Ein Kulturlandschaftsdenkmal des Mittelalters
Jürgen Haffke
Die beträchtlichen Veränderungen in der Sied-lungs- und Agrarstruktur der Nachkriegszeit haben auch das Kulturlandschaftsbild des Ahrge-bietes nachhaltig gewandelt. Weinbau als die Region seit Jahrhunderten prägender Faktor ist noch immer präsent, aber seine Verbreitung und Erscheinungsform unterscheidet sich wesentlich von der Vergangenheit. Mehr als die Hälfte der derzeitigen Rebfläche wurde in den vergangenen drei Jahrzehnten durch Flurbereinigungen grundlegend umgestaltet. Welcher Wert ist den verbliebenen Elementen der tradierten Weinbaulandschaft beizumessen?
Noch gibt es keine Studie, welche auf der Basis der schriftlichen und mündlichen Überlieferung sowie des Geländebefundes einen fundierten Überblick zur Geschichte des Weinbaus im Ahrgebiet liefert. Auch aus den anderen deutschen Weinbauregionen liegen keine Untersuchungen vor, die als Muster herangezogen werden könnten. Umso wichtiger ist es, sich die Grundzügeder geographischen und historischen Situation des Ahrtals bewußt zu machen, da sie einen Schlüssel zur Bemessung des Wertes der überkommenen Kulturlandschaft liefern.
An der polaren Grenze des WeinbausZu den klassischen Pflanzen aller Mittelmeerkulturen gehört seit jeher der Wein. Die Bedingungen des subtropischen Westseitenklimas mit trocken-heißen Sommern und feucht-milden Wintern bilden die natürlichen Wachstumsvoraussetzungen, die unter günstigen Umständen aber auch außerhalb des mediterranen Raumes anzutreffen sind. Selbst in Ungunstregionen kam es zeitweilig zu Weinbau, allerdings nicht unter Qualitätsaspekten. Betrachtet man global und über die Zeiten hinweg die Verbreitung der Rebkultur, erreicht ihre nordpolare Anbaugrenze im nördlichen Mitteleuropa ihren äußersten Wert. Es versteht sich, daß diese weite Distanz zum Kerngebiet des Weinbaus am Mittelmeer besondere Anbauformen verlangte, die zumindest zum Teil ökologische Nachteile der Wachstumsbedingungen auszugleichen vermochten. In diesem Zusammenhang sind die umfangreichen Terrassierungen der Steilhänge an Rhein und Mosel, aber auch im Ahrtal zu verstehen. Die Aufgabe des Weinbaus am Niederrhein und der starke Rückgang am unteren Mittelrhein seit der Jahrhundertwende lassen heute das Ahrtal unmittelbar an die polare Weinbaugrenze der Nordhalbkugel stoßen. Allein schon unter dem Aspekt einer Kulturgeschichte der Weinbautechnik verdient das Ahrtal, in dem ja seit vielen Jahrhunderten ohne Unterbrechung die Reben gepflegt werden, wegen seiner extremen Lage eine besondere Beachtung.
Ein lebendiges Zeugnis der MittelmeerkulturDiese globale Kulturartengrenze im Ahrtal dokumentiert gegenwärtig zugleich den nördlichen Außenposten deragraren Mittelmeerkultur, mit der sie über Rhein, Mosel, Saone und Rhone in unmittelbarer Verbindung steht. Die historische Bedeutung dieser Beziehung für die europäische, deutsche und rheinische Geschichte während zweier Jahrtausende bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Erläuterung. Der Weinbau am Siebengebirge und am unteren Mittelrhein hat infolge der Flurbereinigungen viele charakteristische Merkmale der historischen Kulturlandschaft eingebüßt. Ähnliche Verluste sind auch schon für das Ahrtal zu verzeichnen. Auf dem Hintergrund dieser Verluste wird deutlich: Nur die intakten Teile der alten Weinbaulandschaft Ahrtal repräsentieren die große Tradition, die der inzwischen vielerorts aufgegebene Weinbau im nördlichen Mitteleuropa und auch speziell im Rheinland für Jahrhunderte besessen hat.
Die historischen Wurzeln
Mit ihrer Karte im Geschichtlichen Atlas der Rheinlande und dem dazugehörigen Beiheft Weinbau im Mittelalter" hat Barbara Weiter-Matysiak 1985 eine wichtige Grundlage für die folgenden Betrachtungen geliefert. Für 54 Orte im Gebiet des heutigen Kreis Ahrweiler nennt sie urkundliche Quellen, die dort Weinbau vor 1300 belegen. Damit geht sie weit über die im bisherigen Schrifttum immer wieder genannten Orte des Ahrtals zwischen Pützfeld und dem Rhein hinaus. Ihre systematische Auswertung einschlägiger Quellenpublikationen erscheint erheblich glaubwürdiger als die oftmals falsch, schlecht oder gar nicht belegten Angaben z.B. bei Kriege (1911), von dem die späteren Autoren wiederum ausgehen (z.B. Ueing 1957, Wendling 1966, Welter 1975). Zudem erlaubt ihre eindrucksvolle Übersichtskarte einen Vergleich der Entwicklungen in der Großregion. Die Entwicklung im Ahrgebiet läßt sich im Kontext des Rheinlands interpretieren.
Oberahr 1 |
Mittelahr 9 |
Unterahr 16 |
Rhein 11 |
Nord-Eifel 10 |
Süd-Eifel 7 |
54 | |
700 |
755 Remagen 772 Sinzig |
2 |
|||||
800 |
893 Pützfeld | 856 Gyssenhoven 893 Kreuzberg, Altenahr, Dernau |
830 Landskron 836 Krechelheim 853 Ehlingen, Gimmigen 893 Walporzheim Ahrweiler, Bodendorf |
853 Unkelbach, Einazfeld 893 Oberwinter |
853 Oedingen 856 Berg |
17 |
|
900 | 963 Breisig | 948 Niederich | 975 Oppinga | 3 |
|||
1000 | 1020 Vehn | 1019 Lantershofen 1028 Bengen, Gelsdorf |
4 | ||||
1100 | 1106 Mayschoß 1140 Marienthal |
1110 Wadenheim 1143 Bachem 1151 Green, Lohrsdorf 1187 Hemmessen 1192 Westum |
1143 Unkelstein 1148 Rolandswerth, Nonnenwerth 1158 Kalmunt 1187 Birgel |
1110 Nierendorf 1140 Kirchdaun |
1139 Lützingen 1173 Waldorf 1187 Franken 1192 Koisdorf |
19 | |
1200 | 1220 Saffenburg 1222 Horgendorf |
1201 Heimersheim 1250 Löhndorf |
1253 Grass 1297 Karweiler |
1263 Adenau 1268 Glees |
8 | ||
1300 | 1300 Laach | 1 |
Die Steillagen unterhalb der Bunten Kuh in Verbindung mit dem Weindorf Walporzheim hielt Christian Hohe in der Mitte des 19. Jahrhunderts fest.
Daß der Weinbau im rheinischen RaumzurZeit der Römer gepflegt wurde, ist an vielen Stellen nachgewiesen worden. Für das Ahrtal gibt es bisher keinen zweifelsfreien Beleg, ob z.B. im Umfeld der mehrfach aufgedeckten villae rusti-cae Reben angepflanzt worden sind. Undenkbar erscheint es jedenfalls nicht. Weiter-Matysiak spekuliert sogar, an nicht wenigen Orten an Mosel und Rhein darf mit ungebrochener Kontinuität des Weinbaus von der Römerzeit bis zum Mittelalter gerechnet werden" (S.11). Wie dem auch sei, daß die Anfänge des Weinbaus im Ahrtal im größeren Zusammenhang mit den Entwicklungen an Rhein und Mosel zu suchen sind, ist wohl unbestritten.
In der ersten großen Rodungsperiode der deutschen Siedlungs- und Agrargeschichte, die bis ins 10.Jh. reicht, fallen im Rheinland zwei Regionen mit frühmittelalterlichem Weinbau auf: das nördliche Oberrhein-Tiefland und das untere Mittelrheingebiet von Bonn bis Sinzig mit Orten aus dem Ahrtal. Diese Gebiete kamen mit ihrem relativ flachen Hügelland bzw. den sanft ansteigenden Talhängen der frühmittelalterlichen Anbauweise besonders entgegen. (...) Der Steilterrassenbau scheint noch weitgehend unbekannt gewesen zu sein." Diese Einschätzung Weiter-Matysiaks (S. 13) lohnt sich genauer zu betrachten. Die Tabelle sortiert die bei ihr belegten Ersterwähnungen des Weinbaus im Ahrtal nach zeitlichen und räumlichen Kriterien. Ist die Annahme nicht unwahrscheinlich, der Weinbau z.B. in Altenahr, Dernau, Walporzheim, Ahrweiler, Bodendorf, Oberwinter usw. habe sich lediglich auf die dort von Natur aus wenigen Flächen mit ebenen Verhältnissen oder geringer Hangneigung beschränkt? Hinweise, die eine genauere Lokalisierung von Rebarealen erlauben, enthalten die frühen Quellen nicht, und auch spätere Lageangaben in Urkunden des 13.Jh. können nur in seltenen Fällen überzeugend zugeordnet werden. Überhaupt sagen die ältesten Quellen fast nie etwas über die Beschaffenheit des Geländes oder Anbauverfahren. Das ändert sich erst am Ausgang des Mittelalters.
Die auffallend frühe Erwähnung zahlreicher Orte des Ahrtals, die vorwiegend durch steilere Hangpartien geprägt sind, erlaubt m.E.den Schluß, daß sich der Weinbau dort eben nicht nur auf die flachen Abschnitte eingrenzen läßt. Daß Altenahr und Dernau als Orte der Mittelahr schon jetzt auftreten, liegt sicherlich auch an ihrer besseren Erreichbarkeit von den nördlichen Ei-felrandebenen aus, während Wege durch das enge Tal zunächst nur eine geringe Bedeutung hatten. Insgesamt dominieren in dieser ersten Phase die rheinnahen Bereiche des Ahrgebie-tes. Von den 54 von Weiter-Matysiak angeführten Ersterwähnungen bis 1300 fallen schon 19 vor das Jahr 900.Es wird wohl nicht nur an der wesentlich schlechteren Quellenlage fürdas 10. und 11 Jh. liegen, wenn in diesem Zeitraum deutlich weniger Ersterwähnungen von Weinbau überliefert sind: lediglich 7 Orte, davon keiner im Ahrtal, sind nachgewiesen worden. Zudem beschränken sich die Nennungen auf ganz wenige Jahrzehnte, die Zeitlücken sind erheblich. Ein ähnliches Bild stellt sich auch in den übrigen Weinbaugebieten des Rheinlands dar. Überhaupt spricht die allgemeine agrarhistorische Forschung von einem relativen Stillstand des Landesausbaus bis ins 11. Jahrhundert.
Dagegen erscheint das 12. Jh. mit 19 Ersterwähnungen im Ahrgebiet als überaus aktive Phase. Diese gelten Orten im mittleren und unteren Ahrtal gleichermaßen wie Dörfern in Rheinnähe und auf den benachbarten Hochflächen. Weiter-Matysiak (S. 13) stellt für den Moselbereich und die gesamte Rheinstrecke von Eltville bis Köln fest: Die Steilhänge der Engtalstrecken wurden mit Hilfe derTerrassierung auf breiter Front dem Weinbau erschlossen. (....Es) erfolgte in diesem Zeitraum ein rapider Ausbau, nicht zuletzt durch die Erschliessung der Engtalstrecken für die Rebkulturen." Auch die allgemeine Agrargeschichte hat viele Belege für eine Verstärkung der Siedlungsprozesse, Rodung und des Landesausbaus gesammelt. Quellen zur Geschichte Ahrweilers erwähnen ausdrücklich Rodungen zur Anlage von Rebkulturen (1115 Weinberg Hangendenfels", 1126) und liefern 1136 nach Einschätzung von Ludwig Wirtz den ersten Beleg für Terrassen im Ahrgebiet: Er lokalisiert die Lagebezeichnung Hechenbrucha", wo die Klosterrather Brüder ein Gelände am Abhang eines Berges" erworben hatten, gegenüber der Mündung des Heckenbaches an der nach Süden gewandten Bergseite neben der Bunten Kuh." Hans Georg Klein hat jüngst eine Übersicht zu den Ahrweiler Flurnamen veröffentlicht. Setzt man voraus, daß die Lokalisierung der Flurnamen über die Jahrhunderte hin ungefähr gleich geblieben ist, dann ist Kleins Annahme zuzustimmen, daß auch die steilen Hangabschnitte am Hangendenfels (1115, Flur 27 Marienthai"), In der Helfen" (1277, Flur31 Steinkaul"), Im Rosenthal" (1286, Flur 35 Adenbach") und Im Herrmann" (1277, Flur 39) nur durch Terrassierung dem Weinbau nutzbar gemacht werden konnten. Obgleich die Quellen weder an Ahr, Rhein, Mosel oder in einem anderen deutschen Weinbaugebiet ausdrücklich von Mauer- und Terrassenbau sprechen, erscheint der Schluß vertretbar: Mindestens seit dem beginnenden 12.Jh. kann man auch im Ahrgebiet von terrassierten Hängen ausgehen. Die Weinbergslage Altenahrer Eck steht in engem Zusammenhang zur um 1100 erbauten Burg Are.Im Bevölkerungswachstum und in der Urbanisierung werden im allgemeinen die wichtigsten Beweggründe für eine Ausdehnung des Weinbaus gesehen. Demgegenüber treten andere Aspekte, die m.E. ebenso bedeutsam sind, etwas in den Hintergrund:
Forschungen zur Klimageschichte haben eindrucksvoll nachgewiesen, daß Mitteleuropa von 800 bis zum Maximum um 1100 eine ungewöhnlich warme Periode erlebt hat (Klimaoptimum), die unter starken Schwankungen zwischen 1300 und 1600 zuende gegangen ist. Weinbau war demnach durchaus an vielen Standorten möglich, die uns heute als ungünstig erscheinen.
Die Technikgeschichte zeigt deutlich die Fortschritte auf, die gerade während des 11. und 12. Jh. im Bergbau und in der Architektur erzielt worden sind. Die Anlage von Terrassen in felsigen Steillagen setzt aber eine beträchtliche Fertigkeit im Bau- und Steinbruchwesen voraus.
Eine wirtschafts- und sozialgeschichtliche Betrachtung der Terrassierung verdeutlicht, daß es sich nicht nur um eine einfache Ausdehnung der Rebflächen im Anschluß an nicht-terrassierte Hänge handelte. Vielmehr bedeutet Terrassierung eine gewaltige Intensivierung des Weinbaus! Wer hatte das Kapital und die Arbeitskräfte, aus dem bislang nicht nutzbaren Unland wertvolles Kulturland zu machen? Wie wurde die Arbeit organisiert, welche Folgen ergaben sich für andere Bereiche der Landwirtschaft und des Handwerks? Wird die Terrassierung nicht viele Menschen vor dem Zwang, wegen fehlender üblicher Rebflächen als Existenzgrundlage auswandern zu müssen, bewahrt haben? Die zeitliche Parallele zur hochmittelalterlichen Ostsiedlung ist sicherlich kein Zufall.
So verstärkte die Terrassierung auch die ungewöhnliche Siedlungs- und Bevölkerungsverdichtung, die ohnehin alle Weinbaugebiete auszeichnet und die in einem sich wechselseitig begünstigenden Prozeß mit der Städtebildung in diesen Regionen einhergeht.
Im 13.Jh. liegen nur zwei der neun ersterwähnten Weinbauorte im Ahrtal, sieben dagegen im weiteren Ahrgebiet. Weiter-Matysiak (S. 14) urteilt, im Gegensatz zu den anderen Weinbaugebieten im Rheinland fänden sich an der Ahr nur wenige neue Nachweise gemessen am Ausmaß der bereits bestehenden Weinbaukulturen". Die schon angeführten Steillagenbelege in Ahrweiler können für dieses Phänomen vielleicht eine Erklärung bieten: Wurde eine Umwandlung von ortsnahen Felspartien in terras-sierte Weinberge innerhalb des Ahrtals gegenüber der Umwandlung von Ackerland und Wiesen in Rebland im Bereich des umliegenden Ahrgebietes bevorzugt? In jedem Fall stellen beide Maßnahmen eine beachtliche Intensivierung dar.
Im 12.Jh. einsetzend und dann im 13.Jh. in bis dahin hier nie gekanntem Ausmaß ablaufend, prägen große Baumaßnahmen in vielen Städten und Dörfern des gesamten Ahrgebietes diese Phase: Bedeutende Kirchen entstehen in Marienthai, Altenahr, Sinzig, Heimersheim, Ahrweiler, Remagen und Oberbreisig; Sinzig und Ahrweiler beginnen mit dem Stadtmauerbau; die Burgen Are, Olbrück, Landskron, Neuenahr und Saffenburg besetzen unwegsame Gipfel und Grate; am Laacher See entsteht nicht nur der kunstgeschichtlich überragende Bau der Abtei, sondern gleichzeitig der Fulbert-Stollen. In diesem Kontext werden die Weinbergsterrassen als ebenfalls großartige Bauwerke deutlich, die in einem vielfältigen Beziehungsgeflecht mit den schon als solchen erkannten Baudenkmälern (Kirchen, Burgen usw.) stehen. Die bautechnische Leistung ist als agrare Variante des gewaltigen Fortschritts in Architektur und Städtebau vom frühen zum hohen Mittelalter zu verstehen.
An den Sonnenhängen der mittelalterlichen Stadt Ahrweiler entstanden schon früh die kleinterras-sierten Weinberge.Die Komplexität der Kulturlandschaft Ahrtal" wird am besten im Bereich Ahrweiler-Walporz-heim sichtbar, in dem sich das landschaftliche Großensemble" aus mittelalterlicher Stadtanlage und - wie man nach obigen Ausführungen begründet sagen kann - zeitgenössischen, ter-rassierten Weinbergen bietet.
Denn über den optischen Eindruck weit hinausgehend dokumentiert es auch funktionale und soziale Aspekte dieser Kulturlandschaftsentwicklung. Niemand würde heute ernsthaft den Abriß der Ahrweiler Stadtmauer erwägen wollen. Die Weinbergsterrassen sind zum Teil älter und gleichermaßen ein unverzichtbarer Bestandteil der Geschichte und des Bildes dieser Stadt und Region.
Fazit
Die räumliche Situation des Ahrtals bietet günstige Voraussetzungen für den Schutz des Kulturlandschaftsdenkmals" Mittelalterliche Weinbaulandschaft an der polaren Grenze des Weinbau": Das Ahrtal ist groß genug, um zusammenhängende, optisch geschlossene Abschnitte mittelalterlich terrassierter Weinberge zu dokumentieren. Das Gefüge aus Siedlungs- und Agrarlandschaft ist in Ahrweiler/Walporzheim und im Umfeld der Saffenburg und Burg Are erlebbar. Das Ahrtal ist klein genug, schützenswerte Bereiche auch tatsächlich zu schützen.
Die im folgenden genannten Kernzonen des Kulturlandschaftsschutzes tragen zu einer Erhaltung der landschaftlichen Vielfalt des Ahrtals in historischer, ökologischer und visueller Hinsicht für seine Einwohner und Gäste bei. Es ergäbe sich im Flußverlauf von Kreuzberg bis Kripp die Abfolge:
* Aufgelassenes Rebland: bis Altenahr
* Naturschutzgebiet: Langfigtal
* Kulturlandschaftsschutzgebiet: Umfeld der Burg Are bis Reimerzhoven
* maßvolle Flurbereinigung: Laach und Mayschoß
* Kulturlandschaftsschutzgebiet: Umfeld der Saffenburg
* maßvolle Flurbereinigung: Rech
* massive Flurbereinigung: Dernau bis Marienthal
* Kulturlandschaftsschutzgebiet: Bunte Kuh/Walporzheim/Ahrweiler
* massive Flurbereinigung: Ahrweiler bis Lohrsdorf/Ehlingen
* aufgelassenes Rebland: Bad Bodendorf, Sinzig, Remagen
* Naturschutzgebiet: Ahrmündung
In den Orten mit noch intaktem oder schon aufgelassenem Weinbau sind seine Relikte zu sichern.
Bei erhaltungsfähigen Gebäuden ist auf ihre historische Bedeutung hinzuweisen. Einschlägige Flurnamen erinnern als Straßennamen mit knapper Erläuterung an den passenden Stellen in der Landschaft an die alte Nutzung. Alte Terrassen in den Hängen werden nicht abgerissen. Auch unterwildem Bewuchs sind sie erlebbar und für künftige Generationen geschützt. Maßstab für den Wert der aufgelassenen Gebiete ist nicht allein die lokale Bedeutung, sondern die regionale Betrachtung liefert wesentliche Anhaltspunkte: Weinbaugeschichte im Kreis Ahrweiler ist mehr als Weinbaugeschichte im Ahrtal.
Die Wissenschaft ist gefordert, vor allem drei Forschungslücken zu füllen:
a) Bislang gibt es aus keinem Weinbaugebiet eine bauhistorische Analyse der Terrassenanlagen. Läßt sich eine für Datierungen
geeignete Typologie des Mauer- und Terrassenbaus entwickeln, die regionale oder sogar allgemeine Gültigkeit besitzt?
b) Eine systematische Bestandsaufnahme der Flurnamen und der Versuch ihrer Lokalisierung vermag die Kenntnisse über
historische Landschaftszustände grundlegend zu verbessern.
c) Der Weinbau im Kreis Ahrweiler verdient eine umfassende Darstellung seiner Geschichte und Gegenwart.Kein anderer Ort im mittelrheinischen Raum wäre besser geeignet für ein großes Museum des Weinbaus am Mittelrhein und Ahr als Ahrweiler.
Literatur:
Haffke, J.: Weinbauterrassen als Kulturlandschaftsdenkmal, Weinbaulandschaft uhd
Weinbaugeschichte im Ahrgebiet. Unveröff. Stellungnahme für das Landesdenkmaiamt
Rheinland-Pfalz und die Kreisver-waltung Ahrweiler, Bonn 1992.
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Wendling, W.: Sozialbrache und Flurwüstung in derWeinbaulandschaft des Ahrtals. Bad Godesberg 1966. (Forschungen zur deutschen Landeskunde 160)
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