Schloß Vehn

und sein Verhältnis zur Kirchengemeinde Löhndorf

VON KURT BRUCHHÄUSER

Foto : Schneider

I. Vehn, bevor es in den Besitz der Abtei zu Deutz kam (vor 1002)

Weder von Löhndorf noch von Vehn wissen wir heute die Gründungszeit. Als sicher darf gelten, daß Vehn lange vor Löhndorf eine menschliche Wohnstätte war. Mit ziemlicher Sicherheit darf sie als eine römische bezeichnet werden. Innerhalb der Mauern wurden römische Münzen gefunden, so z. B. von Kaiser Gratian. Im Jahre 998 wird It. Rhein. Antiqu. „Vene als des Cölnischen Erzbischofs St. Heribert Besitztum" genannt. Der schenkte es am 3. Mai 1019 der von ihm gestifteten Abtei Deutz samt der Kirche, dem Hof, Äckern, Weinbergen und Forst. Es muß auch 998 schon eine bedeutende Siedlung gewesen sein, sonst hätte Erzbischof Heribert sie nicht mit der Erhebung zum Pfarrorte ausgezeichnet. Es kann auch angenommen werden, daß Vehn zu den königlichen Besitzungen gehörte, die Kaiser Otto III. seinem Kanzler Heribert, Erzbischof von Köln, schenkte als Ausstattung der Abtei Deutz, die zwar erst 1002, also nach dem Tode Otto III., gegründet wurde. Den Plan zur Gründung faßten sehr wahrscheinlich noch Otto und sein Kanzler bereits vorher. Der Kaiser war auf seinem letzten Zuge nach Italien im Jahre 1001 mit Heribert übereingekommen, daß nach wohlbehaltener Rückkehr aus seinen Eigengütern ein prächtiges Kloster gegründet werden solle, wozu er ihm die besten Güter seiner Vorfahren durch Ausfertigung einer Urkunde unter Hinzuziehung von Zeugen übergab.

Löhndorf wird im Codex Diplomatikus des Rhein- und Mosellandes nicht erwähnt, was auf die geringe Bedeutung in früheren Jahrhunderten schließen läßt. Im Jahre 1334 wird es als Lundorp = Dorf am Walde genannt.

II. Vehn im Besitze der Abtei Deutz

a) In eigener Verwaltung der Abtei 1002—1266

Im Schloßpark hat ein Taufstein aus romanischer Stilperiode Aufstellung gefunden, der darauf hindeutet, daß schon vor 998 in Vehn eine Kirche bestanden haben muß. Ob die in einer zweiten Sriftungs-urkunde vom 4. Mai 1019 erwähnte Kirche zu Vehn von St. Heribert selbst erbaut ist, wie die Überlieferung berichtet, steht dahin.

Die Abtei Deutz halte nach 1003 das Hofgut Vehn in eigener Verwaltung. Das geht hervor aus einem Vergleich mit Eppo von Sinzig vom 14. 1. 1162 wegen der dem Gute zugehörigen Mühle in Ehlingen. Vermutlich gehört Eppo in die Reihe der Sin-ziger Rittergeschlechter. Er hatte die Mühle vom Vehner Boden auf eine andere Stelle versetzt, die nur zu zwei Drittel zu Vehn und zu einem Drittel ihm zu eigen war. Eppo weigerte sich, die Pachtabgabe von 6 Malter Roggen an die Abtei zu entrichten. Er verlangte sogar die freie Hergabe des Bauholzes aus dem Vehner Forste und wollte die abteiliche Gutsverwaltung zwingen, auf seiner neu errichteten Mühle malen zu lassen. Der Kaiser wies ihn jedoch (von Pavia aus datiert) mit allem ab. Eine neue Belehnung mit der Mühle durch die Abtei unter Bezahlung von 12 Denaren mußte er annehmen, weiterhin auf jegliches Eigentumsrecht verzichten und künftighin 5 Malter gereinigten Korns als Pacht an den Abteifronhof in Remagen (jetziges St. Anna-Kloster) liefern. Der Verwalter in Remagen hatte die Oberaufsicht über alle Gutsverwaltungen der Deutzer Abtei. Von Remagen aus wurden alle gelieferten Abgaben auf dem Rheine verfrachtet. Die Erträge aus dem Walde zu Vehn sollten nur den beiden Höfen zu Vehn und Remagen zur Benutzung dienen, über die Lage der zu Vehn gehörigen Weinberge läßt sich aus einer kurzen Aufzählung der verschiedenen Grundstücke nichts entnehmen. Vermutlich lagen sie links des Weges nach Löhndorf und auch im Berge bei der Ehlinger Mühle, wo heute noch schöne Weinberge zu finden sind.

In einer Urkunde vom 24. 2. 1266 werden Vehn und Löhndorf zusammen genannt. Es war die Seelenzahl des zu Vehn gehörigen Dienstpersonals wohl ebenso groß wie die Zahl der Bewohner von Löhndorf, die in vier Höfen saßen. In Löhndorf findet eine Kapelle Erwähnung, die von Vehn aus versorgt wurde. Als Pfarrer beider Orte funktionierte der in Vehn wohnhafte Geistliche, ein Benediktinerpater aus Neuß. Er führte zugleich die Gutsverwaltung oder beaufsichtigte sie zumindest.

Bei den Kämpfen zwischen Philipp von Schwaben und Otto, um 1200—1206, wurden wie in Remagen und Sinzig auch die Gebäude in Vehn zerstört. Die Kirche zeigt in zwei ihrer Fenster einen Wiederaufbau nach dieser Zeit. Die Hofgebäude wurden im Mittelalter aus Holzfachwerk errichtet und hinterließen deshalb keine Spuren des Wiederaufbaues zu einer bestimmten Zeit.

b) Vehn im Besitz von Lehnsmännern

Ab 1266 bis 1802 befand sich Vehn im Besitze von Lehnsmännern unter Vorbehaltsrecht der Abtei von Deutz. In der Zeit des Interregnums litten die schutzlosen Bürger und die kirchlichen Besitzungen stark unter der Raubgier des Adels. Wie viele Besitzungen, so geriet auch Vehn in große Schulden und mußte sein Eigentum an die Burggrafen Gerhard, Dietrich und Luffart zu Landskron verpfänden. Ein Verkauf war dies nicht. Die Abtei behielt sich ihr Eigentumsrecht vor. Die Pfandsumme, bestehend aus 100 Mark Aachener Pfennige sowie die Verzichtleistung auf die Jahresrente von 10 Malter Roggen und l Mark Aachener Pfennige, welche die Gebrüder von Landskron sonst an Vehn jährlich zu entrichten hatten, war wohl sehr gering. Sie erhielten das Gut Vehn nebst Forst und das Patro-natsrecht über die Kirche zu Vehn und die Kapelle zu Löhndorf fast umsonst. Die vogteilichen Rechte erbten sich weiter auf die Nachfolger der genannten Gebrüder mit der Bedingung, daß sie dem Abte von Deutz jeweils den Lehnseid leisten mußten, ehe sie den Besitz des Gutes antraten. Das Gebiet wurde im Laufe der Jahrhunderte sogar aufgeteilt unter die Nachkommen der Landskroner. Ein Teil kam sogar an den Lehnsmann Joh. Abel von Löhndorf. Die Landskroner starben 1370 mit Gerhard IV. aus. Schon 1318 erfolgte die Belehnung mit dem Patronat der Vehner Kirche an den Ritter Johann Colve von Ahrweiler, dessen Geschlecht bis 1564 im Besitze des Lehens verblieb und dann durch Verkauf an den Kanzler Wilhelm von Orsbeck überging, der auch die übrigen Lehen des Vehner Gutes erworben hatte.

1484 sind Ordensschwestern in Vehn. Johann Abel von Löhndorf sowie W. von Orsbeck schenkten den Ordensschwestern des bei der Mutterkirche zu Vehn neu gegründeten Klosters das Grundstück, worauf die Schwestern das Klostergebäude errichteten. Der Abt von Deutz belehnte das Kloster mit dem Grundstück. Im Jahre 1519 dotiert Abel von Löhndorf seine in das Kloster eingetretene Tochter mit verschiedenen Gütern daselbst. 1564 vereinigte Wilhelm von Orsbeck wieder alle Teile, die in den Händen verschiedener Lehnsmänner waren, in einer Hand. Am 15. 4. 1564 ließ er sich feierlich mit dem Gute und allen Rechten vom Abte belehnen und versprach diesem, alljährlich am 1. Oktober einen Golddukaten zu zahlen.

Mit Orsbeck, dem mächtigen Ritter und Amtmann von Neuenahr-Sinzig und Re-magen, wurde Vehn eigentlich erst ein Rittersitz und beginnt damit seine Glanzperiode als adeliger Sitz. Orsbeck wurde Kanzler des Herzogs Wilhelm von Jülich und Kleve und behielt diese Stellung auf Drängen auch bei bis zum Tode seines Herzogs am 25. 1. 1592. Es besteht sogar die Ansicht, daß der Kanzler blieb bis zu seinem eigenen Tode am 11.7. 1596. Die Jahreszahl 1573 auf dem Türsturz des alten Schloßflügels verrät, daß Orsbeck der Erbauer des Flügels war. Auf dem alten Altargemälde St. Heribertus zu Löhndorf, welches aus der Vehner Kirche herrührt, ist der damalige Schloßbau in seinem ganzen Umfange ziemlich genau zu erkennen. Auch als Kanzler hielt sich Orsbeck gerne auf dem stillen Vehn auf, um sich von seiner schweren Arbeit als Kanzler zu erholen. Auch in Sinzig weilte er mit Vorliebe. Im Jahre 1579 stiftete er den Armen ein Kapital von 1000 Rtlr., dessen Zinsen an die Armen von Sinzig, Koisdorf, Westum und Löhndorf verteilt wurden. Seine letzte Ruhestätte wollte er in der ältesten Kirche seines Amtmannsbezirkes finden, in Sinzig. Nach seinem Tode wurden seine beiden Söhne Engelbrecht und Eremund Erben von Vehn. Engelbrecht war auch Amtmann wie sein Vater. Eremund ließ sich auch in der Kirche zu Sinzig beerdigen. Ihm folgte dort auch seine Gemahlin Gertrud von Binsfeld zu Steinbach. Auch sie machte eine Armenstiftung. Die Grabmale der genannten Personen aus dem Adelsstände sind nicht mehr bekannt. Die Grüfte wurden vor der französischen Revolution erbrochen und zugeschüttet. Ein Sarkophag wurde entwendet (Chronik Vogels). Die Grabplatten befinden sich vermutlich auf dem Fußboden einer Sinziger Werkstätte. Die an den Wanden aufgehängten Wappen der Adeligen wurden am 21. 1. 1798 herabgerissen, an dem Tage, an dem alle Vorrechte und Titel der Adeligen aufhörten.

Als Erbe von Vehn tritt 1619 Reinhard von Orsbeck auf. Er starb 1625. Im folgenden Jahre wird Reinhards Bruder, Wilhelm von Orsbeck, Domherr zu Trier (auch Herr zu Efferen) genannt. Mit diesem Wilh. v. Orsbeck, der 1629 starb, erlosch diese Linie. Das weltverzweigte Geschlecht der Orsbecker saß auch auf Olbrück und Wendsburg, als kurkölnische Amtleute auf Burg Are und Nürburg, als Vögte, Schultheißen und Bürgermeister In Ahrweiler, Andernach und Mayen, und um 1700 war ein Orsbeck Erzbischof von Trier. Vehn fiel 1629 an die Abtei Deutz zurück. Es wurde nun in deren eigene Verwaltung genommen. Diese Verwaltungszeit war nur von kurzer Dauer, über den Besitz in den Jahren von 1642 bis 1676 herrscht Unklarheit. Als Lehnsmann wird ein Riedesch von Bellersheim und auch eine Familie von Velradt genannt. Von diesen kam Vehn 1676 durch eine Tochter von Riedesch an die Familie von Hocherbach. Ein bleibendes und schönes Andenken hat sich die Familie von Velradt gestiftet durch den silbernen Meßkelch der Löhndorfer Pfarrkirche, der das Wappen der Familie mit der Inschrift trägt: " f Maria von Velrodt W." Die Familie des Freiherrn von Hocherbach ist von 1676 an als Lehnsträger zu betrachten. Er war zweimal verheiratet. Der Familienname der ersten Gemahlin ist unbekannt, der der zweiten ist Anna Mar-gareta von Eltz zu Rübenach. Im Löhndorfer Bruderschaftsbuch ist er unter den Mitgliedern zu lesen. Die Löhndorfer waren zu damaliger Zelt jährlich zu dreimaligem Besuche der Mutterkirche in Vehn verpflichtet, und zwar in Prozession. Son-sten hatten sie ihren Gottesdienst in Löhndorf (Filialkirche).

Die letzte Belehnung durch Deutz an die Hocherbachs fand am 25. 4. 1787 statt an den Freiherrn Karl Josef von Hocherbach, welcher 1795 starb, kurz nach der Besatzung durch die französische Revolutionsarmee, die 1794 in Ahrweiler einzog und dem Adel wie der Kirche große Vermögensverluste zufügte. Ein Johann Ernst von Hocherbach hat 1726 an Stelle des alten Ostflügels ein stattliches Wohnhaus errichtet, das heute noch seinem Zwecke dient, über dem westlichen Eingange befindet sich ein großes Wappen der Familie, in Stein gehauen, das in kleiner Ausführung auch über der Tür des Nordflügels angebracht wurde. Die darunter stehende Zahl 1573 gehört in die Zeit derer von Orsbeck.

Wie aus den Taufakten von Vehn hervorgeht, war die Familie von Hocherbach mit einem großen Teile des rheinisch-westfälischen Adels verwandt. Der jüngste in Vehn geborene Sohn, Franz Bernhard H., war vermählt mit Friederike von Hövel. Ihm wurden in Vehn zwei Söhne getauft, von denen der jüngste, Franz Wilhelm, geboren 1. 8. 1787, seit 1815 das Gut bis kurz vor seinem Tode bewohnte und bewirtschaftete, während es dann bis 1825 zu 300—400 Rtlr. verpachtet war. Dieser Franz Wilhelm war unverheiratet. Er starb noch nicht 40 Jahre alt bei Verwandten in Westfalen. Das Gut Vehn fiel an die Familie von Hövel und Landenberg. Das Geschlecht von Hocherbach war hier erloschen.

III. Vehn als klösterliche Niederlassung der Augustinerinnen. 1484—1561

Nicht viel ist von der klösterlichen Niederlassung geschrieben oder erhalten geblieben. Erklärlich ist dies aus der kurzen Dauer ihres Bestandes von nur 80 Jahren. Einige Aufzeichnungen noch vorhandener Urkunden seien hier wiedergegeben.

„1484, Drautgen von Düren, Meisterin und Mutter, (Oberin) Matze von Duna (Kirchdaun oder Daun), Gürtgen, Eischen, Katharina und — nochmals — Katharina, (6 Schwestern) Schwestern der Ciausa zu Vehn, Augustinerordens, bei der Mutterkirche zu Vehn gelegen, reversieren sich gegen Wilhelm von Breitbach, Abt von Deutz, wegen der Belehnung mit dem Grund und Boden ihrer Clause, den sie durch den Edelknecht Hermann Luffert von Landskron und Johannes Abel von Löhndorf zum Geschenk erhalten haben. Als Zeuge: Eberhard von Hoch, Pastor in Heimersheim und Dechant des Ahrgaudekanates." „1486, am 7. 4., datiert zu Köln im Mariengradenstift. Notariatsinstrument des Hermann Luffert von Landskron, Edelknechts, und des Johann Abel von Löhndorf. Übergabe eines Territoriums zu Vehn an die Schwestern des Augustinerordens, worauf dieselben ein Haus errichtet haben. Zubehör von der Kirche bis an den Weiher, um den Weiher herum bis Re-velsheggen bis ans Haus, vorbehaltlich der Rechte des Lehnsherrn sowie der des Zehntherrn und des Ortspfarrers. " „1516, Lehnsrevers des Hilger von Heimersheim, Vikar zu Ahrweiler, namens der Meisterin des Konvents Augustinerordens zu Vehn, gegen Heinrich Horst von Neuß, Abt zu Deutz, wegen des von Luffert von Landskron und Johann Abel in Löhndorf den Schwestern zur Erbauung ihres Hauses geschenkten Grund und Bodens von 3 Morgen Wald." Das ist offenbar derselbe Akt wie er vorliegt im Lehnsbuch von Deutz. Zusätzlich wird darin gesagt, daß den Schwestern zu ihrem geschenkten Besitz durch Gottfried Huyst, Ritter von Ulmen, der einen Teil des Vehner Waldes zu Lehen trug, noch 3 Morgen Wald gegeben wurden. „1519, Thönies (Anton) Abel von Löhndorf dotiert seine Tochter Tringen (Katharina), welche in das Gotteshaus (Kloster) Vehn eingetreten ist, mit verschiedenen Gütern daselbst."

Im Jahre 1561 waren nur noch zwei Schwestern da. Das Kloster ging über in den Besitz des Amtmannes Wilhelm von Orsbeck. Die zwei Schwestern siedelten über in das Kloster Marienthal bei Ahrweiler. Die klösterliche Niederlassung hörte damit endgültig auf. Orsbeck zahlte an Marienthal 240 Tlr. Versorgungssumme. Das von den Schwestern innegehabte Gebäude war wohl jenes, welches die Jahreszahl 1573 (nach anderer Deutung 1513) trägt. Die Schwestern befaßten sich u. a. auch mit Waisenpflege und Anfertigung wertvoller kirchlicher Paramente. Das älteste Meßgewand der Löhndorfer Pfarrkirche, ein Gewand mit wertvoller Stickerei, das von Kennern (Lehfeldt) der Zeit um 1520 zugeschrieben wird, ist sehr wahrscheinlich von den Vehner Schwestern verfertigt.

IV. Rechts- und Besitzverhältnisse im Bezirk der ehemaligen Herrschaft Vehn von 998—1802

Die Verhältnisse von damals zu heute waren sehr grundverschieden und tragen dazu bei, sich falsche Vorstellungen zu machen von der Lehnshörigkeit jener Zeit. Wie teuer oder billig war eigentlich für den Lehnsträger das Vehner Gut? Nach 1500 erfolgte die Beleihung = Pachtung fast umsonst, so daß die Beleihung des Benutzungsrechtes einer bloßen Formalität gleichkam. Wie kam eine Abtei dazu, ihr so großes Gut zu so billigen Bedingungen zu vergeben? Die Abtei verfolgte ja nicht nur finanzielle Vorteile, wie wir das heute in so hohem Maße gewohnt sind. Sie hatte höhere Interessen. Es galt vor allem, die geordnete Seelsorge im Pfarrverband Löhndorf zu sichern. Dazu gehörte dann auch die bauliche Unterhaltung der Kirchengebäude. Die Abtei mußte vor allem bestrebt sein, einen Lehnsmann zu finden, der Interesse hatte an der ersprießlichen Bewirtschaftung wie auch an der Erhaltung und Pflege aller ihm anvertrauten Werte. Der Pfarrzehnte mußte z. T. an den Lehnsträger gegeben werden, was von großem Vorteil war. Der Zehnte wurde pünktlicher und besser abgeliefert, als wenn er direkt an den Pfarrer ging. Gegen widerspenstige Elemente hatte der Pfarrer Schutz und Stütze. Gleichem Zweck diente die Verleihung des Kirchenpatronatsrechtes an die Lehnsträger zu Vehn. Das konnte aber auch leicht zu Unzuträglichkeiten führen. Deshalb war es zu begrüßen, daß die Abtei 1632 dies Recht nicht mehr einem Lai-en überließ, sondern mit kurzen Ausnahmen dies selbst übernahm in der Weise, daß in der Regel von 1661—1802 ein Benediktinerpater der Abtei Deutz die Pfarrstelle Löhndorf-Vehn verwaltete. Dem Lehnsträger wurde doch noch der halbe Pfarrzehnte belassen, der auf 150 Rtlr. geschätzt wurde. Dadurch blieb ihm natürlich die Unterhaltungspflicht für die Kirchengebäude, wenigstens zur Hälfte, auferlegt.

Im Laufe der Zeit wurden manche Teile von dem Vehner Gut abgetrennt — gesplissen — und an andere Lehnsträger gesondert verliehen. Auf diese Weise entstanden wohl auch die im „Extractus churmütiger Lehnsgüter und Spließling" aufgezählten „3 adeligen Churmuten" und „18 gemeine Lehnsstücke". Eine Anzahl der letzteren kaufte Adolf von Hocherbach für sich zurück und vereinigte sie wieder mit seinem Vehner Gute. Im Hofgerichtsprotokollbuch werden zum Jahre 1637 die drei adeligen Churmuten genannt: „Die Leuferten, Dunkeler und Blan-kener Güter". Der erste Name Leufert hängt wohl mit Luffert von Landskron zusammen. Ihm waren der Vohlenhof und der Nagelshof in Sinzig sowie die Ribbelsgüter in Löhndorf gehörig, über den Träger der dritten adeligen Churmut, den „Kommenthur" zu Adenau, ist zu sagen, daß es sich um die Komturei des Johanniterordens (früher Tempelherrengut) handelt, zu der auch ein bedeutendes Gut in Niederbreisig (der Tempelhof) gehörte. In der Franzosenzeit wurde das Gut versteigert, die schöne Kirche zerstört. Bei entstehenden Streitigkeiten entschied das bestehende Vehner Hofgericht. Dies tagte selbst im Dreißigjährigen Kriege weiter. Zum Gerichtsbezirke Vehn gehörte nur der Gutsbezirk einschl. der im Laufe der Zeit abgesplissenen kurmütigen Lehnsgüter, mochten sie auch noch so klein sein.

Die Jurisdiktion erstreckte sich auch auf die sogen. Halsgerichtsbarkeit, weshalb der Hof auch einen Galgen hatte, der auf dem Galgendriesch stand. Das bezog sich aber nur auf die ältere Zeit, soweit es sich damals um die Vollstreckung eines der gefällten Todesurteile handelte. Vorsitzender des Vehner Gerichtes war der Hofschultheiß, der juristisch gebildet sein mußte. Er wurde vom Abte ernannt. Geschworene gab es auch schon dabei. Gerichtstage waren jedes Jahr drei an festliegenden Tagen, am Mittwoch post Re-gum, am Mittwoch post Quasimodo und am Mittwoch post Joannes Babtistae, nach Belieben auch noch, so oft es die Not erforderte.

Vehn war ein kaiserliches freies Reichslehen. Es unterstand in Bezug auf allgemeine Landesverwaltung und Steuerwesen dem Landesherrn, also auch dem Amtmann von Sinzig. Die Bevölkerung von Löhndorf unterstand nicht dem Lehnsmann von Vehn, sondern dem Amtmann von Sinzig. Es entstand z. B. ein Streit wegen des Weiderechts, der wurde vor dem Amtmann in Sinzig ausgetragen.

Anmerkung: Churmut (Kurmut) heißt die Abgabe des besten Viehs an den Lehnsherrn beim Tode des Lehnsmannes. Auf den ersten Bück erscheint diese Maßnahme äußerst hart. Aber für solche Fälle war schon im frühen Mittelalter die Kurmut bei der neuen Verleihung an die Erben des Verstorbenen auf eine sehr billige Taxe gesetzt, die allmählich von der Familie abgetragen werden konnte.

V. Vehn als säkularisiertes Rittergut von 1803 bis heute

Nachdem durch den Reichsdeputationshauptbeschluß vom 25. 2. 1803 zu Regensburg der große, lang vorbereitete Raub katholischer Kirchengüter die gesetzliche Sanktion gefunden hatte, war auch der Abtei Deutz das Todesurteil gesprochen und alle ihre Besitzungen der Säkularisation verfallen. Vehn hatte somit endgültig seine Eigenschaft als kirchliches Gut verloren.

Die französische Revolutionsarmee hatte auf der linken Rheinseite schon längst das Feudalsystem abgeschafft. Juristisch hatte also schon damit das Lehnsverhältnis von Vehn zu Deutz aufgehört, so daß der Beschluß von 1803 nichts wesentlich Neues brachte. Die französische Regierung betrachtete den „von Hocherbach" schon als Eigentümer von Vehn, falls er die französische Regierung anerkenne, was er tat.

Andernfalls wäre das Gut versteigert worden. Hocherbach, Eigentümer von Vehn, wohnte aber seitdem auf seinem Eigentum in Westfalen und ließ das hiesige Gut durch Angestellte und Pächter bewirtschaften.

Der Förster des Baron von Hocherbach, Johann Lentzgen, wohnte bereits 1800 auf dem Schöpperhof im Walde oberhalb von Vehn und war damals Gärtner vom Hause Vehn, 1803 Jäger des Hauses, 1807 Pächter. Von 1809 bis 1817 wohnte er wahrscheinlich auch auf Vehn. Es wird auch noch ein Peter Schmickler als Pächter auf Vehn genannt.

Von Hocherbachs Erben ging das Gut durch Kauf auf Franz Georg Weckbecker über, dessen Familie sich durch Aufkauf der säkularisierten Güter auf dem Maifelde zum Großgrundbesitzer entwickelte. Graf von Spee kaufte anscheinend das Gut von Weckbecker auf nur kurze Zeit. Den Vehner Wald behielt er größtenteils. Er gehört heute noch zu Ahrenthal. Die Gebäude mit 100 Morgen Äcker und 26 Morgen Wiesen gingen 1840 in die Hände des in Sinzig geborenen Pfarrers Johann Josef Simons von Bassenheim bei Koblenz und dessen Bruder über. In der Zeit verschwand der Friedhof neben der Kirche.

1853 schon wechselte das Gut über in die Hand von Gustav Meyer, Sohn von Professor Meyer aus Bonn, der es selbst bewirtschaftete. Die Vehner Kirche, welche der Pfarrei Löhndorf gehörte, ging 1868 zum Preise von 750 Mark in den Besitz von Meyer über. Bis dahin hatte noch immer ab und zu Gottesdienst dort stattgefunden. Als die Kirche von der Behörde für baufällig erklärt worden war, genehmigte das Bischof). Generalvikariat den Verkauf derselben. Man hätte damals eine Reparatur leicht von Seiten der Pfarrei aufbringen können und so das altehrwürdige Denkmal der katholischen Vergangenheit vor der Profanierung bewahren können. (Sie ist heute noch nicht eingefallen.)

Nach dem Tode Meyers kaufte 1892 Justizrat Dr. Franz Fischer aus Berlin das Gut. Gebäude, Parkanlagen und Felder kamen durch ihn wieder in einen musterhaften Zustand. Nach seinem Tode übernahm die Schwester, die Witwe des Oberbergrates Freytag, das Gut und bewohnte es bis zu ihrem Ableben im Jahre 1924. Sie hat nach Süden hin einen Anbau erstellen lassen. Die Erben veräußerten 1925 Vehn an Dr. ing. h. c. Max Bicheraux, einen Großindustriellen aus Aachen. Dieser erbaute an der Toreinfahrt eine Försterwohnung, verbesserte die Parkanlagen und verlegte den Fahrweg hinter das Schloß.

Im Frühjahr 1936 wurde Graf Westerholt Inhaber des Anwesens. Er ließ die Kirche renovieren und lud am 6. November 1938 zur Einweihung ein. Am 17. November 1938 wurde nach rund hundert Jahren wieder das hl. Meßopfer dort gefeiert. Heute wird das Schloß von einer Frau Paula Dilthey bewohnt. Dem Vernehmen nach gehört das Gut einer Erbengemeinschaft, deren Mitglied sie ist.