Müllenbach hat eine interessante Geschichte
VON JAKOB RAUSCH
Müllenbach, südlich der Nürburg gelegen, hat eine bedeutungsvolle geschichtliche Lage. Hier an der Nürburg trafen sich in der 500jährigen Römerzeit die 3 römischen Provinzen: Untergermanien (Germania inferior) mit der Hauptstadt Cöln, Obergermanien (Germania superior) mit der Hauptstadt Mainz und Belgica mit der Hauptstadt Trier.
Müllenbach lag im nordöstlichen Zipfel der Provinz Belgica.
Zur Frankenzeit grenzten an der Nürburg der nördliche Argau, der südliche Mayengau und der westliche Eifelgau, zu dem Müllenbach gehörte, in einem Eck aneinander.
Der fränkische Bauer von Müllenbach war stolz auf sein Bodenrecht, auf sein Wehrrecht und auf sein Dingrecht, das ihn zur Teilnahme an den Volks- und Gerichtsverhandlungen befähigte. Haus, Hof, Acker und Wiese waren Allodbesitz der freien Bauern. Nur 4 W: Wald, Weide, Wege, Wasser waren Allmende der Dorfgemeinschaft (Allodbesitz — persönliches Eigentum; Allmende = Gemeindebesitz). Das Wehrrecht wurde dem freien Bauern in der Karolingerzeit durch die vielen und langen Kriege zur drückenden Heerespflicht. Auch das Dingrecht des freien Bauern schrumpfte ein, da jetzt der Thungking mit seinen Schöffen im Namen des Königs Recht sprach. Unser freier Bauer bildete jetzt nur den stummen Umstand, der höchstens als Zeuge auftreten konnte. Um das Wehrrecht, das zur lästigen Wehrpflicht geworden war, und das fast belanglose Dingrecht loszuwerden, trug unser Müllenbacher Bauer durch einen Bittvertrag (Precarievertrag) seinen bisher freien Hof als Lehen einem mächtigen Lehnsherrn an. Der Lehnsherr zog nun mit seinen Kriegern für den jetzt ihm hörigen Bauern in den Krieg und vertrat ihn auch auf der Dingstätte. Die Grafen von Daun wurden Lehnsherrn und auch Landesherren von Müllenbach. Kurtrier erwarb im Jahre 1427 durch Kauf das Amt Daun mit Kelberg und Müllenbach. Somit war nun der Erzbischof und Kurfürst von Trier politischer Landesherr von Müllenbach. Grundherr wurde das Kloster Maximin in Trier. Da aber das Eifeldekanat mit Daun, Ulmen, Kelberg und Müllenbach zur Erzdiözese Köln gehörte, war der geistliche Oberhirte von Müllenbach der Erzbischof von Köln, der seit 1276 auch weltlicher Landesherr der benachbarten Nürburg war. Im 17. Jahrhundert lösten die fleißigen und sparsamen Müllenbacher Bauern die grundherrlichen Verhältnisse mit dem Kloster Maximin, indem sie die Lehnsrechte durch Geld ablösten.
Somit wurden die Müllenbacher im 17. Jahrhundert wieder freie Bauern. Die Müllenbacher Gemeindeordnung vom 2. Mai 1754 entwirft ein anschauliches Bild von der Freiheit des Dorfes, dessen Bewohner sich Bürger nennen und jährlich einen Bürgermeister wählen. Diese Gemeindeordnung, auch Polizeiordnung genannt, umfaßt 41 Punkte. Sie besagen:
Müllenbach am
Fuß des Nürburgrings
Foto: Heinrich Esch
So waren die Müllenbacher im 18. Jahrhundert freie Bauern, die ihrem Landesherrn keine Steuern zu zahlen brauchten; nur die Gesetzesübertreter zahlten die Herrenstrafe, die vom Amtmann in Daun erhoben und dem Kurfürsten weitergeleitet wurde.
Ja, auch für Müllenbach bewahrheitet sich der Spruch: „Unter dem Krummstab ist gut wohnen."
Diese Lage änderte sich schlagartig, als die Franzosen 1794 das linke Rheinufer besetzten und es nachher dem französischen Staate eingliederten. Da verschwanden endgültig die Kurfürstentümer Trier und Köln. Müllenbach kam zur Mairie (Bürgermeisteramt) Kelberg zum Kanton Ulmen, Arrondissement (Bezirk) Bonn, zum Departement Rhein und Mosel mit der Hauptstadt Koblenz. Nun galt auch für Müllenbach nicht nur die französische Verwaltung, sondern auch das französische Recht. Weil auch der Erzbischof von Köln als Kirchenherr ausschied, wurde das linke Rheinland zur neuen Diözese Aachen zusammengefaßt.
Nur 20 Jahre dauerte die französische Fremdherrschaft.
Nach dem Sturze Napoleons kam Müllenhach durch den Wiener Kongreß 1816 zur Bürgermeisterei Kelberg, zum Kreise Adenau, zum Regierungsbezirk Koblenz, zur Rheinprovinz, zum Königreich Preußen. Bei der Auflösung des Kreises Adenau im Jahre 1932 kamen die Bürgermeistereien Kelberg, Virneburg und Kempenich zum Kreise Mayen. Da aber der Nürburgring ungeteilt dem Kreise Ahrweiler zugehören sollte, wurde Müllenbach 1932 aus der Bürgermeisterei Kelberg gelöst und dem Amte Adenau, also dem Kreise Ahrweiler, zugeteilt.
Während des ganzen Mittelakers bis zur Neuzeit gehörte Müllenbach zur Pfarrei Kelberg. Wohl hatte Müllenbach schon seit 1733 in seiner Kapelle besonderen Gottesdienst. Als 1825 das
ganze Eifeldekanat zur Diözese Trier kam, richteten die Müllenbacher mit den Nachbarorten ein Gesuch nach Trier zur Errichtung einer eigenen Pfarrei in Müllenbach. Aber erst 1922 ernannte der Bischof von Trier einen Vikar für Müllenbach. Im Jahre 1928 wurde die Vikarie Müllenhach mit den Filialen Rothenbach und Meisenthal vermögensrechtlich selbständig und in dieser Hinsicht von Kelberg getrennt, obwohl es sonst noch im Verbände der Muttergemeinde Kelberg verblieb.
Eine Kapelle von Müllenbach wird 1683 erwähnt. Sie wurde 1719 erweitert. In den Jahren 1923 bis 1925 wurde die jetzige neue Kirche durch Architekt Leidinger aus Adenau gebaut und die alte Kapelle als Jugendheim eingerichtet. Im Glockenturm hängen zwei alte und drei neue Stahlglocken. Im Jahre 1952 erhielt die Kirche eine Orgel, die von Orgelbaumeister E. Seifert aus Bergisch-Gladbach geliefert wurde.
Kirchenpatrone sind Servatius" und Dorothea, deren Namen auch auf der alten Glocke stehen. Der Grundbesitz der Kirche beträgt: 12,86 ha Wald, 1,35 ha Acker und Wiesen, 1,09 ha Acker und Wiesen als Meßstiftungen, 5,80 ha Acker und Wiesen und 0,16 ha Wald als Pfarrwittum. Im Jahre 1563 war Müllenbach mit 32 Feuerstellen der viertgrößtc Ort im Amte Daun. Durch den 30jährigen Krieg und die Pestzeit (1628) zählte Müllenbach 1652 nur 20 Familien.
Schule und
Ehrenmal in Müllenbach
Foto: Heinrich Esch
1896 hatte Müllenbach 302, 1926 400 und 1964 474 Einwohner.
Zunächst besuchten die Kinder die Pfarrschule in Kelberg; seit 1740 besitzt Müllenbach eine eigene Schule.