JAKOB RAUSCH
Von den letzten Wölfen in unserer Heimat
Während des ganzen Mittelalters gehörten Wölfe zum Standwild unserer heimischen Wälder. Man suchte diesen auch für Menschen gefährlichen Räuber auszurotten durch Fanggruben, Wolfshaken und Wolfsnetze. Nach Erfindung des Schießpulvers entwickelte sich die Feuerwaffe. Die Flinte als Jagdgewehr rottete den Wolf in unseren Wäldern fast gänzlich aus. Trotzdem traten hier noch im 19. Jahrhundert immer wieder Wölfe auf. Es waren dies Wölfe aus den Ardennen, die besonders in Kriegseiten oder strengen Wintern ihre Raubzüge nicht nur in die westliche, sondern auch in die Osteifel bis zum Rheine ausdehnten. So berichtet uns der 1. Jahrgang des preußischen Amtsblattes des Rhein-Mosel-Departements (Bezirk Koblenz) aus dem Jahre 1815: „Am 21. Juli 1815 abends hat ein Wolf bei Winningen, Güls und Rübenach mehrere Menschen angefallen und sie mehr oder weniger, zum Teil tödlich, verwundet, auch Vieh und Hunde, die ihn angriffen, gebissen, bis er bei Rübenach erschlagen wurde. Ungewiß ob sich nicht noch mehrere Wölfe in der Gegend aufhalten, sind mehrere Jagden angestellt worden, allein es hat sich keine weitere Spur gezeigt. Demnach bleiben alle Sicherheitsmaßregeln. um so mehr nötig, da es mehr als wahrscheinlich ist, daß dieser Wolf und mit ihm mehrere andere durch das Kriegsgeräusch des angrenzenden französischen Departements verjagt wurde, wo sich deren bekanntlich viele aufhalten. Jeder, der sich zur Feldarbeit oder sonst über Land begibt, wird daher wohltun, sich mit irgend einer Waffe, es sei mit Lanze oder Heugabel oder festem Knüppel zu versehen, um sich gegen fernere mögliche Anfälle zu sichern, so wie auch die Forstbediensteten hierdurch besonders aufgefordert werden, sich nur mit gutgeladenen Gewehren und fleißig in die Reviere zu begeben und den Wölfen tätigst nachzuspüren. Wenn von jemanden ein Wolf gespürt wird, so muß er sofort der Ortsobrigkeit davon Anzeige tun. Diese veranlaßt, ohne Verzögerung, mit Zuziehung der Forstbediensteten die Verfolgung, hat aber unverzüglich den betreffenden Herrn Forstmeister durch einen besonderen Boten davon zu benachrichtigen."
Am 2. August 1815 berichtet dasselbe Amtsblatt: „Die in meiner Bekanntmachung vom 24. Juli geäußerte Vermutung, daß der nach vielem angerichteten Schaden neulich bei Rübenach getätigte Wolf nicht allein, sondern in größerer Begleitung aus seiner früheren Heimat an den Ufern des Rheins angelangt sein dürfte, hat sich nur zu sehr durch die Erscheinung einer Wölfin, die in der Gegend von Ahrweiler acht Menschen, welche sie nach und nach überfiel und mehr oder weniger schwer verwundete, bestätigt. Auch haben sich, nach eingezogenen Nachrichten, auf mehreren anderen Punkten der Rheinlinie und eine Strecke landeinwärts, sowohl bei Tag als bei Nacht, Wölfe sehen lassen, welche zur Vermeidung mehrerer Unglücksfälle, die größte Vorsichtigkeit für diejenigen anraten, welche über Land reisen oder den Feld- und anderen Arbeiten außerhalb bewohnter Orte nachgehen. Indem ich nun jedem, der sich in diesem Falle befindet, nochmal dringend anrate, sich mit tüchtigen Verteidigungsmitteln zu versehen, um jedem Anfalle nachdrücklichst begegnen zu können, fordere ich die Feld- und Waldschützen wiederholt zur größten Aufmerksamkeit und Tätigkeit auf und mache es denselben zur strengsten Pflicht, durch fleißiges Jagen und durch fortgesetztes Auflauern auf dem Anstand zur möglichen Ausrottung dieser gefährlichen Tiere nach allen Kräften beizutragen. Um zur Verfolgung dieser Tiere noch mehr aufzumuntern, habe ich die bisher auf die Erlegung eines Wolfes oder einer Wölfin bestandene Prämie um 20 Franken in der Art zu erhöhen mich veranlaßt gefunden, daß nunmehr für die Tötung einer trächtigen Wölfin 60 Franken, für die einer nicht trächtigen Wölfin 50 Franken und endlich für die Erlegung eines Wolfes 40 Franken entrichtet werden sollen, welches übrigens von erwachsenen Tieren verstanden werden muß, indem es bei jungen Wölfen, welche noch nicht zu Walde gehen, bei der bisherigen Prämie von 10 Franken auch in der Folge sein Bewenden haben wird." Am 15. August werden genaue Anweisungen gegeben, wie die Treibjagden auf Wölfe besser und großzügiger zu organisieren seien. Am 26. September wird berichtet: An der unteren Mosel wurden 14 Wölfe erlegt. Es sollen Wolfsgärten und Wolfsgruben mit neuerfundenen Fangmaschinen versehen werden,
Am 22. Oktober wurden weitere Anweisungen gegeben.
Am 20. Dezember 1815 wurden Wolfsjagdbezirke gebildet. In unserem Heimatkreis waren es folgende vier:
Am 11. 2. 1816 gibt der Generalkommissar Sack bekannt, daß den Opfern des rasenden Wolfes an der Ahr nachstehende Entschädigungen gezahlt werden:
1. Heinrich Rath v. Walporzheim | 150 Fr. |
2. Peter Odenhausen von Dcrnau | 30 Fr. |
3. Witwe Anna Itzig von Dernau | 20 Fr. |
4. Aloys Vikarius von Dcrnau | 50 Fr. |
5. Jakob Heimermann von Dernau | 25 Fr. |
6. Johann Creuzberg v. Mayschoß | 54 Fr. |
7. Witwe Abel Höhner von Vettelhofen | 50 Fr. |
8. Johann Calenberg von Vettelhofen | 30 Fr. |
9. Maria Agnes Klein von Aldendorf | 50 Fr. |
Summe: 459 Fr. |
Im Jahre 1816 wurden im Reg.-Bez. Koblenz 32 und im Bezirk Trier 173 Wölfe erledigt. Von 1816 bis 1888 wurden im Bezirk Trier 1700 Wölfe zur Strecke gebracht. Der letzte Wolf des Rheinlandes wurde 1900 bei Wallerfangen (Saar) gestreckt. Im Ahrtal erlegte man den letzten Wolf 1883 bei Blankenheim. Nach mündlicher Überlieferung soll der letzte Wolf in der Gemarkung Ahrweiler im Kriegsjahr 1870/71 unweit des „Häuschens" geschossen worden sein. Nach einer Volksmär sei der letzte Wolf Wolfsgasse erschlagen worden, was der Straße den Namen gegeben habe.
Nein, dieser Straßenname ehrt die Bürgermeisterfamilie Wolf, die einen Wolf in ihrem Familienwappen führt.
Der Wolf lebt heute noch weiter: in Märchen: Rotkäppchen, Der Wolf und die 7 Geißlein; in Fabeln: Der Wolf und der Fuchs, Der Wolf und der Mensch; in Sprichwörtern: Man muß mit den Wölfen heulen, Er ist hungrig wie ein Wolf; in Familien- und Vornamen: Wolf, Wolfhard, Wolfgang.
Auch sehen wir in den Wappen von Remagen, und der Familie Wolff v. Metternich den Wolf.