Bodendorf wurde Bad
Stolze Anerkennung — Große Verpflichtung
VON BÜRGERMEISTER HEINRICH HOLSTEIN
Der Weg bis zur Verleihung des Titels „Bad" für Bodendorf
Am 12. Mai 1972 hat Herr Landrat Heinz Korbach als Vertreter und im Auftrage der Regierung des Landes Rheinland-Pfalz in einem Festakt im Bodendorfer Kurhaus dem Bürgermeister der Stadt Sinzig die Urkunde über die Verleihung der Bezeichnung „Bad" für das Heilbad Bodendorf überreicht.
Das ist ein denkwürdiger Augenblick in der Geschichte Bodendorfs. Kommunalrechtlich wurde damit eine Entwicklung gekrönt, die begonnen hat mit der ersten Versuchsbohrung des angesehenen Bodendorfer Bürgers Josef Hardt im Jahre 1899 und schließlich fortgesetzt wurde mit der Anerkennung des später erbohrten "St. Josef-Sprudels" als gemeinnützige Quelle im Jahre 1930.
Ihren ersten Höhepunkt fand diese Entwicklung im Jahre 1935 mit der Verleihung des Prädikates „Heilbad" für die Gemeinde Bodendorf. Aus Anlaß der Bad-Ernennung gab die Stadtverwaltung Sinzig in Zusammenarbeit mit dem Bodendorfer Festausschuß eine Festschrift heraus.
In einem geschichtlichen Rückblick ist darin das wechselvolle Schicksal des landschaftlich so reizvoll gelegenen Dorfes Bodendorf nachgezeichnet und über Leistungen und Erfolge berichtet worden; es wurden aber auch bei einem Ausblick in die Ungewisse Zukunft Hoffnungen und Erwartungen ausgesprochen. Die Gemeinde Bodendorf hat sich im Zuge der kommunalen Verwaltungsreform im Lande Rheinland-Pfalz im Jahre 1969 auf Grund eines einstimmigen Gemeinderatsbeschlusses freiwillig der benachbarten Stadt Sinzig angeschlossen. Seit dem 8. 6. 1969 bildet sie mit den übrigen Gemeinden des früheren Amtes Sinzig die neue Stadt Sinzig mit über 13 000 Einwohnern und einer Fläche von rund 42 qkm. Durch diesen Zusammenschluß begründeten die bisher selbständigen Gemeinden Bodendorf, Franken, Koisdorf, Löhndorf und Westum mit der Stadt Sinzig eine Einheits- oder Mehrortsgemeinde, auch „Großgemeinde" genannt. — Die Städte Sinzig und Remagen sind übrigens die ersten Einheitsgemeinden im Lande Rheinland-Pfalz, die durch freiwillige Zusammenschlüsse entstanden sind. Das spricht sicherlich für den aufgeschlossenen Geist und den fortschrittlichen Sinn der verantwortlichen kommunalen Organe und das Verständnis der von ihnen vertretenen Bürgerschaft. Knapp drei Jahre nach den mutigen Beschlüssen der Gemeindevertretungen kann allgemein festgestellt werden, daß die damaligen Entscheidungen richtig und zukunftsweisend gewesen sind! Bei der Eingliederung der Gemeinde Bodendorf in das Gebiet der Stadt Sinzig hat sich die Stadt Sinzig vertraglich verpflichtet, die Gemeinde Bodendorf entsprechend ihrer Eigenart als Heilbad besonders zu fördern. Hierbei hat die Stadt Sinzig als Rechtsnachfolgern! der Gemeinde Bodendorf auch die Aufgabe übernommen, die Anerkennung Bodendorfs als „Bad" weiter zu betreiben.
Die Stadtverwaltung Sinzig freut sich darüber, daß sie sich auf diesem für sie zunächst etwas fremden Sachgebiet in verhältnismäßig kurzer Zeit „bewähren" und alle für die Verleihung der Bezeichnung „Bad" notwendigen Voraussetzungen nachweisen konnte. Eingeleitet wurden diese Bemühungen von der Gemeinde Bodendorf im Jahre 1960. Bereits vor der Eingliederung der Gemeinde Bodendorf in die Stadt Sinzig war von ihr eine ortsfeste Klimastation auf dem Grundstück der Bodendorfer Grundschule aufgestellt worden. Zwei Jahre lang hat Herr Hauptlehrer Foltin täglich mehrmals alle Meßergebtnsse minuziös registriert. Dafür sei ihm und seiner verständnisvollen Familie auch an dieser Stelle herzlich gedankt.
Foto:
Kreisbildstelle
Überreichung der Verleihungsurkunde — Bad Bodendorf — durch Landrat Korbach
an Bürgermeister Holstein
Ausgewertet wurden die Ergebnisse dieser zweijährigen Meßreihe vom Deutschen Wetterdienst — Wetteramt Trier — in einem ausführlichen Klimagutachten vom Juli 1971. Die bioklimatische Beurteilung schließt mit folgender eindeutiger Feststellung:
,,Die klimatischen Voraussetzungen für die Anerkennung des Stadtteiles Bodendorf der Stadt Sinzig als Heilbad sind erfüllt." Als nächste amtliche Stelle wurde das Staatliche Gesundheitsamt des Kreises Ahrweiler eingeschaltet.
In seiner eingehenden gutachtlichen Stellungnahme vom 1. 4. 1971 kommt der zuständige Amtsarzt, Herr Obermedizinalrat Dr. Dicker, ebenfalls zu der Feststellung, daß Bodendorf alle Voraussetzungen erfüllt, die an ein Heilbad gestellt werden, und daher die Bezeichnung „Bad" berechtigt wäre.
Ergänzt wird dieses Gutachten des Amtsarztes noch durch ein gemeinsames Gutachten der Bodendorfer Ärzte Dr. Mauer und Dr. Rössler vom 16. 4. 1971. Die Verfasser kommen auf Grund langjähriger eigener Erfahrungen zu der objektiven Aussage, daß die bisher erzielten Heilerfolge die Führung des Titels „Bad" rechtfertigen würden.
Nachdem auch der Landesfachausschuß für Kurorte am 3. 8. 1971 den Antrag der Stadt Sinzig auf Anerkennung der Ortsbezeichnung „Bad" für den Stadtteil Bodendorf ebenso befürwortet hatte wie die Bezirksregierung Koblenz, wurde er dem zuständigen Landesministerium für Soziales, Gesundheit und Sport in Mainz vorgelegt. Am 10. 11. 1971 besichtigte der zuständige Referent des Ministeriums, Herr Regierungsdirektor Dr. Sattler, gemeinsam mit Herrn Verbandsdirektor Dr. Grathoff, dem Vorsitzenden des Landesfachausschusses für Kurorte, Bodendorf. Bei diesem Besuch zeichnete sich bereits eine positive Stellungnahme des Ministeriums ab.
Durch Erlaß vom 14. 1. 1972 bestätigte Herr Staatsminister Dr. Geißler im Einvernehmen mit den übrigen beteiligten Ministerien die frühere Anerkennung von Bodendorf als „Heilbad".
Damit war der Weg frei für die kommunal-rechtliche Bezeichnung ,,Bad" als Bestandteil des Gemeindenamens für den Stadtteil Bodendorf der Stadt Sinzig durch das hierfür zuständige Landratsamt Ahrweiler. Den Antrag zu dieser Namensbezeichnung hatte der Stadtrat von Sinzig in seiner Sitzung am 11. 6. 1971 einstimmig beschlossen. Hiernach soll die künftige Bezeichnung lauten: „Sinzig — Stadtteil Bad Bodendorf".
Die kommunal-politische Aufgabenstellung und ihre Erfüllung im Heilbad Bodendorf
Die Auszeichnung des Sinziger Stadtteiles Bodendorf mit dem Gütezeichen „Bad" ist in erster Linie privater Initiative zu danken. Sie wäre aber nicht möglich geworden, wenn die Gemeinde Bodendorf und später die Stadt Sinzig als ihre Rechtsnachfolgerin nicht für die notwendige kommunale Infrastruktur gesorgt und so die erfolgreichen Bemühungen von privater Seite unterstützt und ergänzt hätten. Auch in diesem Beitrag dankt die Stadt Sinzig den Begründern und Trägern der Kurmitteleinrichtungen, dem rührigen Verkehrsverein von Bodendorf, der Sanatorien, Hotels, Pensionen und Gasthäuser sowie allen Mitbürgern, die durch ihren persönlichen und finanziellen Einsatz zu dem jetzigen Stand des Badeortes beigetragen haben. Jedem Kenner der örtlichen und der allgemeinen Verhältnisse auf dem Gebiet des Bäderwesens ist aber bekannt, daß der heutige Stand nicht genügt, wenn sich Bad Bodendorf im Kranz der deutschen Kur- und Badeorte behaupten und gar seine Stellung noch verbessern will. Deshalb wäre es sehr zu begrüßen, wenn die Bemühungen der Firma Hardt um eine Veräußerung der gesamten Kurmitteleinrichtungen bald erfolgreich abgeschlossen werden könnten. Ohne ein Hallenthermalbad kann nun einmal in Bodendorf die Saison nicht verlängert und der ungewollt lange „Winterschlaf" nicht verkürzt werden.
Der Strukturwandel von einem Bauern-, Winzer- und Arbeiterdorf zu einem aufstrebenden Kur- und Badeort mit einer stürmischen baulichen Entwicklung hat auch die Gemeinde Bodendorf vor schwierige Aufgaben gestellt. Die Hauptlast hat in dieser schwierigen Aufbauphase von 1945 bis 1969 Herr Josef Bauer als ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Bodendorf getragen. Er wurde hierbei unterstützt von einem verantwortungsfreudigen Gemeinderat, der manchen schwerwiegenden Beschluß gefaßt hat.
Die Gemeinde Bodendorf hat ihrem verdienstvollen ehemaligen Bürgermeister Josef Bauer das Ehrenbürgerrecht verliehen. Besser konnte sie seine Verdienste um die Gemeinde Bodendorf nicht würdigen und ihren Dank ihm gegenüber abstatten, zumal Bürgermeister durch Dankesbeweise im allgemeinen nicht gerade verwöhnt werden.
Besondere Verdienste um die Entwicklung der Gemeinde Bodendorf hat sich in den Jahren von 1962 bis 1969 Herr Amtsbürgermeister Josef Büchler erworben, der leider vorzeitig aus seinem Amt ausgeschieden und allzu früh verstorben ist.
Als Amtsbürgermeister des früheren Amtes Remagen hat er unter großem persönlichen Einsatz die Gemeinde Bodendorf vorbildlich betreut. Seinem dynamischen Wesen und seiner bekannten „Baufreudigkeit" ist es zu danken, daß in den sechziger Jahren beim Kanal- und Straßenbau entscheidende Fortschritte erzielt worden sind. Daß diese großen Baumaßnahmen trotz beachtlicher Zuschüsse des Staates nicht ohne Eigenbeteiligung der Bürgerschaft finanziert werden können, versteht sich für jeden einsichtigen Mitbürger von selbst. Die seit knapp drei Jahren für Bodendorf zuständige Stadt Sinzig braucht ihr Licht aber auch nicht unter den Scheffel zu stellen: Anfangs skeptisch eingestellte Bodendorfer Bürger erkennen heute an, daß die Stadt Sinzig die Aufbauarbeit in Bodendorf nicht nur folgerichtig fortgesetzt, sondern auch neue gewichtige Akzente gesetzt hat.
Thermalschwimmbad
in Bad Bodendorf
Foto: Kreisbildstelle
So ist von der Stadt Sinzig auf einem verwilderten gemeindeeigenen Grundstück an der Ahrbrücke im Jahre 1971 ein schöner Mini-Golf-Platz geschaffen worden, der sich bei Jung und Alt großer Beliebtheit erfreut. Der rührige Tennisklub Bodendorf ist beim Bau seiner vier Tennisplätze auf einem gemeindeeigenen Grundstück in den Jahren 1970 und 1971 auch von der Stadt Sinzig finanziell unterstützt worden. Der rege Sportbetrieb auf allen Plätzen ersetzt jeden Kommentar über die Notwendigkeit dieser Tennisplätze in einem Kur- und Badeort.
Golfplatz in
Bad Bodendorf
Foto: Kreisbildstelle
Eine „Trimm-Dich-Strecke" wurde als nächste Sport- und Freizeitanlage unterhalb der Tennisplätze geschaffen und am 13. 5. 1972 eröffnet. Mit dem Bau eines gemeinsamen Umkleidegebäudes für die Fußball- und Tennissportler wird nach den genehmigten Bauplänen leider erst im. Jahre 1973 begonnen werden können, da der aus dem „Goldenen Plan" beantragte Landeszuschuß wegen der knappen Haushaltsmittel nicht 1972 bewilligt wird. Entlang der Ahr sind die Spazierwege bis zur Ehlinger Ley ebenso instandgesetzt worden wie im Bereich des gesamten Mühlenberges. Gerade der Mühlenberg ist als Naherholungsgebiet für Einheimische und Gäste von unschätzbarem Wert.
An allen Aussichtspunkten laden heute Ruhebänke zum Verweilen ein, und mehrere Schutzhütten gewähren Unterkunft bei plötzlichen Regengüssen.
Dank der privaten Initiative und des beispielhaften finanziellen Engagements von Herrn Josef Feiten aus Sinzig entsteht als neue Attraktion mit Unterstützung der Stadt Sinzig auf dem „Hellenberg" ein hoher Aussichtsturm, der einen herrlichen Rundblick über die schöne Landschaft an Rhein und Ahr bietet. Nach dem Ausbau der Burggrafenstraße verfügt das Kurgebiet über eine gute Verbindung zur benachbarten Stadt Sinzig für Fußgänger und Kraftfahrer. Wer jedoch die Natur in Ruhe genießen -will, benutzt auch heute noch den romantischen Weg entlang der Ahr. Dort ist in den vergangenen Jahren vom Verkehrs- und Verschönerungsverein Sinzig in freiwilliger Arbeitsleistung ein Schwanenteich entstanden, der sich in diesem Tierparadies besonderer Beliebtheit bei den Spaziergängern erfreut. Eine bessere verwaltungsmäßige Wahrnehmung der Aufgaben der Fremdenverkehrsförderung ist auch durch die ganzjährige Besetzung des städtischen Verkehrsamtes gesichert. Die ausgezeichnete Arbeit des Verkehrsamtes hat sich bereits sichtbar in steigenden Übernachtungszahlen niedergeschlagen.
Auch die Herausgabe der neuen Prospekte mit Unterkunftsverzeichnissen hat das Image von Bad Bodendorf gehoben.
Die Stadt Sinzig hat sich aber nicht nur darauf beschränkt, die Möglichkeiten der Bewegungstherapie zu verbessern, die in einem modernen Kurort immer stärker in den Vordergrund gestellt wird: Der Straßen- und Kanalbau wurde unter großem Kostenaufwand systematisch fortgesetzt, der kommunale Friedhof nach dem Plan eines erfahrenen Friedhofsarchitekten um 200 Grabstellen erweitert und eine neue Leichenhalle geplant, mit deren Bau in den kommenden Wochen begonnen wird.
Ergänzt werden muß diese „Erfolgsbilanz" noch durch den Hinweis auf die Planung eines neuen modernen Kindergartens für rund 100 Kinder (Baukosten: l Mio. DM). Die Baupläne sind inzwischen von allen staatlichen Stellen genehmigt und die beantragten Zuschüsse bewilligt worden. Mit dem Neubau des Kindergartens wird ebenfalls in den kommenden Wochen begonnen. Damit wird gerade ein berechtigter Wunsch junger Bad Bodendorf er Familien erfüllt! Im Stadtteil Bodendorf ist die Nachfrage nach Baugrundstücken unverändert groß.
Aus diesem Grunde ist die nach dein Bundesbaugesetz bei den Kommunen liegende Bauleitplanung für Bad Bodendorf besonders wichtig. Initiiert von der Stadtverwaltung Sinzig sind inzwischen die für die Baugebiete „Am Rotberg", „Schützenstraße" und „Landskroner Straße" aufgestellten neuen Bebauungspläne von der Bezirksregierung Koblenz genehmigt worden. Vor der Genehmigung stehen die Bebauungspläne „Unter dem Acker", „Bäderstraße" und „Am Sonnenberg". Einen organischen Abschluß findet die inner-örtliche Bauleitplanung durch die neuen Bebauungspläne „Heerweg-Ellig" und „Hauptstraße—Saarstraße".
Durch all diese neuen Bebauungspläne werden für die künftige Bebauung möglichst frühzeitig klare Rechtsverhältnisse geschaffen: Neben den begehrten Bauflächen werden zugleich auch die erforderlichen Verkehrs- und Grünflächen der Stadt Sinzig gegenüber bereitgestellt und zu diesem Zweck die Grundstücke umgelegt, soweit dies für eine Bebauung notwendig ist. Bei all diesen Planungen darf der Schutz der Landschaft vor störenden Eingriffen nicht übersehen werden. Es wäre nach Auffassung des Verfassers dieses Beitrages nicht zu verantworten, wenn durch eine übertriebene Verdichtung und Massierung der Bebauung oder eine Einbeziehung von städtischen Waldflächen in die Bebauung der Wohn- und Freizeitwert des jüngsten deutschen Badeortes beeinträchtigt würde! Als Bürgermeister der Stadt Sinzig möchte ich am Schluß dieser Ausführungen mit voller Überzeugung feststellen, daß Bad Bodendorf wegen seiner überaus günstigen geographischen Lage, seiner sauberen Luft und waldreichen ruhigen Umgehung und der vorhandenen sowie der noch zu schaffenden Kurmitteleinrichtungen recht gute Zukunftschancen besitzt, wenn sie nur von allen interessierten Kreisen in fruchtbarem Miteinander genutzt werden. Dann werden sich noch manche „Neubürger" ebenso wie der Verfasser in Bad Bodendorf und den schönen Mühlenberg verlieben und in Harmonie und Freundschaft mit den „Einheimischen" gern hier wohnen und leben. Dann werden aber auch immer mehr Kurgäste und Urlauber im reizvollen Bad Bodendorf und seiner schönen Umgebung Heilung und Erholung suchen.