Steinbeile und Bodendenkmäler in der Gemarkung Eckendorf

Dr. Karl August Seel

Im September 1981 wurde an der Gemarkungsgrenze zwischen Eckendorf und Vettelhoven ein Steinbeil gefunden (Abb. 1a). Das Beil lag auf einem Lesesteinhaufen am Rande des kleinen Dreieckwaldes in der Flur »Auf der Heide«, Gem. Vettelhoven; das Lesesteinmaterial stammt aus einer unmittelbar angrenzenden Obstbaumplantage in der Eckendorfer Flur »Unter dem Scheidbuscher Pfad«. Das Beil ist 20,5 cm lang und von schlanker, ebenmäßiger Form. Seine größte Breite beträgt 5 cm, die leicht gerundete Spitze mißt 4,5 cm, der größte Querschnitt 3,5 cm. Nach hinten läuft das Beil in eine langgezogene Spitze aus. Gefertigt ist es aus grauem Basalt und war ursprünglich völlig poliert. Heute ist der Schneidenbereich und ein großer Teil des Beilkörpers grobporig verwittert, erhalten sind aber noch genügend erhabene Teile der ehemaligen, geschliffenen Oberfläche. Der Spitznacken zeigt noch ganz den Schliff, jedoch auch einige jüngere Kratzer von Pflugscharen. Bei der Fundmeldung wurde ein weiterer Steinbeilfund aus Eckendorf bekannt (Abb. 1b). Dieser wurde im Mai 1977 beim Rübenhacken südlich von Eckendorf in der Flur »Ober dem Ahrweiler Weg« gemacht. Hierbei handelt es sich um ein Beil von gedrungener Form und einer Länge von 11 cm. Die Schneidenbreite mißt 6,5 cm und die größte Dicke 3,6 cm. Das Beil verjüngt sich nach hinten in einen stumpfen, wahrscheinlich nachgeschliffenen Nacken. Ursprünglich ist es wohl länger gewesen und dürfte in seiner Form, wenn auch nicht in der Länge, dem Basaltbeil geähnelt haben. Es besteht aus gelblichem, teilweise rötlich eingefärbten Material, vermutlich feinkörnigem Quar-zit und ist ganzflächig geschliffen. Beide Beile haben als gemeinsames Merkmal den Steinschliff. Ebenso stimmen sie typolo-gisch in ihrer symmetrischen Form, der Technik des Schliffs und der Ausarbeitung der Längskanten von der Schneide zum Nacken weitgehend überein. Diese Charakteristika erlauben ihre Einordnung in die Jüngere Steinzeit'. Unter Umständen gehören sie dem Endneolithikum im Übergang zur frühen Bronzezeit an2. Beide Fundstücke befinden sich in Privatbesitz.

Beim Sichten der Fundunterlagen3 wurde auch ein 1962 in der Gemarkung Eckendorf festgestelltes Bodendenkmal bekannt. Irwin Scollar, der Luftbildarchäologe des Rheinischen Landesmuseums in Bonn hat hier am 22. 6. 1962 das in Abbildung 2 wiedergegebene Bodendenkmal erfaßt und fotografiert. Er beschreibt es wie folgt:

»Ein sehr breiter ovaler Graben, 6 - 8 m Durchmesser, umgibt eine Innenanlage eines nicht identifizierbaren Typs. Unten rechts ist ein sichtbarer Eingang. Das Denkmal mißt mindestens 70 m im Durchmesser. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, daß der breite Graben zu einem Grabhügel gehört. Auch seine recht unregelmäßige ovale Form spricht dagegen. Es ist wohl eine Verteidigungseinfriedung um irgend eine Art von Siedlung aus unbekannter Zeit«4.

An anderer Stelle berichtet er: »Man kann eine Rundgrabeneinfriedung mit Eingang sehen von ungefähr 100 m Durchmesser. Es scheint sich um eine Siedlung zu handeln. Die Details des Inneren reichen nicht aus, um das zu bestätigen. Dieser Typ ist für verschiedene Epochen der rheinischen Vorgeschichte bekannt, aber in Ermangelung von Funden an der Oberfläche ist eine Datierung nicht möglich. Die dunklen Stellen sind im Winterroggen erkennbar, der auf einem mit Ton bedeckten tertiären Verwitterungsboden wächst«5. Ausgelöst durch das Luftbild von Scollar wurden dem Verfasser zugängige Luftbilder aus dem Räume Grafschaft (Eckendorf - Fritzdorf), auf dieses Bodendenkmal hin durchgemustert. Primär sollte festgestellt werden, wie sich das Scollar'sche Objekt in den einzelnen Jahren, zu verschiedenen Jahreszeiten und unterschiedlicher landwirtschaftlicher Nutzung im Luftbild abzeichnet. Während Scollar seine Aufnahme im Niedrigflug und als Schrägbild mit der Handkamera aufgenommen hat, sind die durchgesehenen Luftbilder Senkrechtluftbilder, die für geodätische, photogrammetische und kartographische Zwecke hergestellt werden.

Abb. 1: Fundstücke aus der Gemarkung Eckendorf

Sie werden aus größeren Höhen mit einer Reihenmeßkamera und bei hochstehender Sonne, d. h. mit möglichst geringer Schattenzeichnung, aufgenommen. Bei der Auswertung zeigte sich, daß das Bodendenkmal von Scollar (Objekt 1, siehe Kartenskizze) in allen Luftbildern sichtbar wird. Es erscheint sowohl als Bewuchs- wie auch als Bodenmerkmal, je nach Fruchtart oder Bodenzustand. Durch die Zerschneidung des Objektes durch einen festen Feldweg mit Schwarzdecke zeichnet sich häufig der nördliche, kleinere Teil anders als der größere, südliche Teil ab. Während ein Bereich schwach oder gar nicht sichtbar wird, erscheint der andere gut oder, wie beim Luftbild von 1971, im nördlichen Teil als Bewuchsmerkmal und im südlichen als Bodenmerkmal.

Abb. 2: Bodendenkmal (Objekt 1) in der Gemarkung Eckendorf. Luftbild v. 22. 6. 1962 (Scollar), freigegeben Regierungspräsident Düsseldorf, Nr. 16/127

Neben dem Bodendenkmal von Scollar wurden noch drei weitere, ähnliche Objekte (2,3 und 4) entdeckt, ebenso mehrere Altflursysteme mit ihren Parzellengrenzen wie auch Wegeführungen. Vor allem die Luftbilder von 1969, 1975 und 1976 zeigen deutlich die Altfluren. In der Aufnahme von 1969, dem fündigsten Luftbild (Aufnahme März (!) mit Schneeresten in den Grenzfurchen und kleinen Schattenböschungen, beginnende Abtrocknung) sind außerdem noch zahlreiche Drainagesysteme mit ihren fischgrätartig angeordneten Entwässerungsgräben sichtbar. Während die Drainagen zumeist als helle, regelmäßig und parallel zueinander verlaufende Linien erscheinen, zeichnen sich die Altfluren überwiegend als dunkle Linien ab. Dort, wo sich Drainage- und Altflursysteme überlagern, liegen die Relikte der Altfluren schiefwinkelig zu den Entwässerungsanlagen und unterscheiden sich deutlich von diesen.

Die Aachen - Frankfurter Heerstraße, in den Flurnamen überliefert mit »Ober der Landstraße, Unter der Landstraße, Alte Koblenzer Landstraße« (alle Gemarkung Eckendorf), ist in allen Luftbildern erkennbar, dort, wo sie links oder rechts der heutigen Feldwegeführung verläuft. Die alten Wegeführungen, neben der Aachen - Frankfurter Heerstraße, zwischen Ek-kendorf und Fritzdorf und südlich von Eckendorf, zeichnen sich vor allem im Luftbild von 1969 ab. Sie sind identisch mit Teilen des Feldwegenetzes, wie es in der Tranchotkarte, Blatt 111 Ahrweiler, von 1808/10 festgehalten ist.

Die Auswerteergebnisse aller Luftbilder sind in der nachstehenden Tabelle und in der Kartenskizze zusammengefaßt.

Luftbilder Eckendorf-Fritzdorf; Boden- und Bewuchsmerkmale

Flugtag

Maßstab

Objekt 1

Objekt 2 Objekt 3

Objekt 4 andere Merkmale

22. 6. 1962

gut (BeM)

_ _

AF

 

6. 3. 1969

1:24000

gut (BoM)

schwach (BoM) schwach (BoM)

schwach (BoM) AFH,

WF.AF

17.8.1971

1:24000

nördl. Teil:

gut (BeM, BoM) -

AFH

 

 

gut (BeM)

 

 

 

 

 

südl. Teil:

 

 

 

 

schwach (BoM)

 

 

7. 6. 1975

1:32000

gut (BeM)

gut (BeM, BoM) -

schwach (BeM) AFH,

WF.AF

9. 5. 1976

1:32000

nördl. Teil:

- -

schwach (BeM) AFH,

WF,AF

 

 

schwach (BeM)

 

 

 

 

 

südl. Teil:

 

 

 

20. 9. 1980

1 : 32 000

nördl. Teil:

schwach —

AFH

 

 

 

-

(BeM, BoM)

 

 

 

 

südl. Teil:

 

 

 

 

 

gut (BeM)

 

 

 

19. 10. 1982

1:70000

nördl. Teil:

— —

AFH

 

 

 

südl. Teil:

 

 

 

 

 

gut (BoM)

 

 

 

AFH - Aachen-Frankfurter-Heerstraße    BoM = Bodenmaterial
WF - Wegeführungen                               BeM = Bewuchsmaterial
AF = Altflur

Das Bodendenkmal (Objekt 1), das Scollar erstmals aufgenommen hat, ist besonders gut in den Aufnahmen von 1962, 1969, 1971 und 1975 zu erkennen, wobei 1962,1971 und 1975 der Innenkreis gleichfalls sichtbar wird. Das Objekt hat, ausgemessen nach einer Luftbildvergrößerung im ungefähren Maßstab 1:5000, im Außenkreis einen Durchmesser von ca. 90 m und im Innenkreis einen von ca. 70 m. In der Örtlichkeit ist dieses Bodendenkmal für das geübte Auge durch eine sehr flache, runde, tellerförmige Eintiefung in seinem südlichen Teil zu erkennen. Zum Zeitpunkt einer Begehung im Herbst 1984 war dort Winterroggen gesät, der im Bereich des Objekts deutlich schlechter aufgelaufen war als auf der umgebenden Fläche. Im Frühjahr 1985 war an dieser Stelle eine Bodenverdichtung und -vernässung gegenüber dem Umland festzustellen. Das Objekt ist nahezu kreisrund, die Deutung als ovale Form bei Scollar erklärt sich aus der perspektivischen Bildverjüngung (s. Abb. 3).

Etwa 350 m südwestlich davon befindet sich Objekt 2. Es liegt in einer Obstplantage, aus der das Lesesteinmaterial stammt, mit dem das Basaltsteinbeil (Abb. 1a) dort abgelesen wurde. In dieser Anlage muß das Beil auch ausgeackert worden sein wie die Kratzer von Pflugscharen am Nacken beweisen. Das Bodendenkmal selbst ist kreisrund und mißt ca. 120 m im Durchmesser. Spuren eines Innenkreises konnten in keinem Bild festgestellt werden. Bemerkenswert ist, daß dieses Objekt im Bewuchs der Obstplantage sichtbar wird. Objekt 3 liegt ca. 600 m südlich von 1 und ist nur auf dem Luftbild von 1969 als breiter Halbkreis von ca. 60 m Durchmesser erkennbar. In den anderen Fällen stockt dort reifes Getreide oder der geackerte Boden ist abgetrocknet und erscheint in den Schwarzweiß-Aufnahmen als helle Fläche. In den Bildern von 1976 und 1980, wo dies nicht der Fall ist, ist von diesem Objekt nichts festzustellen, allerdings ist bei diesen Aufnahmen auch die Wiedergabe der Bodendenkmäler 1 und 2 schlecht. Das Objekt 4 befindet sich nordwestlich von Bodendenkmal 1 in einer Entfernung von ca. 380 m. Am besten ist es im Bild von 1969 auszumachen, wobei sich hier teilweise die innere, teilweise die äußere Begrenzung des Kreisgrabens abzuheben scheint. Der Durchmesser beträgt ca. 75 m.

Abb. 3: Bodendenkmäler und Flurrelikte in der Gemarkung Eckendorf, Luftbild vom 7. 6. 1985, freigegeben Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz - Außenstelle Mainz - Nr. 21606 - 8

Während die Bodendenkmäler 1 und 2 als gesichert zu betrachten sind, müssen für die Objekte 3 und 4 Vorbehalte eingeräumt bleiben. Objekt 4 erscheint dabei gesicherter als Objekt 3.

Neben den Objekten 1 - 4 und den bereits angesprochenen alten Wegeführungen zeigen sich in den Luftbildern zahlreiche Relikte alter Fluren. Diese liegen unter der heutigen Gewanneinteilung und werden als dunklere Striche sowohl als Bewuchs- wie auch als Bodenmerkmale sichtbar. Da sie sich als dunkle, lineare Verfärbung wie die Gräben der kreisförmigen Bodendenkmäler abzeichnen, ist anzunehmen, daß hier Flurstücke zum Zeitpunkt ihrer Bewirtschaftung durch Gräben gegeneinander abgegrenzt waren. Die Flurrelikte können formal in zwei Gruppen eingeteilt werden, in breite, parallel zueinander abgegrenzte Streifen unterschiedlicher Länge und in kleinflächige, teilweise allseitig umschlossene Kammern. Letztere konzentrieren sich um die Objekte 2 und 4.

Ein auffallendes ca. 550 m langes Flurrelikt läuft östlich von Objekt 1 und westlich von Objekt 4 vorbei. Es scheint offensichtlich eine Grenzfunktion gehabt zu haben, da von ihm beidseitig, zumeist rechtwinklig, andere Streifen abgehen. Bei Objekt 4 endet dieses Relikt, biegt dort im rechten Winkel ab und bildet hinter diesem Bodendenkmal zusammen mit anderen Relikten zwei nahezu gleichgroße Kammern. Diese messen 55 x 120 = 6600 m2 und 55 x 105 = 5775 m2. Südlich davon befinden sich zwei kleinere Kammern von 45 x 30 = 1350 m2 und 45 x 60 = 2700 m2 Größe (System a).

Auch um Bodendenkmal 1 liegen Flurrelikte. Sie gehören mit den östlichen Teilen zu dem System um Objekt 4 und westlich zu denen um Objekt 2. Sie sind in ihrer Anlage streifig mit erkennbaren Breiten zwischen 50 m und 120 m ausgebildet. Eine Kammerung ist hier in den ausgewerteten Luftbildern nicht zu beobachten.

Ein weiteres kleinflächiges System (System b) mit kleineren Kammern als im System a ist südlich von Objekt 2 festzustellen. Hier sind mehrere, völlig umgrenzte Flächen mit Größen zwischen 25 x 25 = 625 m2 bis 30 x 35 = 1050 m2 zu erkennen. Besonders gut sichtbar sind die beiden westlich des Dreieckwäldchens anschließenden Kammern von ca. 30 x 30 = 900 m2 Größe im Luftbild von 1976. Südlich dieser Kammern scheinen schiefwinklig begrenzte, größere Blöcke anzusetzen, auf die zwei Kurzstreifen mit Breiten von 80 m und 50 m folgen6.

Westlich von Objekt 2 liegen drei weitere Kurzstreifen mit erkennbaren Längen von ca. 140 m und Breiten bis 60 m. Nach Nordwesten scheinen sie von einer älteren Wegeführung begrenzt zu sein, die auf Objekt 4 zu verläuft. Südwestlich von Objekt 3 schließlich sind zwei deutlich ausgeprägte Langstreifen (System c) mit Längen von 550 m und Breiten von 75 m und 70 m auszumachen, die Flurflächen von ca. 4000 m2 umgrenzten. Einige weitere, isoliert liegende Flurrelikte, die nicht in einen Systemzusammenhang eingeordnet werden können, befinden sich einmal östlich von Eckendorf und zum zweiten östlich der genannten Systeme.

Die Eckendorfer Flurrelikte gruppieren sich um die kreisförmigen Bodendenkmäler und stehen nach Lage und Zuordnung offensichtlich in einem Funktionszusammenhang mit diesen. In keinem Fall reichen die Flurrelikte in die Kreisflächen hinein oder überlagern sie. Beide Formengruppen, Flurrelikte und Kreisobjekte, müssen zeitgleich und miteinander angelegt und genutzt worden sein. Wie Scollar bereits vermutet hat, sind die Kreise als Wohnplätze zu deuten. Wahrscheinlich dürfte es sich dabei um Gehöfte von Großfamilien oder Sippen gehandelt haben. Hier standen in einer Schutzlage hinter einer Rundumeinfriedung die Hütten, der die Fluren bewirtschaftenden Menschen. Die gekammerten Flächen, wie sie um die Objekte 2 und 4 kartiert werden konnten, sind nach ihrer Form, Größe und Lage im Verband sogenannte »Kammerfluren«7. Periphär gehen sie in Blöcke und Streifen über, die durch spätere Überformung aus den kleinen Kammerblöcken entstanden sein können. Kammerfluren, wie sie hier in den Luftbildern festgestellt wurden, sind in Deutschland im Westerwald8, Vogelsberg9 und in Schleswig-Holstein10 nachgewiesen worden. In England wurden sie in großer Fülle in weiten Teilen des Landes mit Hilfe der Luftbildarchäologie festgestellt11. Große Ähnlichkeit mit den Altfluren von Eckendorf zeigt dort z. B. das Kammerflursystem von Coombe Down in Wiltshire12. In Großbritannien werden diese Fluren celtic fields genannt, also ethnisch zugeordnet. In den Niederlanden13 und in Skandinavien sind Kammerfluren gleichfalls gefunden und aufgemessen worden. In Schweden14 hat man die deutsche Bezeichnung übernommen, während man in Dänemark15 von oldtidsagres (Altzeitäcker) spricht. Alle aufgeführten Altfluren sind vorgeschichtliche Flursysteme und werden durchweg der Eisenzeit zugeordnet. In den deutschen Mittelgebirgen, in Skandinavien und Großbritannien sind die Kammerfluren zumeist mit Stein- oder Erdwällen begrenzt. In Schleswig-Holstein und in Holland sind sie dagegen, wie in unserem Beispiel, von Gräben eingefaßt16. In ihrer Größe entsprechen die Eckendorfer Fluren den Kammerfluren der genannten Landschaften und Ländern. Im Vogelsberg wurden außerdem ältere und urtümlicher wirkende Flure, die sogenannten »Zellenfluren«, nachgewiesen. 

Abb. 4: Bodendenkmäler und Flurrelikte in der Gemarkung Eckendorf

Sie liegen dort wie die Kammerfluren im engen Verband auf steinschuttreichen Rücken und Hängen. In ihren Nutzungsarealen sind die Zellenfluren jedoch kleinflächiger und unregelmäßiger als die jüngeren Kammerfluren17. Immer sind sie bronzezeitlichen Hügelgräbern benachbart und vermutlich endbronzezeitlich18. Noch ältere, endneolithisch-frühbronzezeitliche Fluren sind aus England bekannt. Es sind dies die sogenannten cornplots, die sich vor allem durch ovale Formen auszeichnen und in einem lockeren Verband, vergesellschaftet mit Wohnplätzen (hut circles), auftreten19. Die Eckendorfer Kammerfluren gleichen keiner dieser genannten älteren, ursprünglichen Fluren; sie sind genetisch-typologisch weiterentwickelt und entsprechen ganz dem Typus Kammerflur. Die Frage ist jedoch, ob sie wie diese in die Eisenzeit einzuordnen sind. Stellt man hypothetisch die Verbindung zu den gefundenen Steinbeilen her, so wäre für die Eckendorfer gekammerten Altfluren ein neolithisch-frühbornzezeitliches Alter denkbar. Vor allem das Steinbeil aus Basalt (Abb. 1a), das aufgrund seiner Fundumstände von der unmittelbar angrenzenden Siedelstelle stammen muß, macht dies nicht unwahrscheinlich. Geschliffene Beile dieser Art, hergestellt aus Felsgestein (Kieselschiefer, Basalt Quarzit, Hornblende u. a.) sind ein Charakteristikum des Neolithikums und eines der Hauptgeräte des damaligen Menschen. Es waren die ersten seßhaften Bewohner unserer Heimat, mit ihnen begann bei uns das Zeitalter des Ackerbaus und der Viehzucht. Sie legten durch Rodung mit eben diesen Beilen erste Kulturflächen an und bestellten diese Fluren mit Gerste, Weizen und Hirse20. Durch ihre Wirtschaftsweise wurden sie an einen eng begrenzten, lokalen Lebensraum gebunden, wodurch feste und dauerbesetzte Siedlungen (Höfe, Kleindörfer) entstanden.

Betrachtet man unter diesen Gesichtspunkten die Funde geschliffener Steinbeile aus der Umgebung von Eckendorf, wie sie im folgenden zusammengestellt sind, so zeigt sich eine relativ aussagekräftige Funddichte21.

Geschliffene Steinbeile

Fundorte: Grafschaft und Unteres Ahrtal 
Eckendorf 2 (gef. 1977, 1981, Abb. 1a und b) 
Vettelhoven 1 
Holzweiler 1
Bengen 2 (davon 1 gef. 1983)
Ringen 1
Remagen 4 (Fundort Scheidskopf)
Lohrsdorf 1
Bad Neuenahr 7 (ohne Rillenbeile)

Die heutige Grafschaft, das klimabegünstigte, ebene Gelände nördlich der Ahreifel, im Übergang zur Kölner Bucht mit den Rheinischen Börden, muß danach mit dem Neolithikum beginnend flächig durch bäuerliche Bevölkerung besiedelt worden sein. Könnte sich hier nicht auf den günstig zu bearbeitenden Lößböden, anders als in den steinschuttreichen, hängigen Mittelgebirgslagen, bereits frühzeitig die Kammerflur als Flurform herausgebildet haben, die sich dort erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat? Diese Frage muß offen bleiben.

Einen weiterführenden Beweis könnte vielleicht eine Grabung der Eckendorfer Bodendenkmäler erbringen.

Literaturnachweis

  1. Brandt, Johanna: Kreis Neuss, Achäologische Funde und Denkmäler des Rheinlandes. Bd. 4, Köln 1982, S. 40 ff

  2. Kleemann, Otto: Die Becher von Neuenahr und weitere frühbron-zezeitliche Fundstücke in: Bonner Hefte zur Vorgeschichte, Nr. 18 Bonn 1978, S. 280

  3. Herrn Albrecht, Ahrweiler, danke ich für seine Unterstützung 

  4. Scollar, Irwin: Einige Ergebnisse der archäologischen Luftbildforschung im Rheinland während des Jahres 1962 in: Bonner Jahrbuch 163, 1963, S. 308 und Tafel 33 (ihm danke ich für die Überlassung des Bildoriginals)

  5. Scollar, Irwin: La photographie aerienne en pays rhenan in: Ar-cheologie aerinne et techniques complementaires, Paris 1963, S. 95 (aus dem Französischen übersetzt)

  6. Westlich dieser Parzellen, am Rande des von Eckendort kommenden, festen Weges, wurden Teile einer römerzeitlichen Wasserleitung gefunden.

  7. Scharlau, Kurt: Kammerfluren und Streifenfluren im westdeutschen Mittelgebirge, Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie, Jg. 5, 1957, S. 13 - 20

  8. Born, Martin: Siedlungsentwicklung am Osthang des Westerwal-des, Marburger Geographische Schriften, Heft 8, 1957

  9. Seel, Karl August: Wüstungskartierungen und Flurformengenese im Riedeselland des nordöstlichen Vogelsberg, Marburger Geographische Schriften, Heft 17, 1963

  10. Jankuhn, H.: Ackerfluren der Eisenzeit und ihre Becteutung für die früha Wirtschaftsgeschichte, Ber. Z- Rom. Germ. Korn. 1956/57, S. 148-214

  11. Curven, E. C.: Prehistoric Agriculture in Britain, Antiquity, Bd. 1, 1927, S. 261 -289

  12. Crawford, 0. G. S.: Luftbildaufnahme von archäologischen Bodendenkmälern in England in: Luftbild und Luftbildmessung, Nr. 16, Berlin 1938, S- 53

  13. Giften, E. van: Prehistoric Fields in Holland, Antiquity, Bd. 2,1928, S. 85 - 97

  14. Hannerberg, D.: Die Parzellierung vorgeschichtlicher Kammerfluren und deren spätere Neuparzellierung durch »Bolskifte« und »Solskifte«, Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie, 1958, S. 26 - 33

  15. Halt, G.: Prehistoric Fields in Jylland, Acta Archaeologica 2, Kopenhagen 1931, S. 118 -129 und Oldtidsagre, Kopenhagen 1949

  16. Jankuhn, H.: a. a. O.; van Giften a. a. O.

  17. Seel, K. A.: a. a. O. und Zellenfluren - vorgeschichtliche Fluranlagen im nordöstlichen Vogelsberg; ihre Zeitstellung und Bebauungstechnik, Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie, 1962, S. 158- 173

  18. Durch das Geographische Institut der Universität Mainz sind dort auf den Altflurflächen Geländepraktika durchgeführt worden. Durch bodenkundliche Untersuchung und Grabung wurde das durch den Geländebefund interpretativ ermittelte Alter bestätigt. Eine Veröffentlichung dazu ist in Vorbereitung. (Frdl. Mitteilung von Prof. Dr. Helmut Hildebrandt, Mainz).

  19. Curven, E. C.: a. a. 0. S. 284

  20. Brandt, J.: a. a. 0. S. 49 f

  21. Kiemmann, O.: Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler, Bonn 1971; ergänzt durch Jüngere, bisher nicht publizierte Funde