Ein aktiver Beitrag zum Denkmalschutz

Die Restaurierung der 850jährigen Propsteikirche Buchholz 

Wolfgang Dietz, M. A.

In achteinhalb Jahrhunderten hat die Propstei Buchholz eine wechselvolle Geschichte durchlaufen:

1135 erstmals urkundlich erwähnt und mit »allen Erträgnissen von Weiler, ausgenommen die der Weinberge und des älteren Hofes«1 den dort lebenden Brüdern ein Auskommen gewährend, wurde bereits 1163 eine feste Regelung zwischen der noch jungen Propstei, vertreten durch deren Bewohner, und ihrem damaligen Vogt Konrad getroffen, die besagte, »daß der Vogt an jährlichen Naturallieferungen ein Mltr. Weizen, 2 Mltr. Hafer, 4 Maß Wein, 12 Denare für Fleisch und 4 Denare für Bier erhalten solle. Hatte der Abt in M. Gladbach die Weinberge -es waren 24 Morgen - und anderen Besitz als sein Tafelgut innegehabt, so sollte 1262, damit die Brüder keinen Mangel litten, das Haus Buchholz, nicht aber die Weinberge, an den Buchholzer Konvent übergehen. Langsam folgten andere Zuwendungen; so 1266 der Gleeser Bach, damit für den Tisch auch Fische zur Hand wären«2. 

Buchholz, ehemaliges Propsteigebäude (r.) und Kirche

Dennoch kam es im Verlaufe der nächstenJahrhunderte immer wieder zu wirtschaftlichen Rückschlägen und - was oft noch schwerer wog - zu Rechts- und Grenzstreitigkeiten mit den eigenen Vögten bzw. mächtigen Nachbarn (1271 mit Johann von Gondorf; vor 1348 mit dem Rektor der Lambertikapelle in Köln; 1472-1524 mit Johann und Dietrich von Kettig; 1544 -66 mit den Braunsbergern; seit dem 17. Jahrhundert mehrfach mit den Bourscheidern). Die Grenzkonflikte mit den letzteren zogen sich sogar von 1744 bis 1794 hin, d. h. bis wenige Wochen vor der Besetzung des Rheinlandes durch französische Revolutionsgruppen3. In Kriegszeiten blieb auch die Propstei Buchholz nicht von Plünderungen und sonstigen Schäden verschont (1644 u. a.). Trotzdem gab es nach Zeiten der Bedrängnis immer wieder Lichtblicke: Denn als sich die Einkünfte der Propstei derart verringert hatten, »daß die >edificia< und >officine< der Brüder, die wegen ihres hohen Alters verfallen waren, nicht wiederhergestellt werden konnten-[...], inkorporierte Erzbischof Balduin von Trier ihr im Jahre 1320 die Pfarrkirche in Weiler, deren Patronat Gladbach schon lange Zeit ausgeübt hatte, [um der Propstei die dazu nötigen Mittel zu geben]«4.

Damit aber sind wir schon bei der Bautätigkeit des Konvents und damit dem kunstgeschichtlichen Aspekt unseres Themas angelangt, der auch die heutige Ruine noch ihren kulturhistorischen Wert verdankt.

Der Kern der gesamten Propsteianlage reicht in seinen ältesten Teilen ins frühe 12. Jahrhundert zurück. »Die romanische Kirche entstand in drei Bauabschnitten; der ältere Teil, bestehend aus einem dreischiffigen Langhaus im gebundenen System mit einem Mitteljoch und zwei Jochen in jedem Seitenschiff, einem Querhaus mit je einer Halbkreisapsis an der Ostseite der Querflügel und dem Ansatz des Hauptchores wurde um 1200 nach Osten durch eine Halbkreisapsis sowie durch zwei den Chor flankierende Türme, deren eine Mauer zugleich als Chorwand diente, erweitert«". »Noch in romanischer Zeit [kam es zum] Fortfall der Seitenschiffe und der Verkürzung [der] nun, niedriger als das Mittelschiff, mit Tonnen gewölbten Querarme; die Nebenapsiden (nur die südliche z. T. erhalten) bleiben als Nebenräume bestehen«6. Eine weitere Verkleinerung des Baues, verbunden mit einer tiefgreifenden Umgestaltung, erfolgte in barocker Zeit. Es entstand nicht nur die heute wiederhergestellte Westfassade, die Kirche erhielt auch größere Spitzbogenfenster. »Vorher waren bereits die Obergeschosse der Osttürme niedergelegt worden, [wobei] [. . .] wohl auch der hohe, wohl gotische Vierungsturm in Wegfall [kam]«'. Nachdem am 11. 10. 18028 die beiden letzten Patres Buchholz verlassen hatten und die Kirche profaniert worden war, wurde die bis dahin noch bestehende Hauptapsis (= Chorapsis) ebenfalls abgebrochen, die dadurch entstandene Bogenöffnung zugemauert und das frühere Kircheninnere fortan als Scheune genutzt. Das Dach fiel am 31. 12. 1951 einem Blitzschlagbrand zum Opfer.

Trotz all dieser Verstümmelungen läßt selbst die heutige Ruine noch den einstigen Glanz und architektonischen Wert erkennen. »Professor Hans Erich Kubach aus Mainz nennt die ehemalige Propsteikirche eine der ersten, frühesten Gewölbebasiliken des Rheinlandes, entstanden um 1135, etwa gleichzeitig mit St. Matthias in Trier. [...] In Rheinland-Pfalz ist sie das früheste noch vorhandene Bauwerk dieses Typs«9 (Gewölbebasilika des gebundenen Systems).

Baugeschichtlich ergeben sich zahlreiche Gemeinsamkeiten mit anderen Kirchen des rheinischen Raumes. »Im Innern des Chorquadrats kuppelige Kreuzrippengewölbe auf Eckdiensten, an den Schildbogenfeldern gegliedert durch je drei Nischen (vgl. Westwerk von St. Georg und St. Andreas in Köln), darunter prachtvoller Blattrankenfries in Stuck (vgl. Hochchorwände des Bonner Münsters und Oberpleis sowie Liebfrauen zu Koblenz). Der Grundriß der Kirche (vor der Erweiterung) mit Querhaus und Apsiden, deren Scheitelhöhe gleich der Chorbogenpfeiler der Kämpferhöhe ist, ähnelt den Ostteilen der nahegelegenen Abteikirche Maria Laach, der spätromanische Umbau der Ostteile in den Außengliederung (Rundbogenblenden und Lisenen) mit Lonnig verwandt«10.

* * *

1985 jährte sich zum 850. Male die erste urkundliche Erwähnung eines »Männerklosters in >Wilre<«11, der als Niederlassung der Benediktinerabtei (Mönchen-)Gladbach von einem Abt Walter gestifteten Propstei Buchholz12. Das Jahr 1985 brachte aber auch den Durchbruch im Kampf um den Erhalt und die Sanierung dieses bedeutenden Bau- und Kulturdenkmals: So fanden — auch nach außen hin deutlich sichtbar — die seit 1981 eingeleiteten Bemühungen um die Sicherung der gefährdeten Bausubstanz ihren ersten erfolgreichen Abschluß. Erneuert wurden sowohl die barocke »Westfassade mit seitlichen Pilastern auf hohen Sockeln und schwerem Gebälk, [sowie der] geschweifte [ ] Giebel«'3, als auch das seit dem durch Blitzschlag verursachten Brand völlig zerstörte Satteldach. Wenngleich die Verschieferung dieses Daches noch aussteht, so sind doch die Steinmetz-, Maurer- und Dachdeckerarbeiten so weit gediehen, daß erstmals seit mehr als drei Jahrzehnten die Anlage wieder leidlich vor der weiteren Zerstörung durch Witterungseinflüsse geschützt ist. Aus dem Abriß eines südlich an die Kirche angrenzenden ehemaligen Wohnhauses — erbaut im 19. Jahrhundert auch aus Steinen der abgebrochenen Chorapsis — konnte der Tuffsteinbedarf für die Restaurierung der Westfassade gedeckt werden. Außerdem dürfte noch genügend Material übrig geblieben sein, um die als nächste in Angriff zu nehmende Baumaßnahme, nämlich die Behebung der Schäden an den freistehenden Teilen der Außenhaut (Süd- und Ostseite) ausführen zu können. Auch das z. T. stark ausgewaschene Mauerwerk müßte noch neu verfugt werden. Das Innere der Kirche ist zwar — wie ich mich bei einer Ortsbesichtigung am 11. 9. 1985 selbst überzeugen konnte — im wesentlichen entrümpelt und von Bauschutt befreit, harrt allerdings noch seiner Sanierung, sieht man einmal von rein statischen Sicherungsmaßnahmen im westlichsten Joch des Langhauses ab. Doch dies ist — wie immer in solchen Fällen — eine Frage der Finanzierung. Sind bis jetzt bereits Kosten in Höhe von ca. 250 000.- DM angefallen, so dürfte die Wiederherstellung des kunsthistorisch bedeutsamen Kircheninnern infolge der hier erforderlich werdenden Restauratoren-Detailarbeit ein Vielfaches dieses Betrages verschlingen.

Die Restaurierungsarbeiten haben das Bild schon wesentlich verbessert: Propsteikirche Buchholz von Südosten 
Fotos: Kreisbildstelle

Unter diesen Umständen kommt einerseits der regen Tätigkeit des im November 1984 ins Leben gerufenen Fördervereins, der »inzwischen beim Amtsgericht Andernach in das Vereinsregister eingetragen wurde«" und seither als gemeinnützig anerkannt ist, und der in enger Zusammenarbeit mit dem rheinland-pfälzischen Landesamt für Denkmalpflege15 die Finanzierung des Wiederaufbaues (private Spenden und staatliche Zuschüsse) zu sichern sucht, andererseits aber auch einer publizistischen Öffentlichkeitsarbeit größte Bedeutung zu. Auch in dieser Hinsicht war dem Projekt im Jahre 1985 ein großer Erfolg beschieden: Neben entsprechenden Presseberichten in mehreren regionalen Zeitungen sendete das ZDF-Kulturmagazin »Aspekte« im Rahmen seiner monatlichen Berichterstattung über bedeutsame Objekte des Denkmalschutzes in seiner Ausgabe vom 3. 5. 1985 einen 6minütigen Beitrag über die Kosterruine Buchholz. Anlaß, gerade dieses wertvolle Kulturdenkmal aus unserer Heimat im Fernsehen einem weiteren Publikum vorzustellen, war die vorausgegangene Entscheidung der Kulturredaktion des ZDF, Kloster Buchholz als eines von 12 kunstgeschichtlich herausragenden Bauwerken aus der ganzen Bundesrepublik in den Aspekte-Denkmalschutz-Kalender 198516 aufzunehmen.

Es bleibt nur zu hoffen, daß auch in Zukunft das Interesse am Wiederaufbau der Propsteikirche erhalten bleibt, daß sich weitere Förderer und Gönner finden, damit sie bald wieder ihrer eigentlichen Bestimmung, gottesdienstlichen Zwecken zu dienen, zugeführt werden kann.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist von Seiten des Herrn Dechanten Pater Korb, der für 1986 im Anschluß an die alljährlich an Christi Himmelfahrt stattfindende Hagelprozession einen Gottesdienst in Buchholz in Aussicht genommen hat, bereits getan worden.

Anmerkungen:

  1. Schug, Peter, Geschichte der Dekanate Mayen und Burgbrohl und einzelner Pfarreien der Dekanate Daun, Gerolstein, Kelberg und Remagen, Trier 1961, S. 96

  2. Schug, Geschichte der Dekanate, S. 96 - 97

  3. Vgl.: Schug, Geschichte der Dekanate, S. 100

  4. Busley, Josef/Neu, Heinrich/Schippers, Adalbert, Die Kunstdenkmäler des Kreises Mayen, 1. Halbband: Die Kunstdenkmäler der Ämter Andernach-Stadt und -Land, Burgbrohl, Kelberg, Kempe-nich und Virneburg, Düsseldorf 1941, a. 207

  5. Busley/Neu/Schippers, Kunstdenkmäler, S. 207 + 210

  6. Caspary, Hans/Götz, Wolfgang/Klinge, Ekkart, Georg Dehio — Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Neue Folge, Band: Rheinland-Pfalz/Saarland, 1. Aufl. München/Berlin 1972, S. 158

  7. Busley/Neu/Schippers, Kunstdenkmäler, S. 210

  8. Vgl.: Schug, Geschichte der Dekanate, S. 100

  9. Unsere Verbandsgemeinde Brohltal — Wochenzeitung mit öffentlichen Bekanntmachungen der Verbandsgemeinde Brohltal, Jg. 13, Nr. 18/2. 5. 1985, S. 5

  10. Caspary/Götz/Klinge, Dehio-Handbuch, S. 158

  11. Busley/Neu/Schippers, Kunstdenkmäler, S. 206

  12. Vgl.: Busley/Neu/Schippers, Kunstdenkmäler, S. 206

  13. Caspary/Götz/Klinge, Dehio-Handbuch, S. 158

  14. Unsere Verbandsgemeinde Brohltal, 18/1985, S. 5

  15. Vgl.: Olbrück-Rundschau — Amtliches Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde Brohltal, Jg. 3, Nr. 47 / 18. 7. 1985, S. 1

  16. Vgl.: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), Kulturredaktion (Hg.), Aspekte-Denkmalschutz-Kalender 1985, Blatt 5: Mai 1985, Mainz 1984