Der Löwe bleibt
Anekdote von Wilhelm Knippler
Es war in jenen Tagen nach dem Zusammenbruch 1945, als ein französischer Leutnant als Stadtkommandant mehr zu sagen hatte als ein deutscher General. Damals suchte ein Weltverbesserer nicht nur die industriellen Belange, sondern auch die Geschicke der Stadt Sinzig stark zu beeinflussen.
Dazumal kommt jener Mann zum Bürgermeister und sagt: „Herr Bürgermeister, der Löwe vom Sinziger Ehrenmal muß weg!" Nach dem Grunde befragt, lautet die Antwort, der vom Speer durchbohrte Wüstenkönig sei ein Symbol der Dolchstoßlegende. Deshalb müsse er verschwinden.
Der Bürgermeister sah kein hinreichendes Motiv und entschied: „Der Löwe bleibt!"
Anderntags wurde der Bürgermeister zum Stadtkommandanten zitiert, der ihn mit der Forderung empfing: „Der Löwe muß weg!"
Der Bürgermeister stellte die auch am Vortag gestellte Frage nach dem Grund. Der Kommandant konnte aber als Franzose nicht mit der Dolchstoßlegende motivieren. Er meinte, der Löwe schaue mit bösartiger Gebärde nach Westen, also nach Frankreich. Deshalb müsse er verschwinden.
Nun wußte aber der Bürgermeister guten Rat. „Drehen wir doch einfach den Löwen herum!" Damit war der Kommandant einverstanden.
Schließlich machte jedoch der Bürgermeister auf ein neues Argument aufmerksam. „Falls man den Löwen herumdreht, weist der fortan Frankreich und dem Westen le derriere, also den Hintern!"
Ende der Debatte! DER LÖWE BLIEB!