Eisenindustrie in der Eifel und im Herzogtum Arenberg
Peter Weber
„Ein reiches Eisenland war die Eifel. Überall an ihren Bächen und Flüsschen sprühten die Eisen und pochten mit dumpfem Schlage die Hammerwerke. Verklungen und entschwunden ist nun alles; hinabgezogen an den Rhein zur Kohle, dem größten Aufstieg entgegen." Mit diesen Worten beginnt Dr. Nicolaus Bömmels seine Ausführungen über die Eifeler Eisenindustrie im 19. Jahrhundert.1)
Als natürliche Grundlagen für die Eisenindus-trie galten Erze, Holzkohle und Wasser. Im Herzogtum Arenberg gab es Erzfunde in Lommersdorf und Schleiden. „Eifeler Brauneisenstein war kalk- und manganhaltig, von vorzüglicher Beschaffenheit und frei von jeder dem Hüttenbetrieb schädlichen Beimengung" (Virmond, 1896).2)
Brauneisenstein wurde im Gegensatz zum Roteisenstein schon seit Jahrhunderten Gegenstand des Bergbaues in der Eifel.3) „Das Bergwerk Lommersdorf soll schon zur Römerzeit in Betrieb gewesen sein". „Die Erbauung der Stahlhütte bei Dorsel durch eine Familie Kölzer ist für das Jahr 1633 belegt".4)
Die Herrschaft Arenberg umfasste einen wichtigen Bereich der Eifeler Eisenindustrie. Deshalb richtete sich die Politik der Herzöge zielstrebig auf die Nutzung und Entwicklung dieses Wirtschaftszweiges, zumal es kaum Alternativen gab.
Das beste Erz der Eifel wurde nach Angaben verschiedener Autoren in der Gemarkung Lommersdorf im Herzogtum Arenberg gefördert. Die Arenberger Hütten begründeten den guten Ruf des Eisens mit der Marke AR. Dieses war damals der gesuchteste Rohstoff der Waffenschmiede in Lüttich. Die Herzöge, weitschauende und tüchtige Kaufleute, erzielten 1650 einen Vergleich zwischen Arenberg und Manderscheid über die Lieferung der Lommersdorfer „Orgelsteine", dessen Bedingungen die Überlegenheit des herzoglichen Erzbesitzes verdeutlichen. Danach musste sich Manderscheid die Revision seiner Hütten Cronenburg und Müllenborn bieten lassen und sich verpflichten, nur „gemeines langes und kaufmannseyser" anzufertigen, dessen Preise die der herzoglichen Werke nicht unterbieten durften.
Später gaben die Arenberger als Grafen von Schleiden 1791 Konzessionen zu vier neuen unabhängigen Hütten. Dadurch war die Möglichkeit zu aufwärtsführender Entwicklung gegeben.
Der Aremberg nach 1800
Eine Voraussetzung für die Verhüttung der Eisenerze war das Wasser, das nicht überall bei den Erzgruben im notwendigen Umfang vorhanden war. Das Gleiche galt für die Kohle. Deshalb mussten Erze und Kohlen zu den Hütten, die an Wasserläufen errichtet waren, transportiert werden. Durch die Trennung von
Rohstoffgewinnung und -verarbeitung verteuerte sich die Produktion wegen der notwendigen Transporte. Durch diese wiederum hatten zahlreiche Fuhrleute Arbeit und Brot.Die herzoglichen Hütten an der Ahr waren Ahhütte und Stahlhütte. Aber schon früher wurde in Antweiler Lommersdorfer Eisenerz verarbeitet.5) Über die Kosten für die Errichtung und Unterhaltung der Anlagen geben Werksrechnungen hier und da Hinweise. Einige Zahlen sollen uns die Verhältnisse verdeutlichen.
Der Gesamtverbrauch einer Hütte in einem mittelguten Geschäftsjahr des 18. Jahrhunderts (außerhalb des Herzogtums Arenberg) betrug 1000 Wagen Kohlen und die doppelte Anzahl Karren Eisenstein. Die Kohlen kosteten damals 15 Taler je Wagen. Im Jahre 1815 kostete ein Wagen 54 „Franc".
Seit der Französischen Revolution waren die Eifeler Hütten (mit Ausnahme der königlichen Stahlhütte, die im Jahre 1823 an die Gebrüder Kramer, St. Ingbert verkauft wurde) in privater Hand. Die Betriebsführer dieser Hütten nannte man Reitmeister.
Ofenplatte mit der Darstellung der hl. Dreikönige
Diese Reitmeister betrieben nebenbei einen mehr oder weniger großen Ackerbau und bezeichneten sich selbst als Ackerer im Hauptberuf.6) Manche Reitmeister befassten sich auch mit Handel aller Art oder Gerberei.7) Dagegen betrieben die Hüttenmeister nur den Einkauf der Rohstoffe und den Eisenhandel.8)
Das Eisenerz wurde mit Hilfe der Holzkohle verhüttet. Der Bedarf an Holzkohle brachte Einnahmen aus den Wäldern und gab Waldarbeitern, Köhlern und Fuhrleuten Arbeit. In den Eifelwäldern rauchten die Kohlenmeiler. Während die Holzkohle des einen Meilers gelöscht wurde, brannte man den nächsten Meiler ab. Dadurch konnte man kontinuierlich arbeiten. Der Köhlerberuf und die Köhlerei waren im hiesigen Raum stark verbreitet. Das Dorf Ohlenhard soll aus einer Köhlersiedlung entstanden sein.
Kaminplatte mit den Wappen von der Mark und von Arenberg, um 1500
Der größte Teil der Holzkohlen wurde aus Laubholz gewonnen, und zwar aus Buchen und Birken, weil daraus die beste Holzkohle erzeugt wurde. Die abgekühlten Kohlen wurden auf einachsigen Karren, auf denen große geflochtene Körbe angebracht waren, zu den Hütten transportiert. Für den Fall, dass sich die heißen Kohlen während der Fahrt entzündeten, muss-te von den Fuhrleuten ein Holzeimer mitgeführt werden, damit sie Wasser schöpfen und das Feuer löschen konnten. Nach Ankunft in der Hütte wurden die „Köhlerkörbe" durch Abkippen auf dem Kohlenblech entladen. Zwei Kohlenmesser schaufelten die Kohlen in ein Fass und machten für jedes volle Fass einen Kreidestrich auf den Schaufelstiel. Nach dem Messen notierten sie die Anzahl der Fässer auf den steifen Hut des Fuhrmanns. Beim Betriebsleiter zeigte dieser dann seinen Hut vor und erhielt seinen Fuhrlohn.
Eugen Virmond schrieb über die Verhältnisse im 18. Jahrhundert: „Ein Hauer in den Eisensteingruben erhielt 60-70 Pf., Schlepper 25 Pf. für sechsstündige Arbeitszeit, Frauen und Kinder bekamen noch weniger. An Fracht erhielten Fuhrleute, welche die Erze zu den Hütten lieferten, 35 Pf. für das Sümmer; ein Einspanner lud 4 - 6 Sümmer höchstens, woraus sich also ein Tagesverdienst im Maximum von 2 Mk. 10 Pf. für Fuhrmann und Pferd ergab".
Im Winter war die „Höttekeu-Gicht", d.h. die Einfüllstelle des Feuers, besonders von den Leuten aus dem Dorf belagert. Sie wärmten sich dort auf und trockneten ihre Kleider. Auf den eisernen Herdplatten, welche das Gichtloch umgaben, brieten sie ihre Kartoffeln mit der Schale.
Die Mahlzeit der Hüttenarbeiter bestand meistens aus Kartoffeln mit Fett geschmort oder mit der Schale in der glühenden Asche gebraten, dazu Kaffee und Schwarzbrot, „wobei die Butter nicht gespart wurde".9)
Die ärmsten Leute suchten im Bachbett der Eifelbäche die verrosteten Eisenschlacken (Abfälle der Hüttenwerke) und verkauften sie sümmerweise an Privatunternehmer, die diese an die Bleiwerke lieferten. Die Eisenschlacken dienten als Schmelzmittel für die Bleigewinnung.
Bei Wassermangel standen die Hüttenwerke still. Im Winter, wenn alles mit Eis bedeckt war, musste das Werk ebenfalls ruhen, sofern man das Eis nicht entfernen konnte.
Als Folge der Französischen Revolution gingen 1802 im Herzogtum Arenberg fünf Eisenerzbergwerke, zwei Eisenhütten (Ah- und Stahlhütte) und eine Eisenschneidmühle verloren.
Herzog Prosper Ludwig von Arenberg (1785-1861) beantragte und erhielt eine neue Konzession und begann in Wiesgen bei Schleiden mit der Anlage eines großen Werkes. Die bereits ansässigen Hüttenmeister fürchteten zwar die Konkurrenz, konnten sich aber mit ihren Argumenten nicht durchsetzen. Die neue Anlage war vorbildlich und Wiesgen war neben Quint das größte Werk der gesamten Eifel. Im Jahre 1855 überragte seine Roheisenproduktion mit 15000 Zentnern im Wert von 39600 Talern die der anderen Werke um das Drei- bis Vierfache. Das Werk blieb lange lebensfähig und überlebte manche Betriebe. Erst im Jahre 1878 wurden auch dort die Öfen ausgeblasen.
Quellen und Anmerkungen:
Bömmels, Nicolaus: Die Eifeler Eisenindustrie im 19. Jahrhundert (Aus Natur und Kultur der Eifel, Heft 7), herausgegeben vom Eifelverein 1925
Virmond, Eugen: Geschichte der Eifeler Eisenindustrien von ihren ers-ten Anfängen bis zu ihrem Verfall, Schleiden 1896
Bergamt Koblenz (Hrsg.) Beschreibung rheinlandpfälzischer Bergamtsbezirke, Band 4, Koblenz 1979
Ebd.
Ebd.
Bömmels, Nicolaus: Eisenindustrie (wie 1)
Hagen, Justus: Geschichte der Familie Hoesch II., Köln 1916
Der Hüttenmeister stand einer Hüttengerechtigkeit vor. „Der Graf von Manderscheid-Blankenheim verlieh 1687 dem Hüttenmeister auf der Ahrhütte Kreis Schleiden eine Hüttengerechtigkeit." Gerechtsame ist ein deutrechtlicher Ausdruck für Privileg, Berechtigung, Dienstbarkeit, Gerecht, mhd. auch geschickt, tauglich. Nach E.G. Zitzen: Scholle und Strom, Bonn 1960
Virmond, Eugen: Geschichte
der Eifeier Eisenindustrien, wie 2)
Die Betriebsführer der Eisenwerke hießen Reitmeister und die Werke
Reitwerke. Das Wort reiten (ahd. ritan) bedeutete zurechtmachen,
bereitmachen, fertigmachen. Von Reitmeister ist der Familienname
Riehtmeister abgeleitet. Nach E.G. Zitzen: Scholle und Strom, Bonn 1960