Kriegsgräber im Kreise Ahrweiler
VON HEINRICH MÜLLER
Über 20 Jahre sind verstrichen, seit die Furie eines unseligen Krieges über unsere Heimat hereinbrach und tiefe Wunden schlug, Wunden, nicht nur im Antlitz unserer herrlichen Landschaft, die erbarmungslos zerfetzt wurde; weit tiefere Wunden noch in den Herzen der Hinterbliebenen hinterließ, die einen oder sogar mehrere Kriegstote aus ihrer Familie zu beklagen haben. Vernarbt sind sie wohl in etwa in diesen langen Jahren nach dem wütenden Ringen; aber sind die Toten auch vergessen ? Diese Toten wurden einem ungerechten, grausamen Kriege geopfert. Wer wagt zu behaupten, daß dieser Krieg einer gerechten Sache gedient habe? Sie alle wurden dahingerafft, der Jüngling aus seiner mit Zukunftsplänen erfüllten Lebenserwartung, der Vater und Gatte aus einem treusorgenden Leben für seine Familie, die von Bomben zerfetzten Zivilpersonen, die diesen Krieg nicht gewollt hatten. Wie ein Hohn auf diese Todesopfer erklang der damals übliche amtliche Vermerk: „Gefallen für Führer, Volk und Vaterland!"
Man sagt, daß das Bewußtsein der Menschen unserer Tage auf allen Lebensgebieten von den brennenden Fragen der Gegenwart und dem Streben für die Zukunft überdeckt ist und trauerndes Gedenken an die Opfer der Kriege dagegen nur in die trostlose Vergangenheit führe und keine Hilfe für heute und morgen bedeute. Wie hart und unbarmherzig klingen solche Worte!
Ehrenfriedhof in
Ahrweiler
Foto: Walter Vollrath
Ehrenfriedhof in
Adenau
Foto: Heinrich Esch
Ehrenfriedhof in
Altenahr
Foto: Oscar Lorenz
Mögen die beiden Weltkriege dieses Jahrhunderts mit ihrer Not und dem großen Leid, das sie gebracht haben, uns zeitlich auch immer ferner rückenlassen — das Geschehen dieses Millionensterbens bleibt aber unverrückt in der Geschichte unseres Volkes bestehen. Während der Kriegszeit und unmittelbar danach galt es uns als selbstverständliche Verpflichtung, das Lebensopfer unserer Brüder, Söhne, Gatten und Väter nie zu vergessen. Diese Verpflichtung kann man nicht auf 20 Jahre begrenzen; sie bleibt vielmehr weiter bestehen.
Auch in den schweren Kämpfen innerhalb unseres Kreisgebietes sind viele wertvolle Menschenleben zu beklagen. Überall in der Landschaft stieß man auf die schlichten, rohgezimmerten Kreuze mit dem Stahlhelm. Diesen zerstreut liegenden Gefallenen bleibende Ruhestätten zu schaffen, hat sich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zur Aufgabe gestellt. So wurden zunächst die Feldgräber zu Gräberfeldern zusammengelegt. Durch die Umbettungen konnte vielen in den Feldgräbern oder bereits auf größeren Grabanlagen als unbekannt Bestatteten der Name wiedergegeben werden, wobei Erkennungsmarken, Ringe, Soldbücher oder sogar besondere Merkmale des Knochengerüstes beste Hilfe leisteten.
In fast allen größeren Gemeinden des Kreises Ahrweiler entstanden vorbildliche Ehrenstätten als Zeichen der Liebe und des hoffenden Glaubens, die hingeschiedene Angehörige immer in unseren Lebensring einbeziehen, auch wenn sie in fremder Erde ruhen.
Eine Übersicht dieser Kriegsgräberstätten (nach den Unterlagen der Bezirksregierung) zeugt für die gewaltigen Menschenverluste, aber auch für die von der Kriegsgräberfürsorge und den kommunalen Verwaltungen geleistete Arbeit.
1. Ahrweiler (Stadt) hat 303 Grabstätten, von denen 261 öffentlich gepflegt und 42 privat versorgt werden. Letztere sind Gräber von Zivilpersonen aus dem 2. Weltkrieg. Die Gesamtzahl der Grabstellen ist ferner aufzuteilen in 113 von Soldaten aus dem 2. Weltkrieg, 118 von Zivilisten aus den) 2. Weltkrieg, 61 Militärs aus dem 1. Weltkrieg. Ferner sind 5 Gräber von Russen aus dem ersten und 6 Gräber von Polen aus dem 2. Weltkrieg angelegt. Bis auf wenige Ausnahmen befinden sich alle Gräber auf geschlossenen Ehrenanlagen, die in den Jahren 1914/18 bzw. 1939/45 angelegt worden sind.
2. Adenau hat 153 öffentlich gepflegte Einzelgräber aus dem 2. Weltkrieg (3 Zivil- und 150 Militärangehörige sowie l öffentlich gepflegtes Sammelgrab mit 6 mohammedanischen Kriegern aus dem 1. Weltkrieg. Für alle Kriegstoten wurde 1944 eine Ehrenstätte angelegt.
3. Jammelshofen hat 15 öffentlich gepflegte Einzelgräber von Gefallenen aus dem 2. Weltkrieg.
4. In Rech sind 33 Kriegstote in Einzel- und Sammelgräbern beigesetzt. Hiervon werden 20 Gräber öffentlich, die übrigen 13 privat betreut. Von den 33 Kriegstoten waren 14 Zivilpersonen.
5. Henningen hat 22 Kriegsgräber (Einzel- und Sammelgrabstätten), von denen 12 der öffentlichen und 10 der privaten Pflege unterstehen. Es handelt sich um 9 Zivilangehörige und 13 Soldaten. Im Jahre 1966 erfolgte die Anlage eines Sammelgrabes mit 12 Kriegstoten.
6. Dernau hat in einem geschlossenen Gräberfeld 10 öffentlich gepflegte Einzelgräber von Soldaten. Die Anlage wurde 1966 vollendet.
7. Altenahr besitzt eine Ehrenstätte von 30 Kriegstoten, die in Einzelgräbern auf einem Ehrenfeld bestattet worden sind. Hier ruhen 8 Zivil- und 22 Militärpersonen. Alle Gräber werden aus öffentlichen Mitteln unterhalten.
8. Vischel hat 9 Einzclgräber, von denen 6 öffentlich und 3 privat gepflegt werden. Die Neuanlage wurde im Jahre 1966 errichtet.
9. In Aremberg befinden sich 7 Gräber, die auf einem geschlossenen Ehrenfeld im Jahre 1966 zusammengelegt wurden. 6 Gräber werden öffentlich und ein Grab wird privat gepflegt.
10. In Nohn sind 39 öffentlich gepflegte Gräber, von denen 2 aus dem 1. Weltkrieg stammen. Hier ruhen 16 Zivilisten und 23 Soldaten. Die Ehrenstätte befindet sich auf dem Pfarrfriedhof in Nohn.
11. Bad Neuenahr hat eine mustergültige Ehrenstätte mit 576 Gräbern, von denen 433 öffentlich und 6 privat gepflegt werden. 137 Grabstellen stammen aus dem 1. Weltkrieg. Die Kriegstoten wurden auf den Ehrenstätten 1914/18 und 1939/45 bestattet.
Ehrenfriedhof in
Bodendorf
Foto: Walter Vollrath
12. In Heimersheim wurden 51 Grabstellen errichtet, von denen 50 öffentlich und l privat gepflegt werden. Von den öffentlich gepflegten Gräbern stammen 18 aus dem 1. Weltkrieg und 32 aus dem 2. "Weltkrieg. Hierbei handelt es sich um 21 Zivil- und 30 Militärangehörige.
13. In Bad Niederbreisig wurde auf dem neuen Friedhof im Jahre 1966 eine Ehrenstätte für etwa 40 Kriegstote aus dem 2. Weltkrieg geschaffen.
14. Rheineck hat 6 Kriegstote Soldaten. Sie ruhen auf einer kleinen Ehrenstätte, die aus öffentlichen Mitteln unterhalten wird.
15. Auch Königsfeld hat 6 Grabstätten, die als Einzelgräber den öffentlichen Sorgemaßnahmen unterstehen.
16. Remagen hat geschlossene Ehrenstätten mit 165 Gräbern; 70 Soldatenplätze aus dem ersten Weltkrieg, die öffentlich gepflegt werden, 94 (60 Zivil- und 34 Militärangehörige) aus dem 2. Weltkrieg und l Grab aus dem 2. Weltkrieg eines polnischen Staatsangehörigen. Von den 95 Gräbern des 2. Weltkrieges befinden sich 51 in privater und 44 in öffentlicher Pflege.
17. In Oberwinter ruhen auf dem katholischen Friedhof 25 und auf dem evangelischen 38 Kriegsopfer. Die Errichtung einer gemeinsamen Ehrenstätte ist beabsichtigt.
18. In Vettelhoven werden von den 6 Kriegsgräbern 5 öffentlich (Soldaten) gepflegt, l Grab eines Zivilangehörigen steht in Privatpflege.
19. In Sinzig werden von den 83 Gräbern 33 privat und 50 öffentlich gepflegt. Es sind zwei Ehrenstätten angelegt, und zwar a) Ehrenteil Kinderfriedhof mit 12 Gräbern (35 Tote), b) Ehrenteil Mitte mit 38 Gräbern (67 Tote). Eine genaue Ermittlung der Militär- und Zivilangehörigen ist nicht möglich.
20. Bodendorf. Hier wurde die größte geschlossene Kriegsgräberstätte des Kreises geschaffen, die landeseigen ist und der Betreuungspflicht der Bezirksregierung obliegt. Sie zählt 1213 Gräber und wurde im Jahre 1957 durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. errichtet. Hier sind auch 41 Österreicher, 5 Ungarn, 4 Letten, 2 Holländer, 1 Franzose, 1 Pole und 1 Rumäne bestattet. Bei den Bestatteten handelt es sich bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich um Soldaten.
Ergänzend ist zu bemerken, daß die öffentlich gepflegten Kriegsgräber aus Bundes- bzw. Landesmitteln angelegt und betreut werden. Soweit in der Übersicht nicht ausdrücklich die Gräber des 1. Weltkrieges erwähnt worden sind, handelt es sich ausschließlich um Opfer des 2. Weltkrieges.
So stehen diese Ehrenstätten vor unseren Augen als Zeichen und Mahnmale, als Zeichen aller Gräber — denn das ist das besonders Schmerzliche dabei, daß wir an die meisten Kriegsgräber, die in aller Welt verstreut liegen, nicht herantreten können, um sie auch in unsere liebevolle Pflege und in unser Leben einzubeziehen. Sie sind aber auch Zeichen dafür, daß jeder Krieg ein furchtbares Schrecknis für die Menschheit ist, eine grausame Geißel als Werkzeug des Hasses und des Neides, der Vergewaltigung und der Vergeltung, wobei sich ganze Völker zerfleischen und vernichten.