Der Raubritter von Laach

Dem Volksmunde nacherzählt

Andreas Breuer

Mannigfach ranken sich die Erzählungen und Sagen um den Laacher See, der tief eingebettet in erloschenen Vulkanen, im Spiel des Sonnenlichtes dunkel, tiefschwarz bis hin zum hellen Himmelsblau leuchtet. Verwitterte Mauerreste, die man hie und da am Ufer findet, auch alte Waffenstücke oder gar, wie es heißt, eine Menge kleiner Hufeisen, lassen dann leicht phantasievolle Gedanken aufkommen. Sie fügen sich nach und nach zu Volkssagen zusammen, wie auch unter anderem die Mär vom Raubritter zu Laach.

Allerwärts hatte der eisige Winter Kristall und Eis geboren; ja im März dieses ruchbaren Jahres war selbst der Laacher See bodenfest zugefroren. Der Ritter auf dem Schloß zu Laach war ein übler Bösewicht, der vieles auf dem Kerbholz hatte. Ganz besonders aber litten unter seinen räuberischen Taten die Mönche des nahe gelegenen Klosters. Alle Versuche ihn zur Ordnung und Sittsamkeit zu führen, schlugen fehl, ja er trieb es noch ärger, als ihn der Kirchenbann traf. Zu dieser Zeit aber in jenem März, da gelüstete es den Ritter gegen die Mönche zu einem neuen Schlage auszuholen und er überlegte, wie er dies wohl anstellen könnte. Und der Teufel muß ihm wohl den Gedanken eingegeben haben, denn er sprach zu sich: »So wird es mir gelingen, ich muß den Mönchen frommen Glauben vorgaukeln.« Darum schickte er seinen Knecht zum Vater Abt mit der Weisung, es würde den Ritter nach Buße drängen. Er möge mit seinen Mönchen zu ihm kommen. Insgeheim aber dachte er, wenn der Abt kommt, so lasse ich ihn schnappen und das Kloster ist mein.

Während sich der Knecht auf den Weg machte, ließ er insgeheim seine Knappen sich rüsten und in den Hinterhalt legen. Als der Abt die Botschaft hörte, freute er sich über den bußfertigen Sünder und machte sich eilends mit den Mönchen auf, den tief gefrorenen See zum Schloß hin zu überqueren. Mit Singen und Beten nahten die Mönche in frommer Prozession, da stürzte aus dem dunklen Hinterhalt der wilde Ritter hervor mit seinen Knappen. Die Schwerter blitzten, heisere Rufe erschallten, gar wild war das Schnauben der Rappen. Als die Mönche den Verrat sahen, stürzten sie in Flucht davon, doch der Abt blieb stehen. Das Kreuz hoch in den Händen dem Meuchelmörder entgegenhaltend rief er: »Bis hierher und nicht weiter!«

Da brach plötzlich das Eis und der See verschlang Roß und Reiter. Im gurgelnden Wasser sanken sie hinab. Nur wenig später lag in der Stille des Märztages der See in samter Ruhe. Dort aber, so weiß es die Sage weiter, wo der Ritter mit seinem Gefolge in die Tiefe gerissen wurde, findet der, welcher Beweise haben will, Hufeisen große und kleine. Er muß nur in der rechten Zeit danach suchen.