Holunderanbau in Ahrbrück

Bringfried Flamm

Idee und Planung

Seit 1979 wird in Ahrbrück der schwarze Holun-der (Sambucus nigra) plantagenmäßig angebaut. Der Entschluß hierzu wurde nach einer Lehrfahrt des Koblenzer Obstbaurings im Jahre 1977 nach Österreich gefaßt. Dort lernte Anton Schuth in Klosterneuburg bei Wien und in der Steiermark bei Professor Strauß den Holunderanbau in Plantagen kennen. Da der Holunder erst im Juni blüht und somit nicht durch bei uns häufig auftretende Maifröste gefährdet ist, war ein Anbau auch in Ahrbrück von den klimatischen Voraussetzungen her möglich.

Nach der Rückkehr suchte Anton Schien Mitstreiterfür ein solches Projekt, die Interesse und Mut aufbrachten, den Anbau zu wagen. Es war schließlich etwas Neues und Unbekanntes in unserer Gegend. Keiner konnte wissen, ob es gelingenwürde, denn viele Fragen, auch die der Vermarktung, waren völlig offen. Schließlich fanden sich vier Mann, die den Mut zum Aufbau aufbrachten: Anton Schuth, Bringfried Flamm, Helmen Krüger und Klaus Krüger. Nachdem entsprechende Flächen gekauft oder angepachtet waren, konnte die Aufbauarbeit beginnen.

Dabei merkten wir schon bald, daß noch viele Steine auf unserem Weg lagen und manche bürokratische Hürde genommen werden mußte.

Auf Anraten der LLVA in Walporzheim sollten vor dem Anbau Abnahmeverträge mit Vermarkterfirmen abgeschlossen werden. Die Bemühungen darum lösten einen regelrechten "Papierkrieg" aus. Das Ergebnis war allerdings enttäuschend. Keine Firma wollte nämlich einen Vetrag mit uns abschließen.

Inzwischen war schon ein Jahr vergangen und wir standen vor der Frage, machen wir es oder lassen wir die Finger davon? Wir kamen aber nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung, daß wir den Anbau des Holunders in der Eifel wagen sollten.

Anlage der Plantage

Das war der Startschuß und im Frühjahr 1979 pflanzten wir etwa 1.700 Holunderbäume in Ahrbrück. Erstmals in der Bundesrepublik wurden zwei Sorten angebaut. Die Sorte Haschberg aus Österreich und die Sorte Schwarzer Diamant aus Hamburg-Bergedorf.

Im Denntal bei Ahrbrück stehen derzeit rund 1.350 Holunderbäume in der Anlage Schuth und Flamm auf 2,5 ha.

Angebaut wird nach den Richtlinien der ANOG (Arbeitsgemeinschaft für naturnahen Anbau von Obst und Gemüse) ohne Spritzmittel und Düngung mit Naturdünger. Die Anlagen stehen in einem freundlichen Wiesental und sind von Wald umgeben. Bald stellten sich allerdings die ersten Feinde ein. Wühlmäuse, denen die Wurzeln des Holunders besonders gut schmecken. 1981 mußten wir deswegen über 650 Bäume nachpflanzen.

Saftgewinnung

1982 hatten wir die erste Ernte. Geplant war ursprünglich, die Beeren zu ernten und an Safthersteller zu verkaufen. Da das aber nicht funktionierte, mußten wir den Saft selbst herstellen. Mit Unterstützung der LLVA in Walporzheim gelang es 1982. Die Qualität des Saftes fanden wir aber nicht ganz ausreichend, da die Beeren kalt gepreßt wurden. Außerdem zerplatzten einige Flaschen, weil der Saft nicht bis 73 Grad erhitzt worden war. Umdenken war angesagt und wir stellten den Saft selbst her. Seit 1983 über Dampfentsaf-tung, denn das ist das schonendste Verfahren. Bei Erhitzung bis 75 Grad bleiben arte wertvollen Inhaltsstoffe erhalten, aber das Sambunigrin, das Übelkeit verursachen kann, verflüchtigt sich. Inzwischen stellen wir Holundernektar, Holunderwein und Holundergelee her.

Die Blüte des Holunders ist Ende Juni und die Ernte Mitte September. Während der Blüte lohnt sich eine Wanderung durch das Denntal. Besucher sind immer wieder vom Anblick und dem Duft der blühenden Plantagen überrascht. Über die Ahrweiler Obstbautage konnten wir unsere Produkte der hiesigen Bevölkerung vorstellen und bekanntmachen. 1985 half uns auch das ZDF mit der Sendung "Glaskasten".

Holunder • die gesunde Beerenfrucht

Holunder, den wir in Form des Saftes zu uns nehmen können, hat schon lange seine Bedeutung als Naturheilmittel.

Hippokrates, der Vater der Medizin, verordnete schon Holunder zur Gewebeentwässerung. Kein Zufall, ist doch der Holunder mit 300 - 400 mg Kalium auf 100 g Beeren die kalireichste Frucht, die wir kennen. Holunderbeeren enthalten mehr Vitamin C als alle anderen Obstsorten, die wir kennen. 40-50 % der freien Aminosäuren sind Lebenswichtig.

Der hohe Mineralgehalt von insgesamt 6-10 g/l entspricht etwa dem zwei- bis vierfachen des Apfelsaftes. Die Fruchtsäuren und Mineralstoffe wirken außerdem blutreinigend. Der Holundernektar wird wieder als natürliches Hausmittel entdeckt. Er wirkt schweißtreibend, mild abführend, aktiviert die Körperabwehr, befreit bei Husten und Bronchialerkrankungen und steigert die Vitalität.

Der Holunderstrauch des Einödbauern war früher die eigene Apotheke. Die Holunderbeeren sind ein kleines Gesundheitsdepot. Schon zu Großmutterszeiten trank man den altbewährten Holundernektar heiß bei Grippe, Husten, Heiserkeit. Unser Motto lautet darum:

"Bei Grippe, Husten, Heiserkeit halt stets Holundersaft bereit.
Mit Saft aus Ahrbrück, haben die Viren kein Glück!"

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Holunderplantage Ahrbrück, 1995.