Hans Kleinpass
Die "Kapelle der unbefleckten Empfängnis Ma-riens"in Rolandswerth1, im Jahre 1865 von den Gebrüdern Lützenkirchen als kleinere Privatkapelle erbaut, kam 1867 durch Schenkung zunächst in den Besitz des Erzbistums Köln. Pfarrer Meyer von Mehlem hatte am 6.4.1866 dem Bonner Dechanten Lammertz ausführlich über die "in Rolandseck" neu erbaute Kapelle berichtet und den Dechanten offenbar "unlängst" schon um deren Einweihung gebeten. Die Kapelle sei Privateigentum der Erbauer, hatte Pfarrer Meyer geschrieben, könne somit nur als Privatoratorium angesehen werden, worin gelegentlich eine hl. Messe gelesen werden könne. Den Einwohnern des Ortes werde zwar von den Eigentümern der Kapelle der Zutritt gestattet, aber dieser Umstand mache das Gebäude noch nicht zu einer öffentlichen Kapelle. Dies wäre, so der Pfarrer, erst dann der Fall, wenn die Kapelle etwa der Pfarrkirche Mehlem übereignet würde. Pfarrer Meyer hatte die Gebr. Lützenkirchen darauf hingewiesen, daß die Kapelle später profaniert werden könnte, wenn sie Privateigentum bliebe oder verkauft werde. Die Gestattung des Zutritts zur Kapelle sei dann von der beliebigen Gefälligkeit der Eigentümer abhängig und könne jederzeit beschränkt oder gar aufgehoben werden. Die Gebr. Lützenkirchen hatten dem Pfarrer jedoch erklärt, dieser Möglichkeit durch einen notariellen Vertrag vorbeugen zu wollen. Dechant Lammertz war der Meinung, es sei anzustreben, daß die Gebr. Lützenkirchen in dem geplanten Vertrag für den Fall ihres Todes die Kapelle der Pfarrkirche Mehlem zuweisen würden. Der damalige Erzbistums-Verweser in Köln schrieb schließlich am 14.4.1866 an Dechant Lammertz, die Erlaubnis zur Benediktion dieser Kapelle könne erst erteilt werden, wenn diese in das Eigentum der Pfarrei Mehlem übergegangen und dadurch zu einem "Oratorium publicum" geworden sei. Falls die Gebr. Lützenkirchen sich jedoch dazu nicht entschließen könnten, müßten sie die Genehmigung zum Lesen der hl. Messe in ihrem Privatoratorium vom Apostolischen Stuhl erwirken.
Situationsplan (Ausschnitt) vom Februar 1867/ Anlage zum Schenkungsvertrag.
Mit Schreiben an den Kölner Erzbischof vom 24.5.1866 brachten die Gebr. Lützenkirchen die Kapellen-Angelegenheit in Erinnerung. In einem weiteren Schreiben vom 26.11.1866, womit sie ihre Kapelle in Rolandswerth dem Erzbischöflichen Stuhl in Köln zum Geschenk anboten und den ersten Entwurf eines Schenkungsvertrages vorlegten, hieß es: "Jetzt nach Vollendung des Werkes hegen wir keinen sehnlicheren Wunsch als den, diese kleine Kirche recht bald dem öffentlichen Gottesdienst übertragen zu können und auch demselben für ewige Zeiten zu sichern".Gemäß Schenkungsvertrag vom 23.3.1867, beurkundet von dem Kölner Notar Justizrat Heinrich Wilhelm Claisen, ging die Rolandswerther Kapelle in das Eigentum des Erzbistums Köln über. Die Gebrüder Jakob und Ludwig Lützenkirchen, beide Kaufleute am Altenmarkt in Köln, handelnd für sich und als Mandanten ihrer Ehefrauen (ersterer für Charlotte, geb. Sorgenfrey / letzterer für Margarete, geb. Sorgenfrey) erklärten in diesem Vertrag, sie und ihre Mandantinnen seien gemeinsam Eigentümer einer in Rolandswerth, Pfarrei Mehlem und Bürgermeisterei Remagen gelegenen größeren Besitzung und hätten auf den von ihren Grundstücken eingeschlossenen Parzellen Flur 1, Nr. 547/280 und 279 "ein Kirchlein" erbaut. Weiter heißt es dann, "bei dem Baue dieses Kirchleins habe es in ihrer Absicht gelegen, dasselbe der ausschließlichen Abhaltung des katholischen Gottesdienstes zu widmen und es sei ihr Wunsch, damit sowohl sie selbst und ihre Familie sowie auch die in der Nachbarschaft wohnenden Katholiken zu Rolandswerth und Rolandseck dem Gottesdienste bequemer beiwohnen könnten, jenes Kirchlein an eine kirchliche Anstalt zum vollen Eigenthum abzutreten". Mit diesem Vertrag wurde also das "Kirchlein" mit einem Gelände von damals 14 Ruthen 90 Fuß dem "Erzb. Stuhle" zu Köln geschenkt, und zwar "zum sofortigen Besitzantritt". Außerdem umfaßte diese Schenkung das im Vertrag auf-gelistete Kirchenmobiliar im damaligen Schätzwert von insgesamt 946 Reichstalern und 26 Silbergroschen, darunter eine weiße, aus Gold gestickte Kasel, abgeschätzt zu 56 Taler; eine rote Kasel (34 TIr.); eine violette Kasel (30 TIr.); drei Alben (40 TIr.); Altartücher und Leinen im Werte von 30 Talern 26 Silbergroschen; ein silberner, im Feuer vergoldeter Kelch, abgeschätzt zu 60 Taler; ein Missale mit gotischem Gestell (42 TIr.); sechs große Leuchter von Messing (44 TIr.); vier Blumenvasen (18 TIr.); ein paar Pollen nebst Teller von Silber (30 TIr.); sieben Standfiguren (200 TIr.); acht große Bänke (150 TIr.); eine kleine Bank (12 TIr.) sowie ein Altar von Stein und Holz (200 TIr.).
Außerdem verpflichteten sich die Schenkgeber laut Vertrag, "alle Reparaturen für das in Rede stehende Kirchlein, die Feuer-Versicherungsbeiträge und alle darauf haftenden öffentlichen Lasten sowie auch sämtliche Kosten, welche der darin abzuhaltende Gottesdienst verursachen werde, zu bestreiten", solange ihre Besitzung bzw. das dazu gehörige Wohnhaus im Eigentum eines Mitglieds ihrer Familie verbleibe. In diesem Schenkungsvertrag sicherten die Gebr. Lützenkirchen sich schließlich auch "eine Gang-Gerechtigkeit über den Treppen-Aufgang
und den Rundgang um die Kirche als ein ihrer nahe gelegenen Villa anklebendes Servitut-recht", legten aber auch vertraglich fest, "es solle die Gang-Gerechtigkeit niemals in einer Weise ausgenützt werden dürfen, daß dadurch die Abhaltung des öffentlichen Gottesdienstes in der Kirche irgendeine Störung erleiden könnte". Außerdem sicherten die Schenkgeber sich laut Vertrag den Besitz eines Schlüssels zur Kirche "zur Besorgung der Reinigung derselben und der sonst erforderlichen Bedienung der Kirche", hatten schließlich auch "das Recht der Benutzung eines geschlossenen Stuhles", solange die öffentlichen Lasten und die Kosten der Reparaturen sowie des Gottesdienstes von ihnen getragen wurden. Abschließend äußerten die Schenkgeber auch in diesem Vertrag den ausdrücklichen Wunsch, "daß das von ihnen erbaute und kraft des Gegenwärtigen dem Erzb. Stuhle geschenkte Kirchlein für alle Zeiten dem öffentlichen katholischen Gottesdienste geweiht bleiben und dieser Gottesdienst zum geistlichen Wohle ihrer Familie und insbesondere auch der katholischen Bewohner von Rolands-werth und Rolandseck dort abgehalten werde". Beurkundet wurde diese Schenkung seinerzeit im Erzbischöflichen Palais zu Köln, Gereonstraße 18, und zwar im Beisein des Kölner Erzbischofs Dr. Paulus Melchers. Dieser nahm die Schenkung dankend an und erklärte laut Vertrag, "dafür nach dem Umfange seiner oberhirt-lichen Befugniß Sorge tragen zu wollen, daß nach Maßgabe der dargebotenen Mittel gemäß den allgemeinen kirchlichen sowie den besonderen Diözesan-Statuten in genannter Kirche der katholische Gottesdienst abgehalten werde."Durch Allerhöchste Ordre vom 29.7.1867 genehmigte der preußische König die Schenkung der Kapelle Rolandswerth an das Erzbistum Köln. Eine außen an der Apsis angebrachte, inzwischen reichlich verwitterte Kreuzblume vom Kölner Dom dokumentiert übrigens auch die Zugehörigkeit Rolandswerths zum Erzbistum Köln. Auf Bitten der Gebr. Lützenkirchen ersuchte Dechant Lammertz am 15.8.1867 den Erzbischof um die Erlaubnis zur Einweihung der Rolandswerther Kapelle. Bereits einen Tag später wurde die Genehmigung erteilt, und am 30.8.1867 teilte Dechant Lammertz dem Erzbischof mit, er habe am 29.8.1867 (Donnerstag) die Kapelle in Rolandswerth "unterdem Titel der unbefleckten Empfängnis der allerseligsten Jungfrau Maria und dem Patronate des hl. Apostels Paulus"feierlich benediziert. Im Handbuch der Erzdiözese Köln von 1869(12. Aufl., S. 42) wurde erstmalig unter der Pfarre Mehlem auch Rolandswerth erwähnt mit 712 Seelen und der "Kapelle in hon. B.M.V. sine labe conc.". Später ist diese Kapelle in den kirchlichen Handbüchern "s.t. Immaculatae Conceptionis" (Unbefleckte Empfängnis) aufgeführt.
Kreuzblume vom Kölner Dom an der Apsis der Kapelle Rolandswerth (1997).Am 2.5.1870 schickte das Erzbischöfliche Generalvikariat Köln eine Abschrift des Schenkungsvertrages an Pfarrer Meyer in Mehlem mit dem Auftrag, "diese Abschrift im Archive der Kirche zu Mehlem zu deponieren und mit dem Bemerken, daß nach dem Inhalte dieses Schenkungsaktes dem Kirchenvorstand zu Mehlem ein Recht auf Erhebung des in der Kapelle eingehenden Opfers solange nicht zusteht, als die Gebrüder Lützenkirchen die Kosten des Gottesdienstes in der Kapelle bestreiten".
Mit Vertrag vor Notar Dr. Paulin Baum in Bad Godesberg vom 4.8.1932 (UR-Nr, 739/32) übertrug das Erzbistum Köln die Kapelle Rolandswerth mit den zugehörigen Grundstücken, damals drei Parzellen von insgesamt 2 ar 85 qm, in das Eigentum der Kath. Pfarrgemeinde St. Severin in Mehlem.
Nach wiederholtem Um- und Ausbau (Anbau eines Querschiffs im Jahre 1938 nach den Plänen von Heinrich Wiest2, Aufstockung in den Jahren 1985/86 nach den Plänen und unter Bauleitung der Kölner Architekten Willi Zachert und Theodor Niessen) wurde der ursprünglich nur 8 Meter lange und 5 Meter breite Kirchenraum schließlich verdreifacht. Auf diese Weise entwickelte sich aus der ursprünglichen Privatkapelle das heutige Gotteshaus, das westlich der Eisenbahnstrecke etwas versteckt am Hang liegt und über mehrere kurze Treppen von der Brunnenstraße aus erreichbar ist. Die Villa Lüt-zenkirchen in Rolandswerth hat im Lauf der Jahrzehnte nach und nach mehr als ein halbes Dutzend verschiedene Besitzer gehabt, aber ihr "Kirchlein" haben die Gebr. Lützenkirchen durch den Schenkungsvertrag von 1867 den Rolandswerthern auf Dauer gesichert, und nicht nur dafür sind die Rolandswerther den Gebrüdern Lützenkirchen zu Dank verpflichtet.
Anmerkungen:Kapelle Rolandswerth, Ansicht von der Marienhöhe: Erweiterungsbau von Südwesten, 1997