Mechtild StoIpmann-Blum
Anfang November wird in einigen Orten im Kreis ein besonderes Gebäck zubereitet, das Hubertusbrot und der Hubertuswecken, einem jahrhundertealten Brauch folgend. Dieses Brot wird beziehungsweise wurde, nach Ortschaften verschieden, den Menschen oderden Tieren gegeben. Der Brauch geht zurück auf Hubertus, geboren um 655 und gestorben 727.
Die Hubertuslegende
Er ist ein auch heute noch beliebter Heiliger. Über seine Herkunft und Jugend gibt es unterschiedliche Berichte. Sicher ist, daß er Bischof von Tongern-Maastricht war. 722 verlegte er den Bischofssitz von dort nach Lüttich. Er starb am 30. Mai 727 in Tervuren/Brüssel. Bereits am 3. November 743 wurde er heiliggesprochen. An diesem Tag wird er seitdem gefeiert. Sein Grab befindet sich in Saint-Hubert in den Ardennen/Belgien. Mehrtach wurden seine Gebeine umgebettet, um sie vor feindlichen Truppen in Sicherheit zu bringen. Wo sie heute sind, weiß man nicht. Das angesehene Ardennenkloster wurde im 9. Jahrhundert ein Kultzentrum der Hubertusverehrung.
Es gibt fünf unterschiedliche Berichte über den ersten Teil seines Lebens. Danach soll er aquitanischer Adliger gewesen sein und somit ein Vorfahre der französischen Könige. Diese waren große Jagdliebhaber, und so wurde Hubertus zum Patron der Jäger. Angeblich war er verheiratet und soll aus dieser Ehe einen Sohn gehabt haben. Wohl am bekanntesten ist die Legende von seiner Bekehrung: Auf der Jagd habe er plötzlich einem Hirsch gegenübergestanden. der zwischen den Geweihstangen ein Kreuz getragen haben soll. Wahrscheinlich hat die Legende dazu gedient, das Jagdpatronat des Hubertus zu begründen, das es bereits gab. Wie dem auch sei, irgendwann wurde das Leben dieses Mannes in eine bestimmte Richtung geleitet. Vieles spricht dafür, daß die Hirschlegende aus dem Bereich des Eustachius kommt, der zu den vierzehn Nothelfern zählt und im 2. Jahrhundert als Märtyrer starb. Übernommen wurde sie für Hubertus im 15. Jahrhundert.
Darstellungen Im KreisgebietDie Hubertusverehrung und die damit verbundenen Kirchen und Kapellen gehen zurück auf das späte Mittelalter und die beginnende Neuzeit. Die meisten deutschen Patrozinien befinden sich auf der linken Rheinseite, in der Eifel. Im Kreis Ahrweiler sind einige Hubertuskapellen.
Hubertus-Kapelle, Hönningen
Die in Birresdorf stammt aus dem 17. oder frühen 18. Jahrhundert. Auf dem Ankerbalken im Chor ist die Hubertusjagd dargestellt. Es sind - etwa 30 Zentimeter hoch - Holzfiguren, die Personen tragen die Kleidung des späten 18. Jahrhunderts. Geschaffen wurde das originelle Kunstwerk 1803 von Peter Josef Schmilz. Es ist die bekannte Szene: Hubertus, der Hirsch, Pferd, Hund und Gefolge. Die jetzige Inschrift lautet anders als die frühere: Ecce ego mittam eis venatores et venabuntur eos. Zu deutsch: Siehe, ich werde ihnen Jäger schicken und sie werden diese jagen.1982 wurde die Kapelle aus verkehrstechnischen Gründen etwa zwanzig Meter talwärts verschoben und um neunzig Grad gedreht.
Im Bölingen gab es bereits 1668 eine Kapelle, sie wurde 1716 durch einen Neubau ersetzt. 1918 wurde diese wegen Baufälligkeit abgetragen. Erst 1954 entstand der heutige Bau. Hubertus und der Hirsch sind an der Außenwand zu sehen, innen findet man den Heiligen auf einem Fenster der rechten Seite, als Jäger mit Bogen und Hirsch.
In Ehlingen gab es schon im 17. Jahrhundert eine Kapelle. Das Schiff wurde 1773 erneuert. Der kleine Chor mit rundbogigen, vergitterten Fenstern ist wahrscheinlich älter. Aus neuerer Zeit stammt der Hubertus auf dem barocken, säulenverzierten Hochaltar. Außerdem gibt es noch zwei Hubertusskulpturen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Die Hannebacher Kapelle stammt aus dem 16./ 17. Jahrhundert. Bemerkenswert ist der aus kräftigen Holzbalken gezimmerte »Aufstand«, wie man dort die Empore nennt. Sie wurde 1696 errichtet, so die Inschrift. Gegenüber dem Eingang befindet sich ein Hirschgeweih mit einem Kreuz als Hinweis auf Hubertus, es stammt aus den dreißiger Jahren. Der frühbarocke Altar trägt das Bild des Schutzheiligen, der den Hirsch umarmt. Außerdem gibt es an der rechten Wand eine Holzplastik, Hubertus als Bischof.
Im Jahre 1610 wurde die Kapelle in Hönningen konsekriert. An der Außenwand, oberhalb des Eingangs, war früher ein Ölbild von 1764 auf Leinwand, das die Hubertusjagd darstellt. Zur Zeit wird es bei der Gemeindeverwaltung aufbewahrt. Der barocke Altar umschließt ebenfalls ein Ölgemälde auf Leinwand. Hier ist die Kreuzerscheinung dargestellt.
Darstellung des hl. Hubertus in Hannebach
Hl. Hubertus. Ölgemälde in der Wimbacher Kapelle
Mehrfach wurde dieser Altar restauriert, unter anderem dank der Interessengemeinschaft Hubertuskapelle, die durch die Dorffeste wesentlich zur Finanzierung beigetragen hat.Die heutige Kapelle am Ortsausgang von Wimbach stammt aus der Zeit von 1923/26. Sie wurde an Stelle einer im Ort gelegenen Kapelle von 1819/20 errichtet. Der Altar, Mitte 17. Jahrhundert, kommt aus der alten Kirche und zeigt Hubertus als Bischof. Das erste Fenster rechts trägt sein Bild als Jäger. Beachtenswert ist das Ölgemälde links vom Eingang. Es befand sich ursprünglich am Fuß des Altares in der alten Kapelle. Eigenartig die doppelseitige Bemalung.
In der Laurentiuskirche in Ahrweiler findet sich Hubertus im südlichen Seitenschiff als Bischof mit Buch und Hirsch, als Teil einer Wandmalerei aus dem 15. Jahrhundert.
Hubertusbräuche
Zu den Aufgaben des Bischofs Hubertus gehörte auch die Versorgung seines Sprengeis in Zeiten der Not mit Getreide. Sodann kennt man Legenden und Berichte über Wunder. In diesen Kreis gehört der Bericht, er habe während einer Predigt einen Tollwutkranken geheilt. Von daher erklären sich die verschiedenen Hubertusbräuche: Hubertusbrot, Hubertusschlüssel und Hubertusstola. Hubertusbrot gibt es in Ehiingen am Hubertustag, dem 3. November. Die Gabe wird geweiht und verteilt während einer Messe am Abend. In Birresdort werden während der Messe Wecken aus Hefeteig gesegnet und verteilt. Auch der Jagdpächter kommt mit seinen Leuten zur Messe. In Bölingen dagegen findet sich kein Hubertusbrauch mehr. Auch nicht in Hönningen, wohl wird dort an Fronleichnam ein Altar vor der Kapelle errichtet. Außerdem veranstaltet die Interessengemeinschaft von Zeit zu Zeit ein Kapellenfest mit Tombola, Essen und Trinken. Das erwirtschaftete Geld kommt der Kapelle zugute. Zeitweise wurde die Kopie eines Inflationsgeldscheines mit gutem Erfolg verkauft. Im Wimbach feiert man Kirmes am Hubertustag. Dann gibt es gesegnete, eigens für dieses Fest gebackene runde Brötchen. Sie werden nach der Messe, beim Rundgang um den Altar, ausgeteilt. In früheren Zeiten wurde auch Brot für das Vieh in der Messe gesegnet. Zwischen Wimbach und Adenau steht ein Basaltkreuz von 1750. Es wurde errichtet nach einem Tollwutunfall im »Großen Pesch«. Die Bauern, die Besitz dort hatten, mußten, je nach Größe der Felder, Roggen abliefern beim Küster. Dieses Korn wurde getrennt von anderem Getreide gemahlen und zu Hubertusbrot verarbeitet. Beim Gang zu den Roratemessen im Advent hatten die Leute früher dieses geweihte Brot in der Tasche gegen den eventuellen Angriff tollwütiger Hunde. Es wird berichtet, daß in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg eine achtzigjährige Frau dieses Brot noch in der Tasche ihres Rockes trug, wenn sie den nicht gerade kurzen Weg von Wimbach nach Adenau zur Messe frühmorgens zurücklegte. In Hannebach wird ebenfalls an Hubertus Kirmes gefeiert. Bräuche kennt man dort keine mehr. Wohl wird ein feierliches Hochamt zu Ehren des heiligen Hubertus gefeiert, wobei das Jagdhornbläserkorps aus Kempenich für den musikalischen Rahmen sorgt. Es gibt außerdem ein besonderes Hubertuslied.
In Hillesheim/Kreis Daun gibt es das Zunftbuch der Hubertusbruderschaft, das 1782 erneuert wurde. Dort findet sich die Gebrauchsanweisung für die Anwendung des Hubertusschlüssels, der den tollwutkranken Tieren als Heilmittel auf die Bißwunde gedrückt wurde. Hierbei handelt es sich um einen Nagel, dessen Kopf ein stilisiertes Jagdhorn trägt. Der Gebrauch des Hubertusschlüssels war weit verbreitet in Deutschland, von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert hinein.
Es gibt verschiedene Ursachen für die Verehrung des heiligen Hubertus: Einmal die historische Persönlichkeit, den Bischof. Sodann waren die Mönche von Saint-Hubert wirksame Kultträger. Nicht zu vergessen die natürliche Hinwendung der Menschen in Not, etwa gegen die Plage der Tollwut, aber auch im fröhlichen Alltag, wozu die Jagd bei einigen gehört, zu den dafür zuständigen Heiligen. Gerade bei Krankheiten spielten diese, vor allem in früheren Zeiten, eine große Rolle. In Deutschland beginnt die Hubertusverehrung im 15. Jahrhundert.
Heute gibt es zwar keine Benediktiner mehr im belgischen Saint-Hubert, aber der Volksheilige erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Viele Schützengesellschaften tragen seinen Namen. Als deren Patron rangiert er gleich nach Sebastian.
Literatur
Ezechiel Britschgi, Name verpflichtet (Würzburg/1960) Paul Ciemen, Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler Band 1 und 2 (Düsseldorf/1938)