Eisenbahnprobleme im Ahrlal

VON JAKOB RAUSCH

Von einer Eisenbahn im Ahrtal wurde sofort nach dem Kriege 1870/71 gesprochen. Der Plan wurde 1873 staatlicherseits genehmigt. Die erste vorgesehene Ahrtalbahn war gekoppelt mit der Bahn Bonn—Rheinbach— Enskirchen. Von Rheinbach sollte eine Bahn über Gelsdorf—Ringen—Heppingen durch das untere Ahrtal nach Sinzig oder Remagen führen. Dadurch wären Ahrweiler und das mittlere Ahrtal von der Bahn unberührt geblieben. Durch die Initiative Ahrweiler undWal-porzheimer Bürger unter Führung des Landtagsabgeordneten Alfred Dahm wurde beim Preußischen Eisenbahnministerium das Gesuch eingereicht, eine Bahn durchs Ahrtal von Remagen aus zu bauen. Da diese Linie weniger kostete und eine größere Bedeutung hatte als die 1873 geplante Linie, wurde diese Bahnlinie 1878 genehmigt. Sofort begann man mit der Grundstückserwerbung. Ahrweiler zahlte dafür dem Eisenbahnfiskus 20 ooo, Neuenahr 15 ooo und der Apollinarisbrunnen auch 15 ooo Mark. Die Bahn führte 1880 bis Ahrweiler, 1886 bis Altenahr und 1888 bis Adenau..

Die Bahnfrage wurde wieder akut, als man 1901 den Bau der Bahn Rheinbach—Gelsdorf—Ringen ins untere Ahrtal forderte. Am 19. März 1901 reichte der Kreistag unter Landrat Heising eine diesbezügliche Bittschrift beim Preußischen Staatsministerium in Berlin ein. Sie erinnert mit Recht daran, daß diese Linie schon 1873 genehmigt wurde. Auch erwähnt die Eingabe, daß die private Westdeutsche Eisenbahngesellschaft schon 1893 die Bahn als Schmalspurbahn bauen wollte. Aber der Bau dieser Bahn Rheinbach—Ahrtal bekam keine Zustimmung. Die Frage wurde jedoch im Jahre 1910 neu aufgeworfen, als im Kriegsministerium Berlin der Schlieffen-Plan fertig war. Dieser sah bei einem etwaigen Kriege mit Frankreich den Durchmarsch durch Belgien vor. Unter diesem Gesichtspunkt erhielt die Ahrtalbahn eine große strategische Bedeutung. Darum wurde die Bahn zweigleisig gebaut; auch wurde sie von Dümpelfeld durchs obere Ahrtal weitergeführt. Sie mündete mit drei Armen: in Blankenheim-Wald, in Jünkerath und Gerolstein in die Hauptstrecke Köln—Ge-rolstein—Trier. In Ahrweiler wurde die Bahn nördlich der Stadt verlegt, was zunächst einen tiefen Einschnitt und im Walporzhei-mer Auel einen Bahndamm erforderte.

Nun tauchte auch wieder das Vorhaben auf, die Bahn Liblar—Rheinbach—Ahrtal zu bauen. Es wurde der Plan von 1873 aufgenommen, die Bahn über Gelsdorf—Ringen nach Heppingen zu führen. Da legten die Engländer als Besitzer des Apollinarisbrunnens gegen diese Linienführung erfolgreich Protest ein. Sie behaupteten, durch den Bahnbau, besonders aber durch die nun durchs Ahrtal rollenden großen Güterzüge mit Eisenerz aus Lothringen und Koks aus dem Ruhrgebiet würden durch Erschütterungen die Quellen des Apollinarisbrunnens gestört und könnten verschüttet werden. Vielleicht aber auch ahnten die Engländer die strategische Bedeutung der Bahn, und als Mitglied der „Entente" verschärften sie erfolgreich den Protest. Nun mußte die Bahn von Ringen über die Höhe nördlich von Ahrweiler über Brücken und durch Tunnels bis nach Mayschoß gebaut werden. Das ist die „Unvollendete", und sie wird auch wohl unvollendet bleiben. Die kanalisierte Mosel hat den Erz- und Kokstransport übernommen. Zudem hat die Knorr-bremse die Beschleunigung der Güterzüge und damit die Leistungsfähigkeit der Bahn erheblich gesteigert. Auch sind Autos und Kraftwagen zum scharfen Konkurrenten der Bahn geworden, so daß wohl die Bahn von Liblar nach Mayschoß nie fahren wird. Eine strategische Bedeutung hat die Ahrtalbahn nach dem Freundschaftspakt mit Frankreich nicht mehr. Hier befolgen wir das Wort Werner Bergengruens, der uns mahnt:

Wir haben Kriege genug gesehen.
Laßt endlich die Kanonen stille stchn.
Unser Herrgott ist selber ein Ackersmann,
Er spannte zwei gald'ne Pferde an,
und zog drei Furchen:
in die erste säte er Weizen,
in die zweite pflanzte er Wein,
in die dritte friedliche gold'ne Zeit.
Gelobt sei Gott in Ewigkeit!