Content-Type: text/html Historische Waldnutzungsformen im Kreis Ahrweiler

Historische Waldnutzungsformen im Kreis Ahrweiler

Stephan E. Braun

Wer heute die Wälder des Kreises Ahrweiler betrachtet, die 51 % der Kreisfläche (1989) bedecken, trifft vorwiegend auf Hochwälder, die vor allem in den höheren Lagen der Eifel von Nadelbäumen dominiert werden, auf den besseren Standorten und in den tieferen Lagen überwiegen die Laubbäume.

Unsere heutigen, vielfach das Landschaftsbild prägenden Wälder sind in dieser Form erst das Resultat der „modernen" Forstwirtschaft, seit der Übernahme des Rheinlandes durch Preußen zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

So mußte die preußische Forstverwaltung oft gegen den Widerstand der Bevölkerung ihre Aufforstungen in der Eifel, die auch zur Klimaverbesserung in „Preußisch Sibirien" gedacht waren, durchsetzen. Da die Bedürfnisse nach Holz und die Anforderungen an den Wald in früheren Zeiten andere als heute waren, hatte der Wald ein anderes Gesicht. Ist das wirtschaftliche Ziel (neben Schutz- und Erholungsfunktion gleichberechtigt) heute in den meisten Wäldern die Produktion von starkem, wertvollem Holz, so standen in früheren Jahrhunderten vielfach die Waldweide, die Streunutzung, die Brennholz- und Holzkohlegewinnung sowie in den herrschaftlichen Wäldern die Jagd im Vordergrund des Eigentümerinteresses.

Vor Beginn der Römerherrschaft war die Eifel ein weitgehend geschlossenes Waldgebiet mit von Menschenhand unberührtem Urwald. Die Nutzung beschränkte sich auf die Jagd und das Sammeln von Waldfrüchten und Holz. Dominierende Baumart war die Buche, in den wärmeren Gebieten auch die Eiche, die Nadelbäume kamen in unseren Räumen nicht vor (mit Ausnahme der Eibe). Mit der Besiedelung durch die Römer stieg der Holzverbrauch stark an. Die römischen Siedlungen verursachten umfangreiche Rodungen, sie benötigten Bauholz und Brennholz für ihren luxuriösen Lebensstil, mit Bädern und Heizungen, den uns die Roemervil-la in Ahrweiler eindrucksvoll vor Augen führt. Daneben war Holz der Energieträger für die römischen Eisenschmelzen (Ahrweiler Wald) und Töpferwerkstätten (z. B. in Sinzig). Wald war ausreichend vorhanden und verjüngte sich nach den Nutzungseingriffen größtenteils wieder natürlich, so daß eine planmäßige, nachhaltige Forstwirtschaft im heutigen Sinne nicht notwendig war.

Nach dem Ende des Römischen Reiches eroberte der Wald an vielen Stellen die verlassenen Siedlungsplätze wieder und behauptete sich dort zum Teil bis zum heutigen Tage (z. B. römische Villa im Sinziger Harterscheid).

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Aus dem Ahrweiler Kreisblatt von 1866.

Zur Zeit der fränkischen Herrschaft war unser Kreisgebiet größtenteils wieder mit Wald bestockt.

Etwa ab dem 9. Jahrhundert begann in der Eifel eine größere Rodungsperiode. Die herrenlosen Gebiete wurden als „forestis" bezeichnet, hierzu gibt es zwei Deutungsversuche: einmal die Bedeutung „Bannforst", d. h. das Verbot der Nutzung durch die Markgenossen oder nach Wenzel (1962) „forestis" von „foris" außerhalb, d. h. der König verfügt als oberste Staatsgewalt über alle herrenlosen Gebiete, die in unserem Raum meist mit Wald bestockt waren.

Für die Könige und später die Grundherren war nicht die Holznutzung die Haupteinnahmequelle aus diesen Forsten, sondern zuächst die Entgelte für Rodungsgenehmigungen und anschließende Ackernutzung.

Schweinemast, Waldweide

Im gesamten Mittelalter und in der frühen Neuzeit bis zur Einführung der Kartoffel im 18. Jahrhundert als Futterpflanze war die Schweineweide im Wald für die Bevölkerung von existentieller Bedeutung. Die Schweine wurden in den Wald getrieben, um sich dort vor allem im Herbst von Bucheckern und Eicheln zu ernähren. An diese Nutzung erinnert heute noch der forstwirtschaftliche Begriff „Mastjahre" für „Samenjahre".

Unsere heimischen Buchen und Eichen tragen nicht jedes Jahr gleichmäßig Früchte, sondern mit „Vollmasten", d. h. 100 % Samen ist nur alle 5 - 7 Jahre zu rechnen, dazwischen liegen Jahre mit „Spreng- oder Halbmasten" bzw. ganz ohne Samenbehang.

In früheren Jahrhunderten war es von größter Bedeutung, daß die Bäume möglichst häufig und stark fruktifizierten (Früchte tragen), denn je nach Samenbehang wurde die Zahl der in den Wald einzutreibenden Schweine bemessen. Da breitkronige Bäume, die von allen Seiten von der Sonne bestrahlt werden, am besten blühen und fruktizieren, unterschieden sich die damaligen Wälder stark von den heutigen. Nicht geschlossener, dichter Wald mit langen Stämmen und dünnen Kronen war das Ziel, sondern ein lichter Bestand von stark bekrönten, kurzschaf-tigen Eichen und Buchen kennzeichnete die Hutewälder. Da Laubbäume erst im Alter von 30 - 50 Jahren Samen tragen, durften Samenbäume nicht geschlagen werden. Während durch den Eintrieb der Schweine in den intakten Wald keine größeren Schäden verursacht wurden, führte in späteren Jahrhunderten der Weidebetrieb mit Schafen und Ziegen in der Hocheifel vor allem in den Allmendwäldern (= gemeinschaftliche Wälder) zusammen mit der unten beschriebenen Rottwirtschaft zu einer Zerstörung bis hin zum Ödland.

Neben dem Schwein war das Schaf der Hauptfleischlieferant in der Eifel, hinzu kam die Nutzung der Wolle. Der Reichtum von Adenau gründete sich im 17. Jahrhundert auf die Tuchindustrie, deren Rohstoff die Schafwolle war. Die Schafherden weideten zwar vor allem auf den bereits vorhandenen Ödlandflächen, aber mit dem Aufstieg der Schafzucht drängen die Herden immer mehr in die durch die Köhlerei zunehmend aufgelichteten Wälder.

Da die Köhlerei den für die Eisenindustrie notwendigen Rohstoff Holzkohle liefert, wurde in den Wäldern mehr Holz genutzt als nachwuchs, und die teilweise natürlich aufkommenden Sämlinge wurden von den Schafen abgefressen. Noch größeren Schaden richteten Ziegen im

Wald an. Als anspruchsloser Milchlieferant galt die Ziege in der Eifel in früheren Zeiten als „Kuh des armen Mannes". Gerade die Anspruchslosigkeit ist ein Hauptfaktor für die Waldschädlichkeit, denn die Ziege frißt nahezu alles und jegliche Verjüngung im Wald ist ohne Chance. Zwar wurde in Forstordnungen versucht, die Ziegenweide im Wald zu verbieten (z. B. Kurfürstentum Köln 1691), aber die Verbote waren mehr oder weniger wirkungslos, da einerseits durch die wirtschaftliche Lage die Bevölkerung auf die Waldweide angewiesen war, zum anderen das Forst- und Jagdpersonal die Verbotsüberschreitungen nicht ausreichend unterbinden konnte oder wollte.

Rottwirtschaft

Können wir uns heute Viehzucht im Walde nur schlecht vorstellen, so ist Ackerbau mit Getreideanbau im Wald als landwirtschaftliche Zwischennutzung aus heutiger Sicht noch unmöglicher. Im Mittelalter gab es neben den eigentlichen Rodungen, wo Wald endgültig in Acker umgewandelt wurde, die Rottkultur. Anders als bei der Rodung, bei der die Wurzelstöcke entfernt wurden, blieben diese bei der Rottwirtschaft erhalten. Zwischen die Stöcke wurden Getreide (Hafer, Roggen, Buchweizen) gesät. Je nachdem wie schnell die Stöcke wieder ausschlugen, konnten die Flächen ein- bis mehrjährig als Acker genutzt werden. Der sich wieder bildende Niederwald wurde ca. 15 - 20 Jahre (= Umtriebszeit) wachsen lassen und dann erneut auf den Stock gesetzt. Das Holz wurde als Brennholz und zum Teil auch als Köhlerholz genutzt. In den ursprünglichen Buchen-Eichen-Wäldern wurde die Eiche durch diese Wirtschaft gefördert, da sie ein besseres Stockausschlagsvermögen besitzt. Auf den Böden der Eifel, die von Natur aus nicht besonders nährstoffreich sind, führte die Rottwirtschaft zu einer zusätzlichen Nährstoffverarmung, denn anders als bei reiner Holznutzung, bei welcher nur ein geringer Bruchteil der Nährstoffe mit dem Holz entnommen wird (die Masse der Nährstoffe sind in den Blättern gespeichert), entzieht Ackerbau ohne Düngung dem Boden erhebliche Nährstoffe. Die einzige Düngung erfolgte durch das Verbrennen des Reisigs und das Verteilen der Asche auf der Fläche. Kunst- oder Mineraldünger gab es noch nicht, und Mist war für die Düngung der Waldflächen zu wertvoll.

Nach mehreren Nutzungsperioden verarmten die Böden stark, daß die degenerierten Wälder nur noch mit vereinzelten Eichen-Stockausschlä-gen und Haselhecken bestockt waren. Durch das Zusammenspiel zusätzlicher Beweidung, Schäden durch das Verbrennen des Reisigs an den Stöcken und Nachlassen der Stockaus-schlagfähigkeit bildeten sich aus den ehemaligen Rottbüschen Heideflächen.

Streunutzung

Außer den beschriebenen direkten landwirtschaftlichen Nutzungen des Waldes, gab es noch eine indirekte Nutzung: die Streunutzung. Diese erreichte mit der Zunahme der Stallhaltung des Rindviehs in der Eifel im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Im Herbst wurde das herabgefallene Laub für die Einstreu im Stall gesammelt. Stroh war in früheren Zeiten nur in geringem Maße vorhanden und diente überwiegend als Futter.

Die schon verlichteten Wälder degenerierten durch diesen Nährstoffentzug noch weiter, so daß eine natürliche Verjüngung mit Laubholz auf den ausgelaugten Böden oftmals unmöglich wurde. So war im 19. Jahrhundert der Anbau von Nadelbäumen oft die einzige Möglichkeit, Waldflächen überhaupt wieder in Bestockung zu bringen. Gestörte Oberbodenverhältnisse und fehlende Nährstoffvorräte zeugen vor allem in Gemeindewäldern noch heute von dieser waldschädlichen Streunutzung.

Holznutzung

Wie schon erwähnt, war in früheren Jahrhunderten Holz nicht das Hauptprodukt des Waldes, sondern in den Hutewäldern mit Schweinemast fiel Holz als Nebenprodukt an. Es durfte nur genutzt werden, was auf natürliche Weise (Sturm, Trocknis) abgängig war. Trotzdem war Holz zum einen der wichtigste Energieträger, zum anderen der wichtigste Rohstoff, so sprechen Historiker vom Mittelalter als dem „hölzernen Zeitalter". Die meisten Gegenstände des täglichen Lebens waren aus Holz, Kunststoffe gab es nicht, und Metalle waren vielfach zu wertvoll.

War zu Beginn des Mittelalters noch ausreichend Holz und Wald vorhanden, so mußte mit der Bevölkerungszunahme und der damit einhergehenden Rodungstätigkeit, sowie stärkerer Waldnutzung eine Abkehr vom einfachen

„Plendern" (= Plündern) im Walde hin zu einer zielgerichteten Bewirtschaftung des Waldes stattfinden. Diese Holznutzung fand vor allem in den herrschaftlichen und in den ortsfernen Wäldern statt, die entweder gesperrt waren oder zu weit von den Behausungen entfernt lagen für Weidebetrieb und Rottwirtschaft. Denn zu jener Zeit herrschten völlig andere Verkehrsverhältnisse als heute, nicht nur daß es keine Kraftfahrzeuge gab, auch die Wege waren nicht befestigt und besonders nach längeren Regenperioden war es selbst für Pferdefuhrwerke und Ochsengespanne mit erheblichen Mühen verbunden, in entferntere Waldteile vorzudringen.

Dies dürfte auch der Hauptgrund dafür sein, daß z. B. die stadtferneren Gemeindewälder von Sinzig (Harterscheid) und Remagen (Scheidskopf und Goldgrube), die ca. 5 -10 km von der jeweiligen Stadt entfernt lagen, heute für Kommunalwald einen überdurchschnittlichen Bestand mit wertvollen Laubhölzern aufweisen. Für die nutzungsberechtigte Bevöllkerung der waldbesitzenden Stadt waren die Porstorte für Waldweide, Streunutzung (und Forstfrevel) zu weit entfernt. Für eine Fahrt Sinzig - Harterscheid und zurück dürfte bei damaligen Verhältnissen - ohne befestigte Straßen - ein Fuhrwerk einen halben Tag benötigt haben.

Außerdem haften diese beiden Städte durch ihre günstige Lage an der „Goldenen Meile" mit ihren guten Wiesen und Äckern, den Wald als landwirtschaftliche Nutzfläche nicht so notwendig, wie z. B. die Dörfer auf den armen Böden im ehemaligen Kreis Adenau. Für die in unmittelbarer Nähe des Waldes lebenden Königsfelder (Harterscheid) und Kirchdauner (Auf Scheid) war die Nutzung in den Stadtwäldern verboten. In den stadtnahen Wäldern von Sinzig (Mühlenberg und Ziemet) und Remagen (Reisberg) wurde das Brennholz für die Bevölkerung geschlagen. Diese Wälder wurden als Niederwälder bewirtschaftet. Diese Wirtschaftsform zeichnet sich durch die intensive Nutzung der Bestände aus. Die Fläche wird im Kahlschlagverfahren alle 15 - 25 Jahre auf den Stock gesetzt; die verbliebenen Wurzelstöcke treiben wieder aus und die Ausschläge bilden den neuen Bestand. Im Gegensatz hierzu entstehen beim Hochwald die Bäume aus Samen. Neben Brennholz lieferten die Niederwälder Holz für die Köhlerei.

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Alte Waldwirtschaftsform: Stockausschläge in einem Buchenbestand.

Auch wurden auf der Niederwaldfläche zum Teil dünne Zweige für Viehfutter geschnitten und das Laub für die Einstreu im Stall gesammelt. Heutefindet man an den Steilhängen von Rhein, Ahr und den Nebentälern durchgewachsene Eichen-Niederwälder als Zeugnisse jener Wirtschaft. Die Eiche dominiert in diesen Beständen, da sie ein gutes Stockausschlagvermögen hat und weil sie gezielt gefördert wurde, denn die Eichenrinde enthält einen hohen Gerbsäureanteil, so daß die Rinde als Lohe für die Ledergerbung eingesetzt werden konnte. Beim Lohschälen wurde die Rinde mit dem „Lohlöffel" vom stehenden Stamm abgetrennt und anschließend zum Trocknen aufgestellt. Das Holz der Stämme wurde als Brennholz verwendet.

Die Umtriebszeit und die Gesamtgröße des Forstbetriebes bestimmten die Flächeneinteilung. Die Betriebsfläche wurde so aufgeteilt, daß jedes Jahr eine gleich große Fläche genutzt werden konnte. So wurde in der Forsteinrichtung von 1881 für die Waldungen der Gemeinden Sinzig, Löhndorf und Westum die Umtriebs-zeit auf 18 Jahre, d. h. auf jeweils 18 gleich große Schläge festgelegt, für die Gemeinde Coisdorf, welche nur ca. 17 ha Niederwald auf dem Aulenberg besaß, wurden nur 9 Schläge festgelegt, die dann in jeweils 2jährigem Turnus auf den Stock gesetzt wurden. Ihren Höhepunkt erreichte die Lohegewinnung im 19. Jahrhundert.

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Untypisch für die ursprünglichen Eifelwälder:
Monokultur Fichtenbestand.

Nach Schwind (1984) befanden sich in der Rheinprovinz zu dieser Zeit 60 °o der gesamten preußischen Eichenschälwaldflächen. Viele Kommunal- und Privatwälder wurden ausschließlich als Lohhecken bewirtschaftet.

Um die Jahrhundertwende verlor die Gerbrinde durch den Einsatz von chemischen Salzen in der Ledergerbung an Bedeutung. Die Preise verfielen so stark, daß eine weitere Nutzung wirtschaftlich uninteressant wurde.

In den Steillagen wurden diese Wälder anschließend meist nur noch extensiv genutzt, in den flacheren Lagen und auf besseren Standorten erfolgte eine Überführung in Hochwald durch Pflege der besten Bäume, bzw. eine Umwandlung in Nadelholzbestände durch Kahlhieb und Neuaufforstung mit Fichte, Kiefer und später Douglasie.

Neben Brennholz lieferten die Niederwaldbestände, die für den Weinbau, der in früheren Zeiten weiter verbreitet war (z. B. Löhndorf, Sinzig und Westum waren bis in dieses Jahrhundert Weinbaugemeinden), wichtigen Weinbergspfähle.

Diese Stangen-Rahme, -Räme waren, anders als heute, aus Laubholz, vorallem Buche. Relikte dieser Rahmholz-Wirtschaft findet man heute noch an durchgewachsenen Beständen vor allem im Privatwald (z. B. Scheidskopf-Kirchdaun oder Bandorf-Oberwinter). Der Name Ramers-bach leitet sich von diesen „Ramen-" Stützen:

Gestell, Stange ab (Wies, Manuskript zit. nach Leisen, 1992).

Bei der Rahmholzwirtschaft wurden Buchen-stämmchen in 3 Fuß (= 90 cm) Höhe geköpft. und die an dieser Schnittfläche treibenden Stockausschläge nach ca. 2-4 Jahren und Erreichen der gewünschten Stärke als Wingertspfähle entnommen. Anders als bei der Eichenschälwirtschaft wurde hier nicht die gesamte Fläche kahlgeschlagen, sondern jeweils nur die stärksten Reiser entnommen.

In den Wäldern findet man heute noch ein zusätzliches Relikt aus alten Zeiten - die Grenzbäume - Looch genannt. Diese Bäume markierten vor der Vermarkung mit Steinen die Grenzen. In nicht flurbereinigten Gemarkungen besitzen sie bis heute Gültigkeit.

Diese Grenzbäume wurden in Kopfhöhe abgeschlagen und ragten deshalb mit ihren Austrieben aus dem Niederwald hervor, selbstverständlich genossen diese Bäume den gleichen Schutz wie heutzutage Grenzsteine.

Im Bereich Sinzig ist die „Stumpeiche" auf dem Mühlenberg der bekannteste „Looch", ein Grenzbaum zwischen den Gemeindewäldern Westum und Sinzig.

Eine Mischform aus Hoch- und Niederwald bildet der Mittelwald. Hierbei wurde ein Teil der Bäume bei dem Kahlschlag auf der Fläche als Bauholzstämme belassen, die Laßreitel oder Laßreiser. Diese Form der Waldbewirtschaftung hat in unserem Raum nicht die Bedeutung gehabt wie in Süddeutschland. Im Sinziger Harterscheid stockt aber noch ein durchgewachsener Mittelwald - ca. 260jährige Eichen in der Oberschicht mit ehemals ungefähr 5 - 8 Meter langen Schäften und riesigen Kronen, und in der Unterschicht ca. 150jähnge Eichen und Buchen, d. h. die Mittelwaldwirtschaft wurde vor 150 Jahren aufgegeben und das Unterholz ist mittlerweile in die Kronenschicht eingewachsen. Die Niederwald- und auch die Mittelwaldwirtschaft waren sehr intensive Nutzungsformen. mit schnell wiederkehrenden Kahlschlägen. Viele lichtbedürftige, heute seltene Baumarten. die im ..Hochwald" herausgedunkelt wurden. hatten im Niederwald eine Lebenschance. z. B. Eisbeere, Speierling. Feldahorn, Wildapfel und -birne.

Daneben findet eine große Anzahl von Pflanzen und Tieren dort ihren Lebensraum, z. B. ist das Vorkommen des Haselhuhns mit dem Rückgang der Niederwälder im Rhein/Ahr-Raum geschrumpft.

Neben den ökologischen Gründen spricht auch ein kulturhistorischer Grund für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung von historischen Waldformen (vor allem dem Niederwald): Heute wird allenthalben versucht, alte Orts- und Stadtkerne zu erhalten, Fachwerkhäuser und historische Gebäude zu restaurieren. Dorfplätze und Fußgängerzonen wieder mit Kopfsteinpflaster zu befestigen, alte Bräuche werden wiederbelebt und an der Ahr tritt man für den Erhalt von alten Weinbergsterrassen ein: genauso sollte es Verpflichtung sein, zumindest auf kleiner Fläche, die den alten Ortskernen entsprechende historischen Waldbilder zu erhalten.

Quellen und Literatur

Landkreis Ahrweiler (Herausgeber) „Der Kreis Ahrweiler im Wände der Zeit" Bad Neuenahr-Ahrweiler 1993
Blum, Peter "Adenau am Nürburgring" Adenau 1952
Delaforgue "Wirtschaftskarte über die Waldungen der Gemeinden Sinzig. Coisdorf, Löhndorf und Westum. 1881"
Leisen, Rudolf „Chronik von Ramersbach und der Gemeinde Heckenbach 992 - 1992 Ramersbach 1992"   
Mündliche Auskünfte von Herr Heinz Schmalz Westum
Schwind Werner: Der Eifelwald im Wandel der Jahrhunderte". Düren 1984
Wenzel. Irmund "Ödlandentstehung und Wiederaufforstung in der Zentraleifel" Bonn 1962