Krankenhäuser im Landkreis Ahrweiler
VON WINFRIED SCHNEIDER
Am 2. März 1968 fand in Gegenwart des Herrn Ministerpräsidenten Dr. h.c. Peter Altmeier die Einweihung des neuen Krankenhauses „Maria Hilf" in Bad Neuenahr statt. Der letzte und größte von drei Krankenhausneubauten im Landkreis Ahrweiler wurde damit seiner Bestimmung übergeben. Zuvor schon waren am 15. September 1966 der Neubau des St.-Josef-Krankenhauses in Adenau und am 24. November 1966 der Erweiterungsbau des Krankenhauses „Maria Stern" in Remagen eingeweiht worden.
Alle drei Krankenanstalten blicken ebenso wie das aufgelöste Ahrweiler Krankenhaus auf eine mehrere Jahrzehnte lange Geschichte zurück.
Die Geschichte des St.-Maria-Josef-Krankenhauses in Ahrweiler begann bereits im Jahre 1854. Unter dem Vorsitz des damaligen Dechanten Mertens bildeten Ahrweiler Bürger eine Gesellschaft, die sich das Ziel setzte, eine Anstalt zur Aufnahme und Pflege armer kranker Menschen zu gründen. Man erwarb ein geeignetes Haus in der Niederhutstraße, und am 3. Mai 1855 entsandte das Mutterhaus der Schwestern vom hl. Karl Borromäus in Trier drei Schwestern nach Ahrweiler. Erste Oberin des Hauses wurde Elise Berres. Durch notariellen Vertrag vom 28. September 1863 wurde das gesamte Anstaltsvermögen der kath. Pfarrgemeinde St. Laurentius übertragen, die seitdem Trägerin des Krankenhauses ist und schon bald mit der ersten Erweiterung des Hauses begann, der später noch zahlreiche Um- und Erweiterungsbauten folgten.
Die Anfänge des St.-Josef-Krankenhauses in Adenau haben ihren Ursprung im Jahre 1863, dem Gründungsjahr der Genossenschaft der Waldbreitbacher Franziskanerinnen. Glückliche Umstände wollten es, daß bei der feierlichen Einkleidung der ersten drei Waldbreitbacher Schwestern am 13. März 1863 ein Adenauer Bürger zugegen war. Dieser bat die Gründerin und erste Oberin der Ordensgemeinschaft, Mutter Maria Rosa, eine ihrer beiden Mitschwestern zur ambulanten Krankenpflege nach Adenau zu entsenden. Mutter Maria Rosa erfüllte seine Bitte und entsandte schon am 24. April desselben Jahres die aus Dernau stammende Schwester Maria Theresia, geb. Gertrud Beißel, nach Adenau, um dort die erste Filiale der Waldbreitbacher Franziskanerinnen zu gründen. Nachdem ihr weitere Schwestern gefolgt waren, begann man im Jahre 1866 mit dem Bau eines Krankenhauses.
Krankenhaus „Maria
Stern", Remagen — Neubau
Foto: Stang
Waldbreitbacher Franziskanerinnen waren es auch, die die Betreuung des 1885 fertiggestellten Krankenhauses „Maria Hilf" in Bad Neuenahr übernahmen. Dieses Krankenhaus verdankt seine Entstehung dem Entdecker des Apollinarisbrunnens und der warmen Heilquellen in Bad Neuenahr, Georg Kreuzberg. Dieser hatte, bevor er 1873 starb, seinen Kindern den Auftrag erteilt, eine wohltätige Stiftung zur Pflege unbemittelter kranker Menschen ins Leben zu rufen. Zehn Jahre später, am 28. Juli 1883 — man beging an diesem Tage die 25. Jahrfeier der Quellenweihe — wurde der Wunsch des Verstorbenen erfüllt. Seine Kinder legten den Grundstein zur „Georg-Kreuzberg-Stiftung Maria Hilf". Fast 80 Jahre lang bestand die Stiftung, bis man am 15. September 1962 ihre Auflösung beschloß und ihr Vermögen der Genossenschaft der Franziskanerinnen in Waldbreitbach übertrug.
Privater Initiative ist auch die Entstehung des Krankenhauses „Maria Stern" in Remagen zu verdanken. Der im Jahre 1890 verstorbene Arzt Dr. Bernhard Apollinaris Harling und seine Ehefrau Auguste geb. Dumont vermachten ihr geräumiges Wohnhaus der kath. Pfarrgemeinde Remagen, damit es zu einem Krankenhaus ausgebaut werde. Nachdem der Umbau vollendet war, zogen am 8. September 1892 die ersten vier Schwestern der Franziskanerinnen von Nonnenwerth im Hause ein, um sich der Krankenpflege zu widmen. Im Jahre 1904 wurde ein großer Anbau mit Kapelle erstellt, dem später noch ein Isolierhaus angegliedert wurde. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges standen in den vier Krankenanstalten des Landkreises Ahrweiler insgesamt 424 Betten zur Verfügung, davon 80 in Adenau, 101 in Ahrweiler, 153 in Bad Neuenahr und 90 in Remagen. Schon bald ergab sich, daß diese vier Krankenhäuser in ihrer Größenordnung und Ausstattung der wachsenden Bevölkerungszahl und den Anforderungen einer modernen Krankenpflege nicht mehr gerecht wurden.
Zahlreiche Faktoren haben zu einer Steigerung des Bettenbedarfs gegenüber der Vergangenheit geführt. Neben der natürlichen Zunahme der Bevölkerung bringt vor allem die gestiegene Lebenserwartung, d. h. der wachsende Anteil älterer Menschen an der gesamten Bevölkerung, eine zunehmende Inanspruchnahme der Krankenhäuser mit sich. Ähnliche Auswirkungen haben die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft, da die vielfach sehr kostspieligen modernen medizinischen Geräte fast nur noch in Krankenhäusern bereitgehalten werden können. Auch die fortschreitende Industrialisierung und die damit verbundene erhöhte Unfallgefahr sowohl im Betrieb als auch im Verkehr tragen zu dem erhöhten Bettenbedarf bei. Das gleiche gilt für die veränderten Lebensgewohnheiten. Mehr als früher herrscht heute die Zweigenerationenfamilie vor, in der häufig beide Ehegatten berufstätig sind. Diese Tatsache sowie die beengten Wohnverhältnisse — besonders im sozialen Wohnungsbau — tragen dazu bei, die Möglichkeit und auch die Bereitschaft zur heimischen Krankenpflege einzuschränken. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß heute mehr als 80% aller Kinder im Krankenhaus geboren werden, während es zur Zeit der Jahrhundertwende nur 1 % waren. Im übrigen ist auch die Tatsache, daß die im Krankenhaus Verstorbenen ungefähr die Hälfte aller Sterbefälle ausmachen, ein Anzeichen für die starke Inanspruchnahme der Krankenhäuser durch die Bevölkerung. Heute wird der Bedarf an Betten für Akutkranke in landwirtschaftlich bis gewerblich gemischt strukturierten Räumen, zu denen der Landkreis Ahrweiler gehört, mit 60 bis 70 je 10 ooo Einwohner angegeben. Die im Landkreis Ahrweiler nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges zur Verfügung stehenden vier Krankenhäuser mit ihren 424 Betten trugen diesem Bedarf nicht Rechnung. Auch in ihrer Größe und Ausstattung entsprachen sie nicht den heutigen ärztlichen, hygienischen, pflegerischen und wirtschaftlichen Anforderungen. Es mußte also sowohl für eine Erweiterung des Bettenbestandes als auch für eine Modernisierung des Krankenhauswesens gesorgt werden. Hierbei galt es zu bedenken, daß die Unterhaltung moderner medizinischer Einrichtungen nur in größeren Anstalten möglich ist, weil in kleinen Häusern ihre wirtschaftliche Ausnutzung nicht gewährleistet werden kann. Auch die Verpflichtung hauptamtlicher Fachärzte, die deshalb erwünscht ist, weil die unvermeidliche häufige Abwesenheit des Arztes bei nur nebenberuflicher Tätigkeit am Krankenhaus mit zu großen Risiken verbunden ist, setzt eine bestimmte Mindestgröße der einzelnen Abteilungen voraus, damit die ohnehin schon erheblichen Personalkosten in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen gehalten werden können. Schließlich ist auch der wirtschaftliche Einsatz des Pflegepersonals, seine Ausbildung und Unterbringung zu attraktiven Bedingungen heute nur noch in größeren Anstalten möglich.
Alle diese Überlegungen trugen dazu bei, daß man im Landkreis Ahrweiler zu der Überzeugung kam, das Ziel einer Modernisierung des Krankenhauswesens und einer Erhöhung der Bettenzahl sei am besten durch ein umfangreiches Neubaupogramm zu erreichen. Aus wirtschaftlichen Erwägungen wurde dabei gleichzeitig eine Konzentration angestrebt: durch Auflösung des Krankenhauses in Ahrweiler und erhebliche Erweiterung des Bettenangebots in Bad Neuenahr sollte die Zahl der Krankenhäuser von vier auf drei reduziert werden. Mit der Verwirklichung des Neubauprogramms wurde zunächst in Remagen begonnen. Im Jahre 1958 erhielt der Architekt Hermann Schorn den Auftrag, an Stelle des abzubrechenden ehemaligen Wohnhauses der Eheleute Dr. Harling einen Erweiterungsbau zu errichten. Der Bau wurde 1960 begonnen und 1962 vollendet. Zuvor schon hatte man sich entschlossen, auch die restlichen Teile des Altgebäudes, die zunächst umgebaut werden sollten, abzubrechen und durch einen weiteren Neubau zu ersetzen. Dieser zweite Bauabschnitt wurde in den Jahren 1963 bis 1966 unter der Leitung des Architekten Aug. Schabram, den man nach dem Tode des Architekten Schorn im Jahre 1962 mit der weiteren Planung beauftragt hatte, durchgeführt. Mit der Fertigstellung des neuen Krankenhauses konnte dessen Kapazität verdoppelt werden. Die vorhandenen 180 Betten verteilen sich auf eine chirurgische, eine innere, eine gynäkologisch-geburtshilfliche und eine Kinder-Abteilung. Während den beiden erstgenannten Abteilungen hauptamtliche Ärzte vorstehen, werden die beiden letztgenannten Abteilungen von Belegärzten betreut. Eine Röntgen- und eine Bäderabteilung sind dem Krankenhaus ebenfalls angegliedert. Der gesamte Neubau einschließlich eines Wohnhauses für die Ordensschwestern und die Angestellten des Hauses kostete 9,5 Millionen Mark. Die Kosten wurden gemeinsam von der Genossenschaft der Franziskanerinnen von Nonnenwerth, die auch Eigentümerin und Trägerin des neuen Hauses ist, der Stadt Remagen, dem Landkreis Ahrweiler und dem Land Rheinland-Pfalz aufgebracht. Fast gleichzeitig mit dem zweiten Bauabschnitt des Remagener Krankenhauses, nämlich ebenfalls in den Jahren 1963 bis 1966, entstand auch der Neubau des St.-Josef-Krankenhauses in Adenau.
Krankenhaus „Maria
Hilf", Bad Neuenahr
Foto: Jakob u. Helena Steinborn
Auch hier hatte man längst erkannt, daß die für Patienten, Ärzte, Schwesternschaft und Pflegepersonal gleichermaßen unzumutbaren Verhältnisse im alten Krankenhaus durch interne bauliche Änderungen nicht zu beseitigen waren, und deshalb den Architekten Hansjoachim Necke-nig aus Neuwied mit der Planung eines neuen Krankenhauses beauftragt. Durch die Neuplanung wurde auch hier fast eine Verdoppelung der Bettenzahl erreicht: der dreigeschossige Baukörper hat bei Maximalbelegung eine Kapazität von 146 Betten. Die Ausstattung des Krankenhauses umfaßt eine chirurgische, eine innere, eine geburtshilfliche, eine Röntgen- und eine Bäder- und Massageabteilung. Ähnlich wie im Remagener Krankenhaus wurde auf die Einrichtungen zur Behandlung Unfall-Verletzter besonderer Wert gelegt, weil deren Zahl infolge der Nähe des Nürburgringes nicht unerheblich ist. Die etwa 7 Millionen Mark ausmachende Baukostensumme wurde von der Genossenschaft der Franziskanerinnen von Waldbreitbach, der Stadt Adenau, dem Landkreis Ahrweiler und dem Land Rheinland-Pfalz gemeinsam aufgebracht. In Bad Neuenahr hatte man schon in den ersten Nachkriegsjahren das Krankenhaus durch einen Anbau erweitert. Doch auch hier stellte es sich einige Jahre später als notwendig und zweckmäßig heraus, ein völlig neues Krankenhaus zu errichten. Da auch das Ahrweiler Krankenhaus den Anforderungen der Zeit nicht mehr genügte und für eine Modernisierung nicht in Frage kam, entschloß man sich zu einem großzügigen Neubau, der an die Stelle der beiden alten Krankenhäuser treten und gleichzeitig dem zwischenzeitlich gestiegenen Bedarf an Krankenbetten Rechnung tragen sollte. So wurde in den Jahren 1964 bis 1967 nach den Plänen des Architekten J. P. Jacobs aus Weinheim neben dem alten Krankenhaus in Bad Neuenahr ein modernes Schwerpunktkrankenhaus mit 410 Betten erstellt. Die Größenordnung des Krankenhauses ermöglichte es, hauptamtliche Ärzte als Leiter der chirurgischen, der inneren, der frauenärztlichen und der Röntgen-Abteilung anzustellen. Die Abteilungen für Augenkrankheiten, Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Orthopädie, Kinderkrankheiten und Urologie sollen durch Belegärzte betreut werden.
Die Gesamtkosten des neuen Krankenhauses betrugen 18,2 Millionen Mark. Sie wurden im wesentlichen von der Genossenschaft der Franziskanerinnen von Waldbreitbach, der Stadt Bad Neuenahr, dem Landkreis Ahrweiler und dem Land Rheinland-Pfalz getragen. Auch die Stadt Ahrweiler leistete einen finanziellen Beitrag.
Mit der Fertigstellung der neuen Krankenhäuser in Remagen, Adenau und Bad Neuenahr wurde auf dem Wege der Versorgung des Landkreises Ahrweiler mit zentralörtlichen Einrichtungen ein erstes Planziel erreicht. Während es beispielsweise auf den Gebieten des Straßenbaues, der Wasserversorgung, der Abwässer- und Müllbeseitigung oder des Baues von Altenheimen, Schulen, Kindergärten und Sportstätten noch manches zu tun gibt, kann die Versorgung der Bevölkerung auf dem Gebiete des Krankenhauswesens einstweilen als gesichert gelten. Mit 736 neuen Krankenbetten auf 93 444 Einwohner dürfte der augenblickliche Bedarf an Betten in Krankenanstalten für Akutkranke gedeckt und eine gute ärztliche und pflegerische Betreuung der Kranken gewährleistet sein. Vergleiche mit größeren Räumen, denen der Landkreis Ahrweiler angehört, zeigen seine überdurchschnittliche Ausstattung mit Krankenbetten. Während am i. i. 1966 auf 10 ooo Einwohner im Bundesgebiet 71,4, in Rheinland-Pfalz 68,2 und in der Region Mittelrhein (ohne Stadt Koblenz) 69,6 Krankenbetten in Krankenanstalten für Akutkranke entfielen, beträgt die entsprechende relative Bettenzahl im Landkreis Ahrweiler heute 78,6.
Über die Ausnutzung der Bettenkapazität in den neuen Krankenhäusern sind noch keine Zahlen bekannt. Im Jahre 1965 betrug nach Erhebungen des Statistischen Landesamtes die durchschnittliche Ausnutzung der Kapazität im Landkreis Ahrweiler 84%.
St.=Josef=Krankenhaus
in Adenau - Südseite
Foto: H. Esch
Dieser Wert kann als günstig bezeichnet werden. Eine wesentliche Unterschreitung des Wertes würde sich auf die wirtschaftliche Lage der Krankenanstalten nachteilig auswirken. Bei einer stärkeren Ausnutzung der Kapazität über einen längeren Zeitraum bestände demgegenüber die Gefahr, daß einer plötzlichen erhöhten Nachfrage nach stationärer Behandlung, wie sie z.B. aufgrund von Epidemien auftreten kann, nicht entsprochen werden könnte. Es ist daher zu hoffen, daß sich die durchschnittliche Beanspruchung der Bettenkapazität auch nach Inbetriebnahme der neuen Krankenhäuser nicht wesentlich ändern wird.
Sollte der Bedarf an Krankenbetten in Zukunft weiter ansteigen - und damit muß in Anbetracht der zu erwartenden Bevölkerungszunahme gerechnet werden -, so muß vor allem dafür gesorgt werden, daß das teure Krankenhausbett nur demjenigen zur Verfügung steht, der es wirklich braucht, und auch nur so lange, wie er es unbedingt benötigt. Dies setzt voraus, daß vor allem für pflegebedürftige alte Menschen Altenpflegeheime eingerichtet werden. Da im Landkreis Ahrweiler ein solches Heim noch nicht besteht und auch an Altersheimen noch ein akuter Mangel herrscht, wird das in der Stadt Ahrweiler geplante Altenpflegeheim mit 80 Betten eine große Lücke schließen. Gleichzeitig wird mit diesem Neubau die Tradition des St.-Maria-Josef-Krankenhauses in sinnvoller Weise fortgeführt werden.