Gefangener Vogel
Manchmal spürt er wohl den Wind
im Traum,
und dann wiegen ihn die Käfigstangen,
wie das Zweigwerk ihn vor vielen langen
Monden wiegte im Holunderbaum.
Jäh erwachend, da die Amsel
rief,
weiß er wieder: dies ist nicht die gleiche
große Nacht, die kühle, sternenreiche,
die er unterm Blätterdach verschlief.
Doch voll süßer Körner lockt
der Trog,
blankes Spielzeug hat man ihm gespendet.
Und er nippt und tändelt und verschwendet
und hegreift nicht, wie man ihn betrog.
Sommers nur, wenn junger Vögel
Schrei
fern aus Wäldern widerhallt im Hofe,
schluchzet Antwort seine kleine Strophe,
hoch und süß, als brach ein Herz entzwei.
Herta Grandt