Pius in Bad Neuenahr-Ahrweiler, 1998.

Würdigung

Stefan Leuer besaß ein besonderes Gefühl für die Dimensionierung von Fläche, Raum und Baukörper. Die städtebauliche An- und Einordnung seiner Pfarrzentren in die Neubaugebiete löste er hervorragend und erreichte jeweils eine dominierende Wirkung des Kirchenbaus. Seine ökonomischen Planungen waren stets finanziell vorteilhaft für den Bauherr. In den Schwesterkünsten der Architektur, der Malerei, Bildhauerkunst, Graphik und Gartengestaltung kannte er sich aus und hat sie harmonisch aufeinander bezogen, so dass die Aussage des Bauwerks gesteigert wurde. Zur Einweihung der Pfarrkirche St. Gregorius in Aachen äußerte Leuer, daß er Idee und Aussage des Bauwerks nur schwer in Worte fassen könne. Die Sprache des Architekten seien seine Bauten. Sie sagen „selbst, ob die Aufgabe, das Anliegen des Bauauftrages, erfüllt wurde.”

Die Tatsache, dass Leuer stets weitere Aufträge für Sakral- und Profanbauten erhielt, zeigt, dass er die gestellten Aufgaben in vorbildlicher Form erfüllte. Er strebte in seinen Werken eine zweckmäßige Schönheit an, die dem Menschen dient. Das Ziel und die Bedeutung seiner Arbeit drücken am besten die Worte des hl. Augustinus aus: „Schönheit ist das Strahlen der Wahrheit.”

Ausgewählte Literatur: