Br. Reinhold Teutenberg OSB (1864-1935)
Mönch und Bildhauer in Maria Laach
Helmut Poppelreuter
Portraitbüste von Br. Reinhold Teutenberg1)
Der antiquarische Kauf zweier Marienfiguren aus Gipsmasse mit dem Monogramm von Maria Laach war für mich ein Glücksfall, da diese heute nicht mehr hergestellt werden. Der Entwerfer bzw. Modelleur der kleinen Kunstwerke ist aber allein durch die Monogrammierung nicht zu ermitteln. Bei Recherchen im Kloster Maria Laach erfuhr ich vom Prior der Abtei, Pater Drutmar Cremer, daß die Modelle für die beiden Figuren von Bruder Reinhold Teutenberg geschaffen wurden. Abgüsse wurden damals angefertigt und verkauft. Der Bildhauer Bruder Reinhold Teutenberg gehört neben dem Maler Bruder Notker Becker (1883-1978) zu den bedeutendsten Vertretern der "Laacher Schule".
Lebenslauf
Reinhold Teutenberg wurde am 22. Juli 1864 in Werl/Westfalen als Sohn des Büchsenmachers und Graveurs Gerhard Teutenberg und seiner Ehefrau Maria geb. Biewer geboren. Nach der Volksschule besuchte er ein Jahr lang die Rektoratsschule seiner Heimat. 1879 trat er bei dem Bildhauer L. Braun in Werl in die Lehre. 1882 siedelte Teutenberg mit seinem Lehrmeister nach Paderborn über und fand nach vollendeter Ausbildung Aufnahme im Atelier des Bildhauers Fleige in Münster, wo er ein Jahr verblieb. Auf Bitten seines Lehrmeisters kehrte Teutenberg wieder nach Paderborn zurück und arbeitete zwei Jahre bei ihm als Gehilfe. Von 1888 bis 1893 lebte der Künstler überwiegend in München, wo er bei dem Bildhauer Dressel und kurze Zeit auch bei dem berühmten Bildhauer Adolf von Hildebrand Gehilfenarbeit leistete. Nach dem Münchener Aufenthalt entschloß sich Teutenberg wieder in seine Heimat nach Werl zurückzukehren, um dort selbständig zu arbeiten, zumal seine Eltern inzwischen auf seine Unterstützung angewiesen waren. Erführte kleinere Auftragsarbeiten aus und trat 1896 in der Ausstellung für christliche Kunst anläßlich des Deutschen Katholikentages in Dortmund mit dem Eichenholz-Relief „Der Gekreuzigte, von Engeln beweint" an die Öffentlichkeit. Dieses Bildwerk fand das Interesse von Kennern und verschaffte ihm ein Stipendium zur Fortsetzung seiner Studien. Von 1897 bis 1901 war Teutenberg Schüler der Münchener Akademie bei Professor Rümann. Eine mehrmonatige Studienreise nach Italien bildete den Abschluß seiner Münchener Studienzeit. Hiernach kehrte er nach Werl zurück, um sich als freischaffender Künstler fast ausschließlich der kirchlich-religiösen Kunst zuzuwenden. So schuf er 1904/05 eine lebensgroße Statue des hl. Aloisius in Eichenholz für die Werler Pfarrkirche sowie jeweils einen Kruzifixus für deren Kreuzalter und für das Krankenhaus der Vinzentinerinnen. Für die Kapelle der Ursulinen fertigte er einen Kreuzweg aus Ahornholz an. Hier erteilte Teutenberg auch Unterricht im Zeichnen und Malen. Er faßte nunmehr den Entschluß ins Kloster zu gehen, um seine Kunst ganz in den Dienst Gottes zu stellen.
Am 27. Juli 1906 trat er zweiundvierzigjährig in Maria Laach ein, um als Bruder Reinhold sein klösterliches Leben zu beginnen. Nachdem er am 10. Februar 1910 die ewigen Gelübde abgelegt hatte, gehörte er der Klostergemeinschaft für immer an. Zuerst war er ein Jahr als Hausbruder beschäftigt und führte den Besen statt Pinsel und Meißel. Hiernach kam Bruder Reinhold ins Atelier, um unter der Leitung von P. Andreas Göser noch einmal Lehrling und Schüler zu sein, in einer harten Schule, die ihm viele Opfer auferlegte. 1911 schickte man ihn ins Kloster Beuron, wo er vom Altmeister und Begründer der Beuroner Kunst, P. DesideriusLenz, in dessen stilistische Ideen und Prinzipien eingeweiht wurde. Nach diesen langen Lehrjahren konnte er dann im Laacher Atelier als selbständig schaffender Meister beginnen. Bis zu seinem Tode am 29. Oktober 1935 schuf er zahlreiche religiöse Kunstwerke.
Künstlerisches Werk
Zu seinen Arbeiten gehören u.a. Heiligenstatuen, Reliefs und Plaketten, Entwürfe für Hirtenstäbe und Grabmale sowie kunstgewerbliche Arbeiten. Er machte sich einen Namen, der in die Literatur der christlichen Kunst Eingang fand.2) Seine künstlerischen Arbeiten sind nach Ideengehalt und Formgestaltung vom Geiste Maria Laachs und dem monastischen Leben der Abtei inspiriert.
Man findet Werke von ihm im inneren und äußeren Klosterbereich. Hier sollen besonders drei Hauptwerke des Künstlers angesprochen werden, die noch gut erhalten sind und in besonderer Weise das Schaffen Bruder Reinholds erkennen lassen.
Figur des Ordensvaters St. Benedikt.
Himmelskönigin mit dem Christusknaben.
In einer Wandnische im Kreuzgang des Klosters steht auf einem Basaltsockel von 150 cm Höhe die 185 cm hohe Figur des Ordensvaters St. Benedikt aus weißem Baumberger Sandstein. Auf alle, die das Claustrum betreten oder durch den Kreuzgang schreiten, schaut St. Benedikt in Ruhe und väterlicher Majestät. In seinen Händen hält er ein aufgeschlagenes Buch mit der Schrift ECCE LEX (Siehe das Gesetz); Regel des hl. Benedikt, Kap. 58/10), hinweisend auf das Gesetzbuch des mönchischen Lebens. Die Figur wurde zuerst als Bronzestatue ausgeführt und Kaiser Wilhelm II. am 14. Juni 1913 von dem damaligen Abt Fidelis zu seinem 25jährigen Regierungsjubiläum geschenkt.
Ein weiteres Bildwerk von Bruder Reinhold befindet sich im Gastflügel der Abtei. Es stellt die Himmelskönigin mit dem Christusknaben dar. Die Gottesmutter sitzt auf einem Thronsessel und hält als Herrin des ihr geweihten Laacher Klosters in der rechten Hand ein Zepter und umfängt mit der linken das neben ihr stehende Kind, welches seine Hände dem Ankommenden oder Betenden entgegenstreckt. Die Komposition ist aus weißem Marmor gehauen und bis ins Detail durchgearbeitet. Auf der Vorderseite ist die Schrift: PAX VOBIS (Friede sei mit Euch) eingemeißelt und auf der Seite das Monogrammzeichen von Maria Laach sowie die Jahreszahl 1925. Die Plastik steht auf einem 120 cm hohen rötlichen Marmorsockel und ist 118 cm hoch.
Mondsichelmadonna im Klostergarten.
Ein drittes Hauptwerk von Bruder Reinhold befindet sich im Klostergarten in der Nähe des Ostchores der Kirche. Es ist die auf einem hohen Sockel stehende etwa lebensgroße Steinfigur der Gottesmutter als Mondsichelmadonna. Auf dem Sockel die Schrift: IMMACULATA (Unbefleckte Empfängnis). Dieses Monument hat für die Abtei eine besondere Bedeutung. Im Jahre 1913 wurde sie gelobt für glückliche Bewahrung vor Typhus-Gefahr, die damals das Kloster bedrohte. Das Modell erregte beim letzten Kaiserbesuch im Jahre 1913 die besondere Aufmerksamkeit Wilhelms II. und wurde ihm deshalb als kleine Silberstatue überreicht.
Eine Ausfertigung der Mondsichelmadonna befindet sich außerdem in der St. Marien Kirche in Bad Neuenahr. Sie steht auf dem Altar der Marienkapelle des Umgangschores. Diese wertvolle Holzfigur ist einschließlich Sockel 104 cm hoch. Auf einem Messingschildchen steht die Bezeichnung: IMMACULATA, Bruder Reinhold Teutenberg 1915, Maria Laach. In der Figurenauffassung ist sie dem Beuroner Stil und den bildhauerischen Tendenzen der Sakralskulptur von 1910-1920 verpflichtet.
Für die Sakramentskapelle der Abteikirche Maria Laach schuf der Künstler die Figuren der anbetenden Engel, die zu beiden Seiten vom Tabernakel ehrfürchtig Weihrauchschalen darbieten.
Im äußeren Klosterbereich haben schon einige in Tuffstein gearbeitete Werke von Teutenberg ihre ursprüngliche Schönheit durch Verwitterung verloren. So ist das in die Basaltsteinmauer am Kirchenvorplatz eingefügte Tuffstein-Relief, das die in der Laacher Gegend verehrte hl. Genovefa mit ihrem Sohn Schmerzensreich3) darstellt, inzwischen stark verwittert und auch beschädigt. Die eingehauene Jahreszahl 1921 ist nur noch schlecht lesbar. Mit Efeuranken ist es fast zugewachsen.
Im weiteren Verlauf der Mauer, die nun aus Tuffstein besteht, ist ein Tuffstein-Relief, das den hl. Benedikt darstellt, eingefügt. Auch hier hat die Zeit ihre Spuren hinterlassen.
Ein beherrschendes Tuffstein-Monument, welches „Christus als Triumphator" zeigte und früher auf dem Mönchsfriedhof stand, war ganz verwittert und mußte daher beseitigt werden. Mögen auch die Zeichen der Vergänglichkeit hier und da an einem Werk des frommen Mönches und begabten Künstlers Bruder Reinhold Teutenberg zu sehen sein, so sollten doch die noch verbliebenen Schätze der Abtei, ihren Mönchen und Besuchern erhalten bleiben, um weiter das LAUDATE DOMINO (Loblied des Herrn) über die Zeit hinaus zu verkünden, das besonders in Maria Laach zu einem harmonischen Dreiklang von GEBET-KUNST-NATUR vereint ist.4'
Anmerkungen:
Portraitbüste von Br. R. Teutenberg von Alphons Biermann. Material Gips braunlich getonl. Ein Steinabguß steht auf einer Konsole über dem Eingang zum Atelier des jetzigen Leiters der Laacher Bildhauerei, des Bildhauers Hans Gerd Biermann Br. Reinhold war der Onkel des Bildhauers Alphons Biermann 11906-1977). der von 1937 bis 1977 die Bildhauerei der Kunstwerkstätten der Abtei Maria Laach leitete. Seit 1977 ist sein Sohn Hans Gerd (geb. 1933) Leiter
Anläßlich des 60. Geburtstages von Br, Reinhold Teutenberg am 22.7.1924 hat P.J. Kreitmaier S J., der Interpret Beuroner Kunst das Wirken des Künstlers in der Zeitschrift: Die christliche Kunst (XX 1923,24. S. 105 ff.) beschrieben
Siehe Hinweis und Abo im Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1983, S 50,
Der Verfasser dankt den Mönchen und Angestellten der Abtei Maria Laach für wichtige Auskünfte und freundliche Betreuung während seines dortigen Aufenthaltes
Literatur:
Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Band 32 S. 570.
Josef Kreitmaier S. J. , Br. R. T. OSB, in Die christlicne Kunst, 20 Jg. (1923,24), S. 105-112
Ders.. in, Beuroner Kunst, Hrsg Herder, Freiburg i. Br. 1923. S. 42 f, u. Tafel 31
Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner Ordens, 40 [1920] S 269 f.
Totenchronik aus Maria Laacn, Br R T , gest am29.10.1935,
P. Emmanuel v. Severus OSB, in: Die christliche Kunst, 32, Jg . Heft 3, Dez, 1935. S, 96 - Personalnachrichten -
Ders., in: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1983, Umweltschutz -einmal anders gesehen Kunstwerke aus dem Laacner Kloster im Kreise Ahrweiler. S. 47-50.
Kreisverwaltung Ahrweiler (Hrsg.f: Madonnen im Landkreis Ahrweiler, Bad Neuenahr-Ahrweiler
1989 S. 24
900 Jahre Abtei Maria Laach Begleitheft zur Sonderausstellung in Andernach 1993, S 115-117.