Jedem Ort ein christliches Zeichen
Alois Dannowski
Am 24, Juli 1975 feierte die Ermländische Siedlergemeinschaft Ahrbrück ihr 25jährlges Bestehen. Rückblick wurde gehalten auf die zurückliegenden Jahre, den Neubeginn mit der Kultivierung des verödeten Landes und dem Aufbau der Siedlungen, die harten Auf-baulahre und die Schaffung eines wirtschaftlich, politisch und kulturell aktiven Lebensraumes.
Gemeinsam war den Siedlern nicht nur das Vertrlebenenschicksal, gemeinsam war ihre Herkunft aus dem Ermland und damit die katholische Religionsgemeinschaft. So wurde
anläßlich des Jubiläums nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der kulturellen und religiösen Aufbauarbeit gedacht.
Ermländische Art und Sitte sollte den Kindern erhalten bleiben. Daher pflegte man von Anfang an das ermländische Brauchtum, bemühte man sich um einen ermländischen Pfarrer und daher ging auch das Bestreben dahin, „jedem Dorf ein christliches Zeichen" zu geben, wie im folgenden Beitrag Pfarrer Alois Dannowski berichtet, der Im März 1952 als Pfarrer nach Niederheckenbach zu seinen Landsleuten kam.
Zwölf Dörfer des Kreises Ahrweiler wurden 1938 entvölkert und buchstäblich verwüstet, um den Luftwaffenübungsplatz Ahrbrück einzurichten. Ab 1950 wurde dieses Gebiet neu besiedelt.
25 Jahre Wiederbesiedlung des Luftwaffen' Übungsplatzes Ahrbrück bedeutet 25 Jahre Kulturarbeit. Das verwilderte Land und die zerfallenen Dörfer wurden wieder kultiviert, d. h. sie wurden von Menschenhand gestaltet, damit Land wieder zur Ernährung der Menschen diene und neue Häuser Wohnung boten den Menschen, die hier einen neuen Anfang wagen wollten. Das alles waren Aufgaben des Kulturamtes, und das Kulturamt Adenau und die Landsiedlung Rheinland-Pfalz haben sich redlich Mühe gegeben.
Die Menschen, die hier neue Wohnplätze fanden waren Christen, die das Schriftwort kannten „Nicht vom Brot allein lebt der Mensch". So wurde also nicht nur Acker- und Wohnkultur erstellt, sondern auch christ-
liches Kulturgut mußte wieder — oder neu erweckt werden. Überall in den Dörfern hatten Kirchen oder Kapellen gestanden, die in den zwölf Jahren Niemandsland verfallen und verödet waren. Sie galt es zuerst wieder instandzusetzen, damit die Menschen in all ihrer Mühe um das tägliche Brot den Blick auf das ewige Ziel nicht verloren.
Das galt besonders auch für die heimatvertriebenen Neusiedler, denen In der neuen und oft fremden Umgebung die Kirche ein erstes Stück Heimat war. So bekamen mit der Wiederbesiedlung des Gebietes auch die angrenzenden Pfarrgemeinden manche neue Aufgabe.
Die Neusiedler waren Ermländer, aus einer katholischen Gegend stammend. Im April 1950 kamen sie aus Holstein, einem Land, das protestantisch geprägt war. Sie fanden dort zwar Dorfkirchen vor, aber kein Wegkreuz, keinen Bildstock und kein Kapellchen — hier heißt es Heiligenhäuschen. Das aber waren sie aus der ermländischen Heimat in Ostpreußen gewohnt. Dort stand im Garten fast jeden Hofes ein Kreuz oder eine kleine Kapelle. Und ähnlich fand man es in den rheinischen Dörfern wieder. Da kam auch für die neubesiedelten Dörfer der Gedanke auf: Jedem Ort ein .christliches Zeichen.
Der Umsiedlertransport landete in Brück, und die Siedler wurden in den Baracken der Luftwaffe in Ahrbrück untergebracht. Das frühere Dorf Denn, seit Einrichtung des Truppenübungsplatzes Ahrbrück, hatte eine große Kapelle, die dem Hl. Rochus geweiht war. Die Kapelle war Lagerraum der Luftwaffe geworden. Bei der Wiederbesiedlung gab die Landsiedlung die Kapelle frei. Von den Ermländern ging die Initiative zur Wiederinstandsetzung aus. Ein kranker Sudetendeutscher, Herr Stakäy, der nicht katholisch war, richtete den Altar her, und die Firma Pörner stiftete den Kronleuchter. Seit 1952 wurde dort mit den ermländischen Landsleuten jedes Jahr eine Adventsvesper und eine Passionsandacht gehalten. Seit vorigem Jahr ist die Kapelle in das Gelände des Kindergartens einbezogen worden.
Kapelle in Ahrbrück mit neuem Kindergarten
Foto: Esch
In Weidenbach steht an der Straße die Georgskapelle, der Bau einer Ortskapelle war geplant, unsterblich aber durch widerstrebende Ansichten, obwohl das Land dafür bereitgestellt war.
Herschbach und Kaltenborn haben die Kirchen mit Hilfe der Landsiedlung und Initiative des Ortspfarrers, Jakob Böhm, der als Pastor von Kaltenborn in den Jahren der Luftwaffenzeit in Jammelshofen wohnte, gut 'wiederhergestellt und in Kaltenborn ein neues Pfarrhaus gebaut. Auf dem Vorplatz der Kirche steht ein Gedenkstein für die Opfer der Kriege.
Hoch-Acht, das zur Pfarrei Kaltenborn gehört, hat ein privates Heiligenhäuschen am Hof des Siedlers Alshut.
Das Dorf Lederbach hat keine eigene Kapelle. Es war ähnlich wie in Weidenbach.
Der dafür vorgesehene Betrag ist wohl beim Bau der Ortskirche in Hohenleimbach verbraucht worden.
Die Pfarrei Blasweiler wird von Ramersbach verwaltet. Die Kirche war ausgeräumt, aber das Gebäude recht gut erhalten. Die Innenausstattung wurde nach Schelborn ausgelagert und 1951 zurückgeholt. Durch einen neuen Altar aus Maria Laach und einer Statue der Hl. Margareta ist es eine schöne Kirche geworden.
Beilstein, das zu Blasweiler gehört, hatte früher ein Heiligenhäuschen mit einem Bild der Mutter Anna. Das Häuschen war verfallen, und 1965 wurde die jetzige Kapelle mit einer schönen Anna-Selbdritt-Statue erbaut. Beilstein hat auch eine Glocke, die Berthold Beitz gestiftet hat. Um all das hat sich Pfarrer Poertner, Ramersbach, sehr bemüht.
In der Pfarrei Niederheckenbach war alles verödet. Die Pfarrkirche war eine Ruine und der Friedhof verwildert. Auch die Kapellen in Oberheckenbach, Watzel, Fronrath und Cassel lagen verlassen da. Im März 1952 wurde die Pfarrei wieder besetzt. Der Pfarrer bezog eine Nebenerwerbssiedlung in Cassel und hielt den Gottesdienst In der neuerbauten Schule. 1956 war die Restaurierung der Pfarrkirche in Niederheckenbach abgeschlossen und das neue Pfarrhaus fertiggestellt! Die Erneuerung ist recht gut gelungen, und die Kirche mit ihren gut motivierten Fenstern und dem Altar und Kreuzweg aus Maria Laach wird auch von Fremden gern besucht. 1969 wurde auf dem Friedhof ein Gedenkstein für alle die aufgestellt, deren Gräber uns unerreichbar sind, das sind die Toten des Krieges und die Angehörigen in der fernen, ermländischen Heimat in Ostpreußen.
Auf dem Weg nach Oberheckenbach, am Forsthaus, steht ein Heiligenhäuschen mit einem Marienrelief. Es wurde 1951 durch Pfarrer Poertner mit Unterstützung des Jagdpächters Rommeswinkel erneuert und im Mai 1952 von Pfarrer Dannowski eingesegnet.
In Oberheckenbach wurde die schön gelegene Bergkapelle 1958 wieder renoviert und von Dechant Rausch benediziert. Die Kapelle hat zwei schöne holzgeschnitzte Statuen, Maria und Michael, die 1968 gestohlen und nicht wiederaufgefunden wurden.
Bildstock In
Watzel
Foto: Kreisbildstelle
In Watzel stand eine stark beschädigte Kapelle, die nach dem Krieg von einer Familie als Wohnung benutzt wurde. Bei Begradigung der Straße wurde diese Ruine eingeebnet mit dem Versprechen, einen Ersatz zu schaffen. Da in Watzel nur zwei Familien wohnen, wurde auf eine Kapelle verzichtet und ein Bildstock errichtet. Er hat die Dar-
Kapelle In Cassel
Kirche in Herschbach
Fotos: Kreisbildstelle
Stellung von Maria Heimsuchung, auf die auch die frühere Kapelle geweiht war. An der Felswand vor Watzel ist ein etwa ein Meter hohes Grabkreuz angebracht. Es ist anzunehmen, daß es vom Friedhof Niederheckenbach stammt, ebenso wie eine Reihe kleinerer Kreuze auf dem Weg nach Oberheckenbach.
Auch in Fronrath war die Ortskapelle verfallen. 1963 wurde dort ein Heiligenhäuschen errichtet. Es hat ein Marienrelief und wurde wie der Bildstock in Watzel von Herrn Moog in Kottenheim geschaffen. Fronrath hat auch eine Glocke, die dem hl. Adalbert geweiht ist.
Mit dem Bau der Ortskirche in Cassel wurde im Herbst 1962 begonnen. Am Fest des hl. Stanislaus, des alten Patrons von Cassel, wurde die Kirche 1964 durch den Kapitularvikar von Ermland, Prälat Paul Hoppe, eingeweiht. Auf dem Friedhof in Cassel wurde ein großes Kreuz errichtet. So ist also der Luftwaffenübungsplatz Ahrbrück in 25 Jahren wiederbesiedelt, kultiviert und ein herrliches Land geworden. Der heranwachsenden Generation wünschen wir:
„Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen" (Goethe, Faust).