Ignaz Görtz
Seit rund 30 Jahren gibt es die Verbandsgemeinde Altenahr, die im Zuge der rheinland-pfälzischen Kommunalreform im Jahre 1968 aus dem Amt Altenahr mit den Ortsgemeinden Ahrbrück. Altenahr. Berg, Dernau. Heckenbach, Hönningen, Kesseling, Kirchsahr, Liers, Lind, Mayschoß, Obliers, Plittersdorf, Rech und Staffel hervorging. In den folgenden Jahren wechselte die Ortsgemeinde Kalenborn, früher zum Amt Ringen gehörig, in die Verbandsgemeinde Altenahr, und die Zahl der Ortsgemeinden reduzierte sich durch den Zusammenschluß von Obliers und Plittersdorf mit Lind. Liers mit Hönningen sowie Staffel mit Kesseling.
Die heutige Verwaltungsstruktur ist das Ergebnis einer wechselnden
Entwicklung seit 1800, umfaßt dabei Gebiete, die eine mehrhundertjährige gemeinsame
politische Geschichte verbindet. Vor allem kann Altenahr auf rund 750 Jahre als
Verwaltungssitz zurückblicken, die sich im Wappen der Ortsgemeinde Altenahr und der
Verbandsgemeinde widerspiegeln, pas gespaltene Wappen zeigt einen halben silbernen Adler
mit goldener Krone im roten Feld sowie ein schwarzes Kreuz im silbernen Feld. Das schwarze
Kreuz im silbernen Feld weist auf die rund 550jährige Zugehörigkeit zu Kurköln hin. Der
silberne Adler im roten Feld steht für zwei historische Tatbestände:
Zum einen der Hinweis auf die preußische Zeit von 1815 bis 1945, zum ändern mit der
beigerügten goldenen Krone auf die Grafen von Are (Aar=Adler), zu deren Grafschaft
Altenahr und das Umland vom 11. bis 13. Jahrhundert gehörten.
Das Kurkölnische Amt
Als im Jahre 1246 die Grafen von Are-Hochstaden in der männlichen Linie ausstarben, schenkt Graf Friedrich. Propst zu Xanten, die Grafschaft mit den Burgen Are, Hart und Hochstaden der Kölner Kirche. Mit dieser Schenkung wurden die Erzbischöfe, später Kurfürsten von Köln, die Rechtsnachfolger der Grafen, deren Grafschaft in Ämter eingeteilt und nun durch Amtmänner (Burggrafen) verwaltet wurde. Burg Are wurde nun der Verwaltungsmittelpunkt des kölnischen Amtes Are (Altenahr). Zum kurkölnischen Amte Altenahr gehörten nach einer Amtsbeschreibung von 1638. die den Zustand über die Jahrhunderte bis zur Auflösung des kurkölnischen Amtes Altenahr 1799 wiedergibt:
Wappen der Verbandsgemeinde Altenahr.
Kirchspiel Altenahr mit den Orten Altenahr, Altenburg, Kreuzberg,
Reimerzhoven und den Höfen Burtscheid, Entelnburg, Hengsberg und Imgenhausen: Dingstuhl
Brück mit den Orten Brück, Denn und Pützfeld: Dingstuhl Liers: Prümische Vogtei
Kesseling mit den Orten Kesseling. Staffel und Weidenbach; Vogtei Hönningen der
Johanniter zu Adenau: Herrschaft Burgsahr mit Freisheim und teilweise Binzenbach:
Herrschaft Kirchsahr des Stifts Münstereifel mit Kirchsahr. teilweise Binzenbach. Hürnig
und Winnen:
Herrschaft Lind: Herrschaft Vischel mit Berg, Häselingen, Krälingen, Vellen, Vischel und
den Höfen Spring, Tungenburg und Weißenrath: Herrschaft Wensberg mit Obliers,
Plittersdorf und Herschbach: Wildbann rechts der Ahr.
Dieser Wildbann war durch eine königliche Schenkung von 992 in den Besitz der Grafen von
Are und in der Folge der Kurfürsten von Köln gelangt und diente vornehmlich der
Waldnutzung und der Jagd. Beaufsichtigt wurde er durch die sogenannten Wildförster, die
mit ihren Familien auf den Wildhöfen Engeln, Halbach und Ramersbach wohnten. Im übrigen
war dieses Gebiet unbewohnt. Die Bindung der Herrschaften ans Amt Altenahr lag zunächst
darin, daß sie als Burglehen vom jeweiligen Herrn der Burg vergeben wurden. Die Inhaber
der Herrschaften waren Burgmänner von Are, Nachfolger der einstigen gräflichen
Ministerialen. Verwaltet wurden die Herrschaften von einer Burg (Kreuzberg, Pützfeld,
Vischel, Wensberg) oder einem Rittersitz in Form einer befestigten Hofanlage (Burgsahr,
Lind). Der Herrschaft stand die niedere Gerichtsbarkeit in ihrem Bezirk zu, so daß die
Dorf- oder Hofgerichte kleinere Straftaten aburteilten sowie Grundstücksübertragungen
und -Streitigkeiten erledigten.
Die Dingstühle Brück und Liers sowie die Vogtei Kesseling band nicht nur der Gerichtszug nach Altenahr. Die dortigen Einwohner hatten auch Bede. Schatz. Rauchhühner. Schirmkorn, Holz und Stroh und weitere jährliche Abgaben auf Burg Altenahr abzuliefern und mußten auf den kurfürstlichen Ländereien oder bei Reparaturen und Bauarbeiten an Burg Altenahr Hand- und Spanndienste leisten. Die Einwohner der Herrschaften zahlten dagegen ans Amt nur einmalige Abgaben wie Kontributionen und andere Kriegslasten.
Bis zur Aullösung des kurkölnischen Amtes im Jahre 1798 blieben Umfang und Struktur unverändert. Nur der Verwaltungssitz, die Burg Are, wurde 1714 endgültig zerstört. Als Amtssitz wurde zu Füßen des Burgberges anstelle eines ehemaligen Burghauses ein neues Amtshaus gebaut.
Herrschaft Saffenburg
Das Gebiet der heutigen Ver-bandsgemeinde Altenahr schließt das einstige kurkölnische Amt Altenahr, die ehemalige Herrschaft Saffenburg. das sogenannte Heckenbacher Ländchen und die Herrschaft Kalenborn ein. Neben den Grafen von Are erscheinen an der Mittelahr die nicht weniger angesehenen Grafen von Saffenburg. Mittelpunkt der Herrschaft war die Saffenburg bei Mayschoß. Zu ihr gehörten Dernau mit dem Kloster Marienthal, Mayschoß mit dem an der Ahr gelegenen Bongart, Laach und Rech. Die Herrschaft blieb bis zur Ablösung durch die französische Verwaltung in ihrem Umfang und der rechtlichen Situation unverändert.
Die Herren von Burg und Herrschaft wechselten im Laufe der Zeit. Auf die Grafen von Saffenburg folgten 1424 die Grafen von Virneburg, 1545 bis 1593 die Grafen von Manderscheid. Der Besitz ging 1593 an die Grafen von der Mark über. deren Nachfolger von 1773 bis 1801 die Herzöge von Arenberg wurden. Die oberste Lehnshoheit übte seit 1323 Kurköln aus. Vom 13. bis zum 15. Jahrhundert hatte außerdem in Dernau eine ritterliche Familie von Dernau ihren Sitz, die eine eigene Burganlage bewohnte und zeitweilig mit dem Kirchspielsgericht belehnt war.
Die Orte der Herrschaft Saffenburg bildeten ein gemeinsames Kirchspiel. Die niedere Gerichtsbarkeil lag bei dem mit Schultheiß und sechs Schöffen besetzten Kirchspielgericht. Der Herr von Saffenburg hatte alle hoheitliche Gewalt und übte die hohe Gerichtsbarkeit aus. Kirchlich gehörten alle Orte in die Pfarrei Dernau, bis 1537 die Pfarrei Mayschoß mit Mayschoß.
Bongart und Laach abgetrennt wurde. Die Pfarrei Rech erlangte erst 1801 ihre Selbständigkeit.
Der Grundbesitz in den Orten Mayschoß, Bongart und Rech lag fast ausschließlich bei den Herren von Saffenburg, die diesen auch nach 1801 behielten und teils noch heute besitzen. In Dernau teilten sich in den Grundbesitz zahlreiche rheinische Klöster und Adelsfamilien, die hier ihre Weinhöfe besaßen.
Heckenbacher Ländchen und Herrschaft Kalenborn
Das sogenannte Heckenbacher Ländchen umfaßte das Kirchspiel Heckenbach mit den Orten Nieder- und Oberheckenbach, Cassel, Fronrath, Langhardt und Watzel. Heckenbach war eine reichsunmittelbare Herrschaft, die schon früh aus dem königlichen Besitz rechts der Ahr abgetrennt wurde und als Enklave in dem schon genannten kurkölnischen Wildbann lag. Eine erste urkundliche Erwähnung erfolgt am 1. November 1276, als König Rudolf dem Gerhard von Landskron und seinen Erben die Dörfer Königsfeld und Heckenbach mit Leuten, Gerichten und Wäldern zu Lehen gab. Inhaber der Herrschaft blieben bis zu ihrer Auflösung die jeweiligen Herren von Königsfeld. Kalenborn war eine reichsunmittelbare Herrschaft, die bis 1617 im Besitz der von Metternich war. Im Jahre 1737 kam sie durch Kauf an die Grafen von Hillesheim, die auch die Herrschaft Ahrental besaßen. Beide Herrschaften kamen 1785 im Erbgang an die Grafen von Spee.
Die französische Mairie
Als die französischen Truppen im Jahre 1794 das linke Rheinufer besetzten, wurden die Amtsgeschäfte im alten Rahmen, allerdings unter Kontrolle der Besatzung, vorläufig weitergeführt. Nach 1798 wurde im Anschluß an die Eingliederung des linken Rheinufers in den französischen Staatsverband die französische Zivilverwaltung aufgebaut. Dabei galt die Maxime, die alten Bindungen, vor allem die geistlichen Herrschaften zu zerschlagen, um auch nach außen den Bruch mit der ehemaligen Feudalordnung zu zeigen.
Altenahr mit Burg Are. dem ursprünglichen Verwaltungssitz des kölnischen Amtes, dem 1714 zu Füßen des Burgberges erbauten Amtshaus sowie dem heutigen Rathaus in Ortsmitte.
Altenahr blieb noch einige Monate Sitz des Kantons Altenahr, doch schon im Dezember 1798 wurde wegen der günstigeren Verkehrslage die Kantonalsverwaltung nach Ahrweiler verlegt.
Die Verwaltung der neugeschaffenen Mairie (Bürgermeisterei) wechselte von Altenahr nach Mayschoß. Zu dieser Mairie gehörten die Orte der früheren Herrschaft Saffenburg, Kalenborn und aus dem ehemaligen kurkölnischen Amt noch Altenahr, Altenburg und Reimerzhoven. Den übrigen Teil des kurkölnischen Amtes faßte man in der Mairie Brück zusammen, wobei Kreuzberg aus dem Kirchspielsverband Altenahr gerissen wurde. Herschbach kam in den Kanton Adenau, das Kirchspiel Heckenbach in den Kanton Virneburg.
Bürgermeisterei Altenahr
Als durch den Wiener Kongreß die Rheinlande dem Königreich Preußen zugesprochen wurden, wurde zunächst die etwas willkürliche Einteilung der französischen Verwaltung übernommen. Das Gebiet der heutigen Verbandsgemeinde Altenahr gehörte zur Bürgermeisterei Mayschoß im Kreis Ahrweiler, zur Bürgermeisterei Brück bzw. Heckenbach zur Bürgermeisterei Virneburg im Kreis Adenau.
Im Jahre 1818 kam es zur Neugliederung der Verwaltung, bei der man auf die historisch gewachsenen Bindungen mehr Rücksicht nahm, zumal diese aus der Zweckmäßigkeit der geographischen Lage und der dadurch bedingten Verkehrsanbindung sich entwickelt hatten. Altenahr wurde nach 20jähriger Unterbrechung wieder Sitz der Bürgermeisterei. Der Bürgermeister nahm wieder im alten kurkölnischen Amtshaus Wohnung.
Die Bürgermeisterei Altenahr blieb im Kreis Ahrweiler und bekam aus der Bürgermeisterei Brück, die im Kreis Adenau verblieb, die nun selbständige Gemeinde Kreuzberg und die Großgemeinde Berg mit Binzenbach, Burgsahr, Freisheim, Häselingen, Hürnig, Kirchsahr, Krälingen. Hof Spring, Hof Tungenburg, Vellen, Vischel, Hof Weißerath und Winnen zugeschlagen. Kalenborn wurde der Bürgermeisterei Gelsdorf, später Ringen, zugeordnet. In den ersten Jahrzehnten befand sich die Verwaltung in der jeweiligen Wohnung des Bürgermeisters. Erst am 5. November 1879 wurde ein eigens für diesen Zweck erbautes Bürgermeisteramt bezogen.
Amt Altenahr
Im Jahre 1932 kam durch die Auflösung des Kreises Adenau die Bürgermeisterei Brück zum Kreis Ahrweiler. 1936 wurden im Zuge kommunaler Neuordnung die Bürgermeistereien Altenahr und Brück aufgelöst und zu einem neuen Amt Altenahr mit Sitz in Altenahr vereinigt. Für die Amtsverwaltung wurde anstelle des 1879 erbauten Bürgermeisteramtes in der Folge das Altenahrer Hotel Caspari angekauft und umgebaut, das nach umfassender Renovierung in den Jahren 1992/93 heute noch die Verhandsgemeindeverwaltung beherbergt.
Gebietliche und strukturelle Veränderungen brachte schließlich die Einrichtung des Luflwaffenübungsplatzes Ahrbrück. In den Jahren 1937 bis 1939 wurden die Bewohner der Dörfer Denn, Weidenbach, Herschbach, Kaltenborn, Lederbach, Cassel, Fronrath, Watzel, Blasweiler, Beilstein, Nieder- und Oberheckenbach evakuiert und die Gemeinden aufgelöst. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde das Gebiet zur Wiederbesiedlung freigegeben. Die Verwaltung des Gutsbezirks Ahrbrück. zu dem alle damals geräumten Dörfer gehörten, lag beim Amt Altenahr. Mit der Auflösung des Gutsbezirks und der Bildung der neuen Gemeinden wurde das Amt Altenahr um die Gemeinde Heckenbach mit Beilstein, Blasweiler, Cassel, Frankenau, Fronrath, Nieder- und Oberheckenbach und Watzel erweitert.
Verbandsgemeinde Altenahr
Im Zuge der rheinland-pfälzischen Verwaltungsreform wurde 1968 aus dem Amt" Altenahr die Verbandsgemeinde" Altenahr, deren Sitz Altenahr blieb und die in ihrer gebietlichen Ausdehnung zunächst keine Änderung erfuhr. Nur der Zuschnitt der Gemeinden Altenahr und Ahrbrück wurde 1969 in der ersten Phase der territorialen Verwaltungsreform verändert, denen später noch durch freiwillige Zusammenschlüsse die Gemeinden Hönningen, Kesseling und Lind folgten. Eine gebietliche Erweiterung der Verbandsgemeinde brachte zuletzt noch die Zuordnung der Gemeinde Kalenborn im Jahre 1974, die dem Willen der Kalenborner Bevölkerung entsprach und mit Zustimmung der Gemeinde sowie der Verbandsgemeinden Altenahr und Ringen erfolgte.