Die Zunft der Faßbinder

Aus dem Protokollbuch der Ahrweiler Faßbinderzunft

Hans-Georg Klein

Von den Faßbindern, der bedeutendsten Zunft Ahrweilers, waren im Stadtarchiv bisher ein Zunftbuch, begonnen 1692 und vollendet 1768, und das Namenbuch, angelegt ca. 1692 nach dem fürchterlichen Stadtbrand, der alle bisherigen Unterlagen der Zunft vernichtet hatte, bekannt. Das Namenbuch wurde bis 1807 geführt. Der letzte Schriftführer der ausgegangenen Faßbinderbruderschaft, Meister Jakob Mies, hatte ein Protokollbuch der Faßbinderzunft in Verwahr, das 1767 angelegt wurde. In diesem Buch hat die Zunft die jährlichen Einnahmen und Ausgaben und die Verpachtung des Schradens aufgezeichnet. Es enthält viele Namen von Zunftmitgliedern, neu aufgenommenen Meistern und Lehrjungen und gibt uns einen guten Einblick in das Innenleben einer Zunft.

Die Rechnungsführung wurde bis 1815 kontinuierlich fortgeführt. Dann scheint sich die Faßbinderzunft aufgelöst zu haben. Am 12. Januar 1834 wurde ein neuer Faßbinder-Verein gegründet, der 1853 durch Satzungsänderung zur Löblichen Faßbinder-Bruderschaft zu Ahrweiler wurde. Ihre Protokolle sind bis 1946 fortgeschrieben worden.

Uns soll heute die Zeit der eigentlichen Zunft von 1767 bis 1815 interessieren. Über den Ursprung der Faßbinderzunft wissen wir wegen des Stadtbrandes von 1689 nichts. Erste schriftliche Belege finden sich allerdings in einem Ratsprotokoll von 1617.1)

Zunftmeister

Die Faßbinderzunft hatte 1781 35 Mitglieder. Diese Zahl pendelte sich in den folgenden Jahren bei etwa 30 Meistern ein, sank 1800 auf nur 20, um sich dann bei 25 Mitgliedern zu stabilisieren.2) Bei diesen Zahlen handelt es sich nur um die zünftigen Meister. Mitglied in der Zunft konnten nur der Meister und seine Frau sowie Rats- und Gerichtspersonen werden. Gesellen (= Knechte) und Lehrlinge waren nicht Mitglied der Zunft.

Die Zunft wurde von einem Zunft- oder Amtsmeister geführt. Ihm zur Seite standen der Brudermeister und der Jüngstmeister. Jedes Jahr am zweiten Freitag im Januar - nach der Zunftordnung vom 9. 2. 1732 sollte es am ersten Montag nach Neujahr sein - wählten die Zunftgenossen auf dem Brudertag Ihren Vorstand. Da diese Ämter viel Arbeit und Verdruß mit sich brachten, haben sich einige Faßbindermeister freigekauft. Wegen der dauernden Geldnöte der Zunft wurde dieser Freikauf auch akzeptiert. Am 9. Januar 1775 berichtet das Protokollbuch, daß sich Emmundus Gieß vom ambsmei-sterambt abgekauft habe mit ein cronen Dahler (ca. 5 Gulden). Am 11. Jenner 1778 hat sich Meister Wilhelms Knieps abgekauft von dem Jüngs Meister. D'ieß mit 2 Gulden 4 Albus zahlt. Unter demselben Datum und zum selben Preis hat sich auch Meister Ernestus Ludwig freigekauft.

Der Zunftmeister hatte die Zunftversammlungen zu leiten, für die Einhaltung der Zunftordnung zu sorgen und die Belange der Zunft nach außen zu vertreten. Er hatte u. a. auch auf die Konkurrenz und unzünftige Mitbewerber zu achten. Diese ferkelstecherei zeigte der Zunftmeister gemäß der Zunftrolle dem Bürgermeister an, der die Übeltäter dann bestrafte. So geschehen 1792. Dem Herrn bourgermeister undt stattdiner wegen verbietung dem schreiner eine lohe biett (Lohbütte) zu machen, (zahlt) 12 Albus 8 Heller.

Der Brudermeister war für die religiösen und die sozialen Belange zuständig. Dieses Amt war meistens das Einstiegsamt, um Zunftmeister zu werden. Es gibt in der Chronik nur einige wenige Ausnahmen. 1782 verstarb der Zunftmeister Apollinarius Gieß aus Walporzheim einen Monat nach seiner Wahl zum Zunftmeister. Es wurde aber nicht der Brudermeister in das Amt des Zunftmeisters befördert. Weilen der Zunftmeister gestorben, so ist vom gantzen Zunft der Meister Gerhardt Heinen aIß Zunfmeister angesetzt worden. Geschehen den 24ten februarius. Der Jüngstmeister - dieses Amt sollte immer von dem neu eingetretenen Meister ausgeübt werden - hatte die Aufgaben eines Zunftdieners zu übernehmen. 1796 wird Michel Knieps junior zum Jüngstmeister gekauft für 20 stüber. Ein Jahr später erhält Michel Knieps für seine Aufgabe 40 Stüber. Er bleibt dann Jüngstmeister bis 1802 für eine Aufwandsentschädigung von 4 Gulden jährlich. Michel Knieps war 1795 als Jüngstmeister gewählt worden und mußte als neu eingetretener Meister das Amt auch annehmen. In den Jahren 1796 bis 1802 gab es keine Meisterprüfungen mehr, so daß niemand das Amt des Zunftdieners annehmen mußte. Erst 1803 wurden Peter Tils und Anton Schmitz als neue Meisterangenommen, und PeterTils wurde zum Jüngstmeister gewählt. Anton Schmitz stand im darauffolgenden Jahr in der Pflicht. Von großem Einfluß in der Stadtpolitik Ahrwei-lers waren die Zunftmeister Conrad Houverath (1770 Brudermeister, 1771 Zunftmeister) und Ernest Lauckart (1782 Brudermeister, 1783 Zunftmeister, städtischer Baumeister 1764/65, Schützenkönig 1778). Beide waren als Ratsverwandte Mitglieder des Stadtrates. Ferner sind hier die Achter Reinerus Dunwalt (Zunftmeister 1772) und Johann Jacob Assenmacher (Zunftmeister 1773) und der Schöffe Hermann Joseph Schopp zu nennen. Schopp bekleidete wohl wegen seines zeitaufwendigen Schöffenamtes - er war als Schöffe auch geborenes Ratsmitglied - keine Funktion in der Zunft. Er zahlte als Schöffe auch nur die Hälfte des Meistergeldes. Ebenso gehörte der Meister Mathias Heinen als Ratsverwandter dem Stadtrat an. Die Meister Lauckart, Schopp und Heinen waren so betucht, daß sie es sich leisten konnten, Söhne an der Universität Köln studieren zu lassen. Nach der damals üblichen Selbsteinschätzung gehörten sie zu den nobiles, also den Vornehmen. Weitere Faßbindermeister, die Söhne studieren lassen konnten, waren JJ. Assenmacher und Reinerus Dunwalt.

Der Brudertag begann mit einer Singmesse für die Lebenden und Verstorbenen derZunft. Dann folgten die Abrechnung mit dem Zunftwirt und die Rechnungslegung für das abgelaufene Jahr. Anschließend fanden die Neuwahlen statt. Daran schloß sich ein geselliges Beisammensein an, bei dem der Zunftwirt Rotwein und Weißbrot reichte. Die Anwesenheitspflicht zu solchen offiziellen Anlässen wurde 1793 erneut bekräftigt. Dan ist einhellig bey offener laden beschloßen worden, daß wen die ambtß Meister die Zunfft bescheiden laßet, sich keiner mehr darf Execu-siren (entschuldigen) laßen bey 40 stiber straff undt gleich zu Erlegen zu bemerken, oder der Meister miste nicht zu Hauß oder Krank sein oder seine frau Kintbe(ttne)rin sein. Schon im Jahr zuvor mußten drei Meister 6 Gulden 12 Albus wegen Nichterscheinens beim gebott bezahlen.

Neben dem Hochamt am Brudertag war es für die Zunftmitglieder Pflicht, auch die vier Quartalsmessen, das waren stille Messen, zu besuchen. Während der Messe stand die Zunftfahne am Altar und die Bruderkerze brannte. Ebenso wurde es bei den Sterbeämtern für verstorbene Zunftmitglieder gehalten.

Die Zunft wurde unter der französischen Herrschaft auch zur Zahlung von Kriegskontributionen herangezogen. So weigerten sich 1798 die Meister Joseph Eller und Joachim Gieß, ihren Beitrag zu den Kontributionen zu leisten, so daß die anderen Meister für die erste Kontribution je 20 Stüber und für die zweite je 27 112 Stüber zu zahlen haften.

Meister

»1784, den 9. Oktober, hat Ernestus Gießen, ein Sohn des Meisters Anton Gießen aus Wal-porzheim, vor der Messe angegeben, sein Meisterstück machen zu wollen, welches von der ganzen Zunft angenommen und beschlossen wurde. So sollte er am 5ten den Anfang damit machen und am 7ten damitfertig sein. Zu Schaumeistern wurden Meister Wilhelm Knieps und Meister Henrich Roßbach angesetzt. Der letzte hat die Frist verstreichen lassen. An seine Stelle ist Johannes Gieß gesetzt worden.« 1793 den 8ten Septembris hat der Ehrsamer bürger Henrich Bruchsitter bey fersamletter zunfft angegeben, Meister zu werden undt den andretten (anderen) Dag sein Meisterstuck an zufangen, welches von fersamleter (Zunft) angenomen, wohe ihme zur Zeit bestimb noch in fier Dägen Zeit nemblich daß faß undt trichter zu ferferti-gen, so er auch den 12ten solche in der Zunfft presentiert. Der Meisteraspirant hatte sich also nach seinen Wanderjahren bei der Zunft für die Meisterprüfung zu melden. Zwei von der Zunft angesetzte Schaumeister mußten das Meisterstück begutachten. Der Prüfling hatte ein Weinfaß und einen Trichter anzufertigen. Bei dem Weinfaß handelte es sich um ein halbes Fuderfaß, ein zulast. Die kurze Frist für die Anfertigung des Meisterstückes überrascht. In vergleichbaren Fällen wurden doch einige Wochen zur Anfertigung des Prüfstückes gewährt3). Es ist uns kein Fall einer nicht bestandenen Meisterprüfung überliefert. Arbeitete ein Kandidat aber schlecht, wurde er von der Zunft bestraft. 1792 wurde der junge Meister Anton Knieps wegen Fehler an seinem Meisterstück zu einer Strafe von 14 Reichstalercourantverurteilt. Das waren 45 gid 12 alb. 1793 erging es dem Jungmeister Henrich Brogsitter etwas besser. Er wurde wegen geringen fehleren umbzwey Viertel weinß gestrafft und mußte jedem Meister ein par frantz bröitgen hergeben. Der Kandidat hatte sein Meisterstück in der Werkstaft eines fremden Meisters zu fertigen. Für diese Werkstaftbenutzung zahlte die Zunft dem Besitzer eine Gebühr von 14 Albus 8 Heller. Wenn sich ein Schöffe um das Meisteramt bewarb, mußte er kein Meisterstück anfertigen.

Der Jungmeister hafte der Zunft 10 rth als Gebühr zu zahlen und dazu noch eine halbe Ohm Wein zu geben. Generell kann aus dem Protokollbuch ersehen werden, daß die zu verschiedenen Anlässen fälligen Weine entweder in natura oder in Geldeswert gegeben wurden. Anno 1781 den 81en Jenner hat Meister Peter Joseph Schütz sein Meister gelt zahlt mit zehn rth. Die halb ahm wein mit sieben rth. Meistersöhne zahlten die Hälfte. Ebenso gaben sie vom Wein nur die Hälfte. Alle mußten dem Rat für die Brandbekämpfung einen Ledereimer im Werte von einem Reichstaler geben, dazu eine Gebühr von einem symbolischen Goldgulden. Der Wert des Goldguldens betrug 2 Taler courant. Das Meistergeld stieg gegen Ende der Zunftzeit um 100 % an, so daß die Höhe der Gebühr für viele Kandidaten abschreckend wirkte': 1807 den 12ten Jan. ist auf dem heutigen Brudertag von allen mitmeisteren beschlossen worden, daß fordhin kein fremdter alß meister angenommen werden solle, ohne das derselbe 33rthsp. und ein Viert. Wein der faßbinder Zunft aus bezahlt hat. Und ein Meisters söhn solle aber nur 30 rth sep. und ein Viert. Wein bezahlen4) Wenn die Gesellen nun als Meister zugelassen waren, durften sie in der Stadt Ahrweiler ihren Beruf ausüben und auch Lehrjungen ausbilden. Die jungen Meister mußten Mitglied der Zunft sein. Im Protokollbuch lassen sich 185) (20) Lehrjungen nachweisen, die in Ahrweiler ihre Lehre begonnen und nach Wanderjahren ihre Meisterprüfung vor der hiesigen Zunft abgelegt haben. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Gesellenzeit von 11,2 (10,4) Jahren, wobei die Extremwerte erheblich schwanken. Die kürzeste Zeit hatte Georg Heinen mit nur drei (der Zeitsteher Henrich Brogsitter mit nur einem) Gesellenjahren. Eine lange Gesellenzeit hatte Anton Knieps mit 23 Jahren. Am Tag nach seiner Meisterprüfung 1792 stellt Anton seinen Bruder Christian als Lehrjungen ein. Er wird noch übertroffen von dem Meistersohn Wilhelm Heintzen, der es auf 32 Gesellenjahre brachte. 1775 macht Wilhelm Knieps seine Meisterprüfung und stellt im selben Jahr seinen Sohn Wilhelm als Lehrjungen ein, d. h. er war als Faßbindergeselle schon lange verheiratet. Das wäre im Mittelalter undenkbar gewesen.

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Herstellung eines Faßes: Der Küfer bei der Arbeit.

Lehrjungen und Gesellen

Nicht in allen Jahren des Berichtszeitraumes wurden Lehrjungen eingestellt. 1770,1788,1797-1801 und 1806 - 09 fand keine Lehrlingsausbildung statt. Die Zahl der Lehrlinge pendelte zwischen 1 (z. B. 1784) und 18 (1805). Insgesamt wurden in den 32 Berichtsjahren 150 Lehrlinge ausgebildet. Das entspricht einem Jahresdurchschnitt von 4,7 Lehrjungen. Die meisten Lehrlinge kamen aus Ahrweiler oder seinen Dörfern (103). Das entspricht einem Anteil von 68,7 %. 79 Lehrjungen waren Meistersöhne (= 52,7 %). Aus den Dörfern der Grafschaft kamen 25 Lehrjungen. Erstaunlich sind aber auch andere Herkunftsorte z. B. Kirchreit in Bayern, Palmersheim bei Euskirchen, Freienberg bei Geilenkirchen, Stolberg bei Aachen, Eppenich bei Zülpich (2), Walhofen (belg. Provinz Limburg).

Das Einschreiben in die Lehrlingsrolle kostete den Lehrherrn 5 Gulden kölnisch, die Einschreibgebühr für Meistersöhne betrug die Hälfte. Im Jahre 1767, am 13. Mai, ließ Meister Hubertus Knieps gleich drei Söhne einschreiben mit Namen Hermann, Wilhelm und Emmericus. Dieses Ereignis wiederholte sich 1772 und 1805, als Peter Josef Schütz und Mathias Houverath ebenfalls ihre drei Söhne einschreiben ließen. Im Jahr 1805 wurden gleichzeitig 18 Meistersöhne in die Zunftrolle als Lehrjungen eingeschrieben. Hier ist zu vermuten, daß die Meister durch die neuen französischen Gesetze geängstigt, noch schnell ihren bisherigen Vorteil als Zunftmeister ausnutzen wollten. Bei der Einschreibung wurde immer auf die eheliche Geburt des Lehrjungen geachtet: 1793 den 11en februarius hat Meister Mathias Huverath einen lehrjungen einschreiben laßen mit nahmen Baltbasar Nücker deren ehrbaren eheleut Paulus Nucker und Gertrudis Schneider ehelicher Sohn von Artdorff. Ebenso mußten die Eltern ehrbar sein, d. h. sie durften keinen Beruf der verrufen war, wie den des Henkers, des Schinders, des Abdeckers oder auch des Schäfers, ausüben. Der Lehrabbruch ist keine Erscheinung der heutigen Zeit. 1778 berichtet der Chronist, daß Meister Marcus 5 gid vor sein Lehrjungen zahlt hat, aber der Jung ist auß dem Jahr gangen. 1787 hatte Meister Ernest Lauckart einen Lehrjungen namens Andreas Fuchs aus Bonn einschreiben lassen. Dieser Lehrjunge war der Sohn des Bäckermeisters Adolphus Fuchs. Der Chronist bemerkt lapidar: Obiger' ist auß der lehr gegangen.

Die Lehrzeit betrug zwei Jahre. Dann wurde der Lehrjunge losgesprochen und mußte in der Regel als Geselle auf die Wanderschaft gehen. In Ausnahmefätlen blieben die jungen Gesellen auch in ihrem Lehrbetrieb. 7783 den 23ten Mertz hatt Meister Jo(hann)es Bauer seinen söhn Mathias einschreiben laßen. Den 24ten Januarii 1796 ist obiger gesell ausgeschrieben und losgesprochen worden.

Das Ausschreiben kostete den Lehrmeister oder den neuen Gesellen ein schank wein, das war ein Viertel (ca. 1,8 l). Es fällt auf, daß keine Lehrabschlußprüfung verlangt wurde. Nur die Bestätigung des Wohlverhaltens durch den Meister war nötig.

Von Gesellen berichtet das Protokollbuch kaum. Es sind nur zwei Fälle bekannt. Einmal war Mathias Bauer, Sohn des Meisters Johannes Bauer, von 1783 bis 1796 bei seinem Vater erst als Lehrjunge, dann als Geselle beschäftigt. Zum anderen wird von Henricus Joseph Roßbach, Sohn des verstorbenen Meisters Roßbach, berichtet, der bei dem Meister Brogsitter nach seiner Lehrzeit noch ein Jahr als Geselle arbeitet und 1796 ausschied. Zu den Gesellen muß man wahrscheinlich auch die Zeitstehei6) rechnen. Das Protokollbuch kennt neun Zeitsteher. Keiner der Zeitsteher war Meistersohn, acht dieser Gesellen kamen von auswärts. So liegt die Vermutung nahe, daß es sich bei diesen Personen um Gesellen handelte, die ihre Mut- oder Sitzjahre abarbeiteten, um dann zur Meisterprüfung zugelassen zu werden. Sinn dieser Mut-oder Sitzjahre war es, Bewerber von dem überbesetzten Handwerkfernzuhalten. Das scheint in unserem Fall auch gelungen, denn nur zwei Zeitsteher legten in Ahrweiler die Meisterprüfung ab.

In der Regel bestand der Meisterbetrieb aus einem Meister und einem Lehrjungen. Zwei oder drei Lehrjungen waren die Ausnahme, es sei denn, es waren die eigenen Söhne. Es fällt auf, daß viele Meister außer ihren eigenen Söhnen keine weiteren Jungen in die Lehre nahmen. Einige Meister fallen durch ihre überpro-portinale Ausbildungsarbeit auf, wie z. B. Apollinaris Jungen und Ernest Lauckart mit jeweils elf Lehrjungen.

Schröter

Anno 1773 den 17 october hat die löbliche faßbender zunff Daß schraden nach altem gebrauch in beysein zwey teputierter Herrn Vomrath als Herr Rygans und Herr Krieche! verpfagt (verpachtet) vor 82 gid und ein halb ahm roden wein ohn einigen nachlaß. J. Jacobus Assenmacher, schräder Meister, Emmerich Gieß, Bürg und zäh/man.

Jährlich, nach dem Festtag des hl. Bartholomä-us (24. Aug.), meistens aber Mitte Oktober, wenn die Weinlese beendet, Qualität und Quantität des Weines feststanden und somit auch der Arbeitsumfang des Schrötermeisters, bzw. sein zu erwartender Verdienst absehbar waren, wurde auf dem Rathaus, immer donnerstags, in Anwesenheit von zwei Ratsmitgliedern, die für den rechtmäßigen Ablauf verantwortlich waren, das Schröteramt meistbietend versteigert. Bieten konnten nur Faßbindermeister. Der meist-und letztbietende Faßbindermeister war dann für ein ganzes Jahr Schrötermeister. Da zum Zeitpunkt der Versteigerung die wenigsten Bewerber über das nötige Bargeld verfügten, hatte der Schrötermeister spätestens bis zum nächsten Brudertag die gebotene Summe zu zahlen und dazu der Zunft eine halbe Ohm Rotwein zu geben. In einigen Jahren gaben die Schrötermeister auch eine halbe Ohm Weißwein oder Bleichart, nicht vom besten noch vom schlechsten. Mit diesen genauer Beschreibung der Weinsorten wird belegt, daß es an der Ahr schon vor der Franzosenzeit neben dem Bleichart auch Rotwein gab.

Das Schradamt war ein Monopol. Niemand, außer dem Schrötermeister, durfte in der Stadt Wein bewegen oder rollen. Für das Ab- und Aufladen der Weinfässer mußten die Winzer oder Käufer dem Schrötermeister 1 Gulden pro Fuder zahlen. Einheimische zahlten die Hälfte. An radergelt hatten die Kunden dem Schrötermeister für einen zweiachsigen Wagen 1 Schilling zu zahlen. Eine einachsige Karre brachte die Hälfte. Das Schradamt scheint ein einträgliches Gewerbe gewesen zu sein. Die Höhe der Pachtgelder weist dieses aus. Natürlich war der zu erwartende Nettoverdienst des Schrötermeisters mit einem gewissen Risiko behaftet. Damit die Zunft zu ihrem Geld kam, mußte derjenige, der den Zuschlag erhielt, einen oder zwei Bürgen, auch zan/sman genannt, stellen. Die Stadt erhielt als Äquivalent vom jeweiligen Schrötermeister jährlich einen Reichstaler (= 3 gid 4 alb). Die Höhe des Schradgeldes schwankte zwischen 334 Gulden (1775) und 5 Gulden (1795). 1799 scheint ein Jahr des Mißwachses gewesen zu sein. Das Schradamt wurde für 1 Viertel Wein verpachtet. Im Berichtszeitraum nahm die Zunft durch die Verpachtung des Schröteram-tes 5045 Gulden ein. Das ergibt einen Durchschnittswert pro Versteigerung von ca. 123 Gulden pro Jahr. Dazu ist immer der Gegenwert von der halben Ohm Wein zu rechnen, der 1803 beispielsweise 12 rth betrug, das sind immerhin 39 Gulden kölnisch. Ab 1810 sind keine Einnahmen mehr verzeichnet. Offensichtlich gibt es von diesem Zeitpunkt an keinen Schrötermeister mehr.

Der Schrötermeister war ebenso verpflichtet, das schradgeschir, also die zum Schraden benötigten Werkzeuge, auf seine Kosten zu beschaffen oder instand zu halten.

Wie die Chronisten berichten, hat aber die Zunft im Berichtszeitraum die Kosten für das schradgeschir übernommen. Hier sind zu nennen die Schradleitern, das Schradseil, das Klammerseil und Klammern, das Kuppelseil und die Schradleiterbäume. Das wichtigste Werkzeug war das Schradseil. Es wog zwischen 58 und 71 Pfund. Seile wurden damals nach Gewicht verkauft. Für ein Pfund Seil nahm der Seilermeister zwischen 14 1/2 Stüber (1789) und 26 Stüber (1797).

Eine neue Schradleiter kostete 1795 5 gid und 1802 schon 10 gid 8 alb, für Klammer und Klammerseil wurden 5 gid. 6 alb 8 hl (1795) bezahlt. Das Kuppelseil wog ungefähr 10 Pfund. Für die Jahre 1787 - 89, 1794 - 99 und 1801 - 1803 ist zwar die Höhe des Schradgeldes überliefert, aber nichtder Name des jeweiligen Schrötermeisters.

Hospes

Anno 1770 dem 9. januarii mit unserem hospes gerechnet, waß wir an wein und weißbrod Empfangen haben. Ist richtig bezahlt mit 123 gid. hat derselb noch wieder empfangen 22 gid auff Vorrath. In der Regel konnte der Zunftwirt nicht ganz bezahlt werden. Die Zunft mußte ihm Geld schuldig bleiben. Für diese Schuld wiederum hatten die Zunftgenossen Zinsen zu zahlen.

1775 den 9. Jenner hat die löbliche faßbender-zunff mit unser Vatter gerechnet waß wir daß Jahr durch an wein und weißbrod verzehrt. So bleiben wir nach gehaltener rechnung unserem Vatter noch schuldig 101 gid Salb. Hierauffhat unser Vatter auff abschlag empfangen einen cronendahler (ca. 5 gid).

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Einnahmen und Ausgaben im Protokollbuch der Ahrweiler Faßbinderzunft . . .

Bis 1783 war Faßbindermeister Johann Knieps der Zunftwirt. Er wird im Protokollbuch häufig hospes oder vatter genannt. Als er stirbt, übernimmt seine Witwe, die Frau hospita, sein Amt. Ihrfolgt ab 1788 ihr Sohn Franz-Wilhelm Knieps nach, der 1804 von dem Meister Wilhelm Gör-res abgelöst wird.

Über den Wechsel lesen wir im Protokollbuch folgendes: 7504 den 9ten Januarii hat der Mit Meister Wilhelm Görres heut an oben benennten tag die von unseren Ehemaligen gevatter Francois Knieps schuldig gebliebenen summa von 83 rth für die faßbenderzunfft richtig auszahlt und daneben hat er sein fordern ng von 18 rth sec 45 stub, so von der Zunfft anerkannt. Leider wird im Protokollbuch nicht ersichtlich, ob die Zunft über ein eigenes Zunfthaus oder wenigstens über eine eigene Zunftstube verfügte.

Wie ein roter Faden ziehen sich die Schulden bei dem Zunftwirt durch das Protokollbuch. In guten Weinwachsjahren, wenn ein hohes Schradgeld erwartet werden konnte, war es möglich, die Jahresrechnung des Wirtes zu begleichen und vielleicht auch die Schulden wenigstens zum Teil abzutragen. Um die Kosten zu senken, beschloß man 1778, die halbe Ohm Wein, die vom Schröter an die Zunft gegeben werden mußte, nicht mehr sofort zu verzehren, sondern für den nächsten Brudertag im Januar aufzuheben. Die Abrechnung mit dem Zunftwirt stand auch immer im Mittelpunkt der jährlichen Rechnungslegung.

Rechnungslegung

Das Rechnungswesen der Zunft - gegliedert nach Einnahmen (empfang) und Ausgaben -zeigt an, daß die finanzielle Lage der Zunft nicht allzu rosig war. Haupteinnahmequelle war das jährliche Schradgeld, dessen Höhe allerdings im voraus nicht kalkulierbar war. Weitere, nicht vorhersehbare Einnahmen waren das Einschreibegeld für die Lehrjungen, das Meistergeld für die neu eintretenden Meister und ggf. Strafgelder z. B. für fehlende Meisterstücke.

An festen Ausgaben sind der Kirchenzehnt, der zehnte Pfennig vom Schradgeld, die Unkosten für die Messen und die Reparatur bzw. die Neubeschaffung des Schradgeschirrs zu nennen. Ferner sind von Zeit zu Zeit Reparaturkosten für die Zunftfahne und die Zunftkerze zu bestreiten. Schwerpunkt der Ausgaben waren allerdings die Kosten für den Brudertag, an dem alle Zunftmitglieder freies Trinken bei Weißbrot hatten. Neben dem Brudertag wurden die anwesenden Zunftmitglieder auch beim Schützenfest, bei der Verpachtung des Schradens und anderen Anlässen auf Kosten der Zunft freigehalten. Item 9 Maß wein sein getruncken undt zahlt bey der zusammen Zunft deren De-putirten Meister per Maß 20 Stüber seint 10 Gulden (1784). 1778 wurde, um die Ausgaben zu verringern, beschlossen, daß auff Dreyfaltig-keit Sontag (Schützenfest) nichts auff die zunff verzehrt so/ werden.

In der Tat hatte die Zunft zu diesem Zeitpunkt Geld aufnehmen müssen, um die Schulden bei ihrem Vereinswirt zu bezahlen. Bei ihrem Mitmeister Conrad Houverath mußten sie ein Kapitel von 180 Reichstalern und bei der Witwe Krieche), der Mutter des späteren Maire Georg Kriechel, eines von 100 Reichstalern aufnehmen. Die Abtragung der Schulden erlebten beide Gläubiger nicht mehr. Sie erstreckte sich über den gesamten Berichtszeitraum. Fürdiese Schulden fielen Zinsen in Höhe von 5 % pro Jahr an. Hinzu kamen die Schulden beim Vereinswirt, die 1803 319 kölnische Gulden betrugen.

Um die drückende Schuldenlast zu mildern, wurde 1778 beschlossen, daß jeder Meister hinvorro so/ alle quaderdal (Quartal) 10 Albus beilegen biß daran die schult abgemacht ist. Allerdings ist nicht erkennbar, daß die Meister dieses Geld auch gezahlt haben, denn bis zum Rechnungsjahr 1781 sind keine Zunftbeiträge überliefert. Erst mit dem Jahr 1782 wurden von den Mitgliedern 12 Stüber Zunftbeitrag an die Zunftkasse abgeführt.

1802 war die finanzielle Lage so prekär, daß man die eigene Zunftordnung zu Makulatur machte: Heut dato den 10ten Januar 1802 ist von unseren sambtiigen meisteren wegen der jetziger schlechter zeit... zur bestreitung unser schulden bey H. gevatter beschloßen worden, meistern anzunehmen so dreißig drey rth spec, ein Vierttel wein ohn meisterstuck zu machen bezahlen sollen. Sollte die jetzige mit der vorigen zeit umwechselen, so sollen unsere allte articulen den jetzigen beschluß über einen hauffen werfen und wiederum gelten7). Aber die Meisteraspiranten kamen nicht in dem erhofften Maße. Die Zeiten waren eben schlecht. Daß man, mit Ausnahme beim Verzehr, sparsam mit der Zunftkasse umging, beweisen die vielen kleinen Einnahmen durch den Verkauf der unbrauchbar gewordenen Schradgeschirre. Die schadhaften Seile wurden entweder bei einem Seiler in Reparatur gegeben oder unter den Zunftgenossen meistbietend versteigert. Demnächst seint zwey alte schrath seyller verkaufft worden dem letztbiettenden an Meister Michael Ludtwig vor 5 gid 12 alb. Finanziell gut war das Jahr 1782. Am 13. Januar 1783 wurde der Jahresabschluß von den Zunftmitgliedern beschlossen. Nachdem im Jahre 1811 die letzten Schulden bei dem Maire Georg Kriechel und dem Vereinswirt Wilhelm Görres in Höhe von 192 rth 40 1/2 Stüber bezahlt waren, ist im Protokollbuch keine Rechnungslegung mehr erfolgt. Lapidar bemerkt der Chronist: 1812:

Kein empfang, kein ausgab. Damit war das aktive Zunftleben abgestorben. Eine Ursache dafür war die sukzessive Einführung des code civil ab 1804 durch Napoleon im linksrheinischen Raum. Damit wurde den Bürgern die Gewerbefreiheit gesichert, und die Zünfte wurden in ihrer bisherigen Form überflüssig.

Anmerkungen:

  1. Vgl. Albert Knieps, Die Ahrweiler Faßbinderzunft, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1957, S 49 • 55.
  2. Errechnet aus den Quartalsgeldern der Meister Das Namenbuch gibt uns keine Möglichkeit, die Anzahl der Mitglieder der Zunft zu bestimmen, da dort bis 1767 keine Jahreszahlen angegeben und auch die abgegangenen Mitglieder nicht vermekrt sind.
  3. Vgl. Kurt Wesoty, Lehrlinge und Handwerksgesellen am Mittelrhein. Studien zur Frankfurter Geschichte 18, Frankfurt a. M. 1985.
  4. Ergänzt aus dem Namenbuch der Faßbinderzunft, StaA A 377.
  5. Siehe Abschnitt III. Die Zahlen in der Klammer geben den errechneten Wert einschließlich der Zeitsteher an.
  6. Der Ausdruck Zeitsteher scheint auf Ahrweiler beschränkt zu sein. In der Literatur habe ich bisher diesen Ausdruck nicht gefunden.
  7. Wie Anm. 3.